Die
ehemalige St. Ignatiuskapelle
in
der Pfarrkirche
St.Peter und Paul in OBERROTH
Die frühere Ignatius-Kapelle
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Am 21.Mai 1699
bat Pfarrer Martin Walter das bischöfliche Ordinariat in
Freising um Genehmigung zum Bau einer Ignatiuskapelle direkt an
der Kirche. Das Geld dafür sei schon vorhanden.
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Originaltext:
"daß zu Ehren des hl. Ignatii ein Capellen under
der Khürchen Tachung, so gar füglich sein khan,
derffte aufgebauet werdten, worzue die gelt Mitl by unserem
Gottshause schon verhandten weren." |
Der Pfarrer begründete
seinen Antrag damit, dass schon sein Vorgänger als Pfarrer
eine besondere Andacht zum hl.Ignatius v.Loyola eingeführt
und dabei ein dem hl.Ignatius geweihtes Wasser ausgegeben habe.
Dies werde von ihm fortgeführt. Die Leute nähmen einen
Weg von bis zu 1 1/4 Stunden auf sich, um an das Wasser zu kommen.
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Originaltext:
"indem er das Wasser in honorem S.Ignatii, gleichwie
es die ... Jesuiter zuthain pflegen, geweihet hat, welches
ich dato continuirt, allzumahlen als auf Rdo Wüch grosse
Würkhungen hat, wie dan hieraus ein grosse Andacht und
Zuelauff verspühret wirdt, so daß die Leith solches
Wasser von 4 in 5 stundt weith abholen und zu dem hl.Ignatio
grosses Vertrauen hegen". |
Die
Anwort des Bischofs kam am 25.Mai 1699. Der Pfarrer solle zuerst
einen Riß (=Bauplan) und Überschlag (=Kostenplan)
schicken.
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Originaltext:
"einen Riß und Uberschlag der Capellen verfaßter
alhero sendten, auch wohin solche in der ausser der Khürchen
wolte erpauet werdten" |
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Am 6.Juli 1699 übersandte Pfarrer Walter den Grundriss der Kapelle
(Bild siehe unten) und teilte mit, der Überschlag belaufe sich auf
230 Gulden, wovon 170 Gulden schon bar vorhanden seien.
Schon am 9.Juli erteilte der Bischof die Lizenz zum Bau.
Die Kapelle wurde von dem
aus Hirtlbach stammende Maurermeister Hans
Maurer
(1654-nach 1729) ,
dessen Hauptwerk die St. Gabinus Kirche in Unterweikerts-hofen war,
für 489 Gulden errichtet. Wegen des Einmarsches der Österreicher
im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) stockte der Bau und zog
sich in die Länge. Die Baumaßnahmen wurden auch durch
das Auffinden einer Quelle unter der Ignatiuskapelle verzögert.
Erst sieben Jahre später
war der Bau fertig. Der Pfarrer berichtete am 18.Juni 1706 nach
Freising, die Kapelle sei nun "verförtiget, der altar
aufgesetzt". Damit die vielen sich angesammelten Messstipendien
erledigt werden könnten, sollte erlaubt werden, schon vor der
Weihe Messen lesen zu dürfen. Für eine Weihe sei kein
Geld vorhanden.
Diese Bitte um Messerlaubnis wurde am 21.6.1706 erfüllt. Die
feierliche Konsekra-tion der Kapelle und der übrigen drei Altäre
in der Kirche fand am 23.Juni 1707 durch Fürstbischof Johann
Franz von Eckher statt (dabei wurden 93 Leute gefirmt und am gleichen
Tag noch der Altar in der Gabinuskapelle in Armetshofen geweiht).
Der Kult des hl. Ignatius
von Loyola (1491-1556), des Gründers und Hauptheiligen des
Jesuitenordens, ging von Spanien aus und fand durch die Ordensniederlassun-gen
seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Bayern
weite Verbrei-tung.
St. Ignatius galt u. a. als Patron der Schwangeren, der Kinder,
weil er sie in der Religion unterrichtet hatte, und Helfer gegen
Fieber. Das auch in Oberroth verabreichte Ignaziwasser" sollte gegen
allerlei Krankheiten sowie Hexerei und bösen Zauber helfen.
In den Akten des Staatsarchivs München wird auch von der "Erbauung
einer Ignatiuskapelle zur Abwehr der Zauberei daselbst" gesprochen.
06)
Der Altar und die beiden Leuchter in der Kapelle stammen von Max
Faller (1982)
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Bauplan der Kapelle aus dem Jahr 1699
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Änderung des Patroziniums
Mit Aufstellung einer Figur des gegeißelten Heilandes auf
dem Kapellenaltar um die Mitte des 18. Jh scheint der frühere
St. Ignatius-Kult in den Hintergrund getreten und Anfang des 19. Jh völlig
erloschen zu sein. 15)
Jedenfalls ist in der Pfarrbeschreibung 1817 vom Altar "Christus
an der Geißelsäule" die Rede.
Doch schon 1844 war die Kapelle dem hl.Leonhard geweiht. Jedenfalls
heißt es in der Pfarrbeschreibung aus diesem Jahr:
" An der linken Seite der Kirche ist eine Kapelle
angebaut, welche die St.Leonhards-Kapelle genannt wird, auf deren Altar
eine vergoldete Figur, den hl.Leonhard vorstellend,
angebracht ist."
Die Kapelle wurde 2004 nach der
Renovierung der Pfarrkirche neu eingerichtet.
Inneneinrichtung
Derzeit steht als
Mittelpunkt in einer mit Marmor ausgekleideten Nische eine Muttergottesfigur
aus dem 17.Jh. 61)
Maria ist
mit königlichen Insignien Krone und Zepter ausgestattet. Ihr
Sohn, den sie auf dem linken Arm trägt, hält in seiner Hand
den Reichsapfel. |
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Der Fuß von Maria
steht auf einer silbernen Mondsichel. Dies erinnert an die apokalyptische
Frau, die Johannes in seiner Vision gesehen hatte: vom Strahlenkranz
der Sonne umgeben, über ihrem Haupte zwölf Sterne und zu
ihren Füßen der Mond (Offb.12, 1). |
Reliquiare
Reliquienmonstranz
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Zu beiden Seiten
der Nischen sind Reliquienmonstranzen
aus Holz in Goldfassung und mit farbigen Steinen angebracht. Die oben
mit einer Krone versehenen Reliquiare sind noch im Rokokostil gearbeitet,
und auf 1749 61)
datiert. Die vierpassförmigen
Schaugefäße enthalten Reliquien der Heiligen-Drei-Könige,
die mit Klosterarbeiten gefasst sind.
Die Monstranzen bestehen aus einem Geflecht aus ineinander verschlungenen
Akanthusverzierungen,
die oben in eine Krone münden. Interessant
ist, dass die Reliquienkästchen
durch das bischöfliche Ordinariat
offiziell versiegelt werden mussten, um den Reliquiendiebstahl zu
verhindern.
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Detail
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Klosterarbeiten wurden meist von Klosterfrauen (daher der Name), zum Teil
aber auch von begabten Handwerkerinnen erstellt. Sie enthalten neben den
Reliquien, (Halb)Edelsteine sowie ornamentalem Schmuck aus Silberblech sowie
Filigranarbeiten aus Gold- und Silberfäden. Auf den kleinen Pergamentstreifen
(Cedulae) sind die drei Namen der Heiligen, von denen die Reliquien stammen,
verzeichnet. Im Bild rechts ist es der hl.Melchior;
wenn Sie auf das Bildchen klicken, können sie die Reliquie genauer
betrachten.
(mehr über Klosterarbeiten....)
Heiligenfiguren
An beiden Seiten stehen lebensgroße
Figuren der Heiligen Franz von Assisi und Elisabeth von Thüringen,
die von Florian Stückl, dem Leiter der Schnitzschule in Oberammergau
in den Jahren 2003 und 2004 geschaffen wurden
33)
Rechts steht die Figur des hl.
Franziskus von Assisi im Ordensgewand als "Erneuerer
der Kirche". Auf seiner Schulter trägt er ein Kirchenmodell,
das die Kirche von Portiunkula in der Nähe von Assisi darstellt.
Franziskus hörte in einer Vision Christus vom Kreuz herab sprechen:
"Erneuere meine Kirche".
Mit viel Mühe restaurierte Franz das Gotteshaus, bis er endlich
begriff, dass Christus nicht dieses Kirchengebäude, sondern die
Katholische Kirche gemeint hatte. Festtag: 4.Oktober |
Franz
v.Assisi
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Gegenüber
der Franziskus-Skulptur steht die Figur der hl.
Elisabeth von Thüringen, mit einem Stück Brot
und Rosen in der Hand.
Elisabeth (1207-1231) ist eine historische Person. Sie stammte aus
Ungarn und war Ehefrau des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen.
Im Hungerjahr 1226 speiste sie die Armen vor den Toren der Wartburg.
Als Ludwig, von seiner Umgebung gegen Elisabeths angebliche Verschwendung
aufgehetzt, sie zur Rede stellte, verwandelten sich die Brote in
ihrer Schürze zu Rosen. Dass in der Schürze ausgerechnet
Rosen lagen, geht darauf zurück, dass im Mittelalter -schon
lange vor Elisabeth- die Armenspeisen Rosen genannt wurden. Festtag:
17.November
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St.Elisabeth
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Rechts neben
dem Zugang zur Sakristei steht in einer Nische die Figur des hl.Nikolaus.
Er wurde von Sepp Bauer aus Nandlstadt geschnitzt.
St.Nikolaus ist im Bischofsornat dargestellt, in etwas ungewöhnlicher
Farbgebung. Die Mitra wird von den griechi-schen Buchstaben IC-XC-NI-KA
geschmückt. Sie bedeuten "Christus, der Sieger".
In diese Richtung führt auch der Text im Sockel der Nische:
"Der sein Volk zum Sieg führt". Auch der Name Nikolaus
bedeutet Sieg(reich)er des Volkes. Auf der Bibel in der rechten
Hand von Nikolaus liegen drei Goldkugeln, die typischen Attribute
des Heiligen.
Die Goldkugeln erinnern an die bekannteste Legende über St.Nikolaus:
In einer verarmten Familie konnte der Heilige durch gezielte Geldgeschenke
(Goldkugeln), die er heimlich durchs Fenster und durch den Kamin
in die darin aufgehängten Socken warf, verhindern, dass der
Vater seine drei Töchter zur Prostitution bewegen musste.
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St.Nikolaus
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Die
neueste Figur stellt den früheren Namensgeber der Seitenkapelle,
St. Ignatius von Loyola,
dar. Sie besteht aus Bronze und wurde vom Augsburger Künstler
Max Faller geschaffen. Von dem Künstler
stammen auch viele andere sakrale Gegenstände in der Kirche (Tabernakel,
Ambo, ein Bronzerelief an der Kirchentür und die Jakobussäule
am Eingang).
Der 1491 geborene Ignatius, ein baskischer Adeliger, wurde
1521 als Soldat bei der Verteidigung der Feste Pamplona gegen die
Franzosen verletzt. Während seiner Genesung las er religiöse
Schriften, was neben mystischen Erlebnissen zu seinem Entschluss führte,
sich einem geistlichen Leben zu Er studierte Theologie, gründete
den Jesuitenorden (Gesellschaft Jesu) und wurde 1537 zusammen mit
dem hl.Franz Xaver zum Priester geweiht.
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St.Ignatius
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Seine Ordensregeln
sind ein Leitfaden zur Meditation und religiösen Unterweisung.
Sie kennen keine starre Regeln innerhalb der Gemeinschaft wie einheitliche
Ordenstracht oder feste Gebetszeiten. Die Ausbreitung des Ordens erfolgte
sehr schnell; beim Tod von Ignatius 1556 zählte er bereits 1.000
Mitglieder. Sein Wahlspruch lautet: "Omnia ad maiorem Dei gloriam,
alles zur größeren Ehre Gottes". Wegen seiner militärischen
Vergangenheit wurde Ignatius Patron der Soldaten. Festtag: 31.Juli
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Glasgemälde
Die Kapelle wird durch drei barocke
Ovalfenster erhellt, die mit Glasgemälden der drei Erzengel
Michael (mit Schwert
und Schild), Gabriel
(mit einer Lilie) und Raphael
(mit Fisch und Wanderausrüstung) im sog. Jugendstil, dem Stil des
beginnenden 20.Jh. 61)
geschmückt sind.
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Hinweis: Wenn es
eine Hierarchie bei den Engeln geben sollte, stünden Erzengel
an vorletzter Stelle der neun Ebenen, weil sie vorwiegend mit menschlichen
Angelegenheiten zu tun haben. In der Bibel finden die Erzengel
Gabriel, Michael und Raphael, in den Apokryphen
auch der Erzengel Uriel Erwähnung. Gabriel wird meist mit
einer weißen Lilie, Michael mit einem Flammenschwert,
Raphael mit Reisetasche dargestellt. Uriel verfügt über
keine speziellen Attribute.
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Der Erzengel Gabriel
der Engel der Verkündigung, der Auferstehung und der Gnade.
Im Alten Testament richtete Gabriel den zu Boden gestürzten
Daniel auf (Daniel 8, 16 und 9, 20 ff).
Er erschien Maria mit der frohen Botschaft von der bevorstehenden
Geburt Jesu (Lk.1, 26).
Auch die Erscheinung eines Engels bei Zacharias im Tempel,
der ihm die Geburt seines Sohnes Johannes, des
Täufers,
verkündete (Lk.1, 11), die Engelsbotschaft an Joseph
im Traum (Mtt 1, 20) und
bei den Hirten in Bethlehem in der Heiligen Nacht (Lk.2,
9) wird in der Überlieferung Gabriel zugeschrieben.
Der Erzengel
Michael war nach der Überlieferung häufig mit der
Heilsgeschichte der Menschen verbunden.
Er stürzte - schon vor Beginn der Schöpfung - den Luzifer
und
trieb Adam und Eva mit dem Schwert aus dem Paradies (1. Mose 3,
23-24).
Michael gilt auch als einer der drei Männer, die Abraham besuchten
(1. Mose 18,1-16),
er hinderte Abraham, den Isaak zu töten (1. Mose 22, 11-18)
rang mit Jakob (1. Mose 32, 24-29),
teilte das Rote Meer beim Auszug aus Ägypten (2. Mose 14, 19
- 22) und führte Israel ins gelobte Land.
Michael hält die Seelenwaage und empfängt die Seligen
im Paradies, so wie Petrus an der Himmelspforte
Die Figur des Erzengels Raphael
(Name bedeutet im Hebräischen:: Heiler mit Gottes Hilfe ) ist
eng mit der Geschichte des Tobias verbunden, dem er Schutz und Medizin
bei einer Reise gab.
Er half ihm auch, den Fisch zu finden, mit dessen Galle der
Vater des Tobias von den weißen Flecken auf seinen
Augen geheilt wurde.
Raphael wurde im Mittelalter zum Inbegriff des Schutzengels,
dargestellt mit den sechs Flügeln der Seraphen.
In der Kunst wird er häufig mit Reiseutensilien und einem Fisch
dargestellt.
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Hinweis: Engel
(von griechisch angelos=Bote) waren in
der Kunst des Frühchristentums immer Männer ohne Flügel.
Sie sollten sich von den antiken Göttern wie Nike oder Hermes
unterscheiden, die Flügel trugen. Erst als das Christentum im
4.Jh Staatsreligion wurde, bekamen die Engel Flügel; dazu einen
Heiligenschein und sogar Hoftracht. Bis zu den ersten weiblichen Engeln
dauerte es aber noch 800 Jahre. Erst Giotto malte Engel mit weiblichen
Zügen. Wahrscheinlich hat der damals beginnende Marienkult die
Verweiblichung verstärkt. In der Renaissance und vor allem im
Barock setzten sich die Putten (geflügelte Knaben, die auf heidnische
Eroten = Liebesgötter zurückgehen) und die geflügelten
Engelsköpfchen durch, die in kaum einer der Barockkirchen unseres
Landkreises fehlen. Erst in der Romantik wurden die Engel wieder erwachsener.
Die Malerschule der Nazarener
prägte die Engel mit großen Flügeln, Anmut und Hoheit,
die uns als Schutzengel von den Bildern im Schlafzimmer oder den Heiligenbildchen
des 20.Jh bekannt sind. Auch die Erzengeldarstellungen in Oberroth
dürften aus dieser Zeit stammen. |
Deckengemälde
Das
Deckengewölbe
(Tonnengewölbe) ist mit Stuckmustern aus der Erbauungszeit vor
300 Jahren geschmückt. 61)
Das mittlere Oval umspannt
die Buchstaben IHS, die als Jesusmonogramm gelten. |
Stuckmuster
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Die
Zeichen IHS sind übrigens griechische Buchstaben (das H ist ein
Eta) und bedeuten "JHS(OUS)"=Jesus. Andere Deutungen sind:
"Jesus, hominum salvator" (lateinisch "Jesus, Erlöser der Menschen")
oder auch volkstümlich "Jesus, Heiland, Seligmacher".
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Quellen:
01)
Max Gruber, Zwei Dorf-Genies aus dem Dachauer Land: Ulrich
Gailler und Hans Maurer, 1968/4 (489 Gulden)
02)
Pfarrer Jakob Mois, Eine verschollene Wieskapelle im Dachauer Land,
Amperland 1973/2
03)
Jakob Mois,Geschichtliche Notizen über einige Kirchen im Landkreis
Dachau, ca.1950, unveröffentlicht (1699)
04)
Robert Böck, Wallfahrt im Dachauer Land, Bd 7 der Kulturgeschichte
des Dachauer Landes, 1991
05)
Pfarrer Werner Kellermann
06)
StAM,
RMA
München Unterbehörden 3157 - Reparaturen an der Kirche zu Oberroth
und Armetshofen, an Friedhofsmauer,
Sakristei
und Totenkerker zu Oberroth und Erbauung einer Ignatiuskapelle zur Abwehr
der Zauberei daselbst
9 Bilder:Hans Schertl (2004)
Oberrother
Kirche ist ein "Katastrophenfall"
Sanierung gestaltet sich weit
umfangreicher als zunächst angenommen
Von Christa Fünffinger
Oberroth - Die Sanierung der Oberrother
Kirche St. Peter und Paul ist schwieriger als angenommen. "Eine Art Katastrophenfall"
nannte Pfarrer Werner Kellermann die Situation im Gespräch mit der
Dachauer-SZ. Wer sich die Oberrother Kirche in diesen Tagen anschaut,
dem wird auffallen, dass der Zwiebelturm inzwischen ohne "Zwiebel" dasteht.
Die Turmspitze wurde vor etwa zwei Wochen abgetragen. Die gesamte Holzkonstruktion
unter dem Kupferdach sei verfault gewesen, sagte Kellermann, der nebenamtlich
Pfarrer in Oberroth und Studiendirektor am Viscardi-Gymnasium in Fürstenfeldbruck
ist.
Während der Renovierung schien
die Kirche nur noch aus Gerüst zu bestehen.
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"Es muss alles erneuert werden."
Das neue Dach des Kirchturms wird wieder eine Holzkonstruktion sein.
Allerdings soll die "Zwiebel" nicht mit Kupfer verkleidet sondern
wie früher mit Schindeln gedeckt werden. Unter dem Kupferdach
sei es im Sommer bis zu 90 Grad heiß geworden. Darin sieht
Kellermann einen Grund für den desolaten Zustand der Turmspitze.
Die "Zwiebel" war erst 1964 neu gemacht worden.
Kellermann spricht von unsachgemäßer
Arbeit. Im Juni 2000 sollten die neuen Glocken im Kirchturm aufgehängt
werden. Sie wurden im März feierlich geweiht
und lagern zur Zeit unter dem Dach des Kirchenschiffes.
Nachdem sich die Kirchturmspitze
als völlig marode entpuppt hat, werden sie dort wohl noch eine
Weile bleiben müssen. Verfaulte Balken, lose Ziegelsteine,
bröckelnde Mauern: Auch in der Seitenkapelle und der Sakristei
wurden bei Untersuchungen während der Sanierung gravierende
Mängel aufgedeckt.
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"Das alles hat sich erst gezeigt, als der
Putz weggeschlagen und die Dachbalken entfernt wurden", sagte Kellermann.
Zudem sei die 1705 fertig gestellte Seitenkapelle nicht mit dem Kirchenschiff
verbunden. Sie lehnt sozusagen nur an der Kirche. Mit Eisenschienen sollen
Kirchenschiff und Kapelle nun verbunden werden. Als Grund für den
schlechten Zustand der Kirche, deren Apsis vermutlich 900 Jahre alt ist,
sieht Kellermann in Jahrhunderte langem Flickwerk. Das eigentliche Problem
der Oberrother Kirche aber ist das Fundament: Starke Wasseradern haben
in Jahrhunderten den Bauplatz der Kirche im Untergrund in ein Schlammloch
verwandelt. Festen Boden gibt es erst ab drei Metern Tiefe. Bei Reparaturen
in den letzten 300 Jahren hat es zudem immer wieder an bayerischer Großzügigkeit
gefehlt", sagt er und fügt immer noch scherzend hinzu: "Wir sind
ein Katastrophenfall." Er sei froh, dass das Bauamt des Erzbischöflichen
Ordinariats immer wieder Geld locker gemacht habe. Ob die geschätzten
Kosten von 3,5 Millionen Mark für die Generalsanierung ausreichen
"Was soll ich darauf sagen ", fragt Kellermann zurück.
Die Messfeiern finden während
der Renovierungsarbeiten in einer Notkirche
in einem umgebauten früheren Stall im Hof der Familie Burgmair
statt. |
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Quellen:
Dachauer SZ 21.9.2000 u. 16.7. 2001
2 Bilder: Marianne Kugler
(1), Hans Schertl (1)
Glockenweihe
in Oberroth
Im Zuge der
Renovierungsarbeiten stellte sich heraus, dass die Stahlgussglocken von
Ulrich und Weule aus Apolda-Bockenem aus dem Jahr 1921 (Salve-Regina-Geläute)
Rost angesetzt und Risse aufzuweisen hatten. Sie waren aus Eisenhartguss,
einem nach schweren Kriegszeiten preiswerten Ersatzstoff, aber auch einem
Material, das beim Gießen Hohlräume bildet. Die porige Innen-struktur
erzeugt ein unaufhaltsames Rosten, das auch durch Schutzanstriche nicht
mehr aufgehalten werden kann. Mit dieser Korrosion geht immer eine Volumenzunahme
innerhalb der Glocke einher, die Materialspannungen begünstigt und
zum partialen Bersten führt. Materialwissenschaftler gehen darum
beim Eisenhartguss von einer technischen Lebensdauer von deutlich unter
100 Jahren aus.
44)
Deshalb war es notwendig, die 80 Jahre alten Glocken zu ersetzen. Die
neuen Glocken sind aus Bronze und wurden in der Glockengießerei
Perner gefertigt. Das Geld dafür stammt aus Spenden. Auf der
Rückseite aller Glocken steht der Text: "Oberroth, St.Peter
und Paul" und "Iubilaeum A.D. 2000" und "+Christus
Heri Hodie semper".
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die große
Glocke, St.Peter u.Paul geweiht, 502 kg schwer, hat den Durchmesser
von 94 cm u. erklingt im Ton a'.
Die Rippe ist mittelschwer. Auf ihr ein Bild der hl.Peter und Paul.
In Majuskeln geschrieben sind die Texte:
"Dich, Dreifaltiger Gott, Preist der glorreiche
Chor der Apostel"
"Die Stimme haben mir geschenkt: Herbert
Kellermann und seine Pfarrgemeinde Peter und Paul, München-
Trudering".
Die Glocke ist ein Geschenk der Pfarrgemeinde Trudering. Der Bruder
des Oberrother Pfarrers, Herbert Kellermann, war damals Pfarrer in
Trudering. Zu seinem 60. Geburtstag verzichtete er auf Geschenke und
bat seine Pfarr-angehörigen, für die Oberrother Glocke zu
spenden.
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Die Marienglocke ist
250 kg schwer, besitzt einen Durchmesser von 75 cm und erklingt
im Grundton cis''.
Die Rippe ist mittelschwer. Auf der Glocke ein Bild der Muttergottes
und folgende Texte:
"Die Stimme haben mir geschenkt: Elisabeth
und Rudolf Kahles"
"Meine
Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt
über Gott meinen Retter".
Die Michaelsglocke
ist 147 kg schwer, besitzt einen Durchmesser von 59 cm und erklingt
im Grundton fis2.
Die Rippe ist überschwer. Auf der Glocke ein Bild des hl.Michael
und die Texte:
"Die Stimme haben mir geschenkt:
Elisabeth und Rudolf Kahles"
"Im Leben und in Todesnot sei
du und nah'du Gottesbot"
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Die Jakobusglocke
ist 190 kg schwer, besitzt einen Durchmesser von 64 cm und erklingt
im Grundton e2.
Die Rippe ist überschwer. Auf der Glocke ein Bild der Muttergottes
und der Text:
"Die Stimme haben mir geschenkt:
Maria Anna und Anton Kraut" und "Wisset, daß ihr Pilger
seid auf dem
Weg zum Herrn".
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Die Glockenweihe am 18.3.2001 wurde zu einem großartigen
Fest. Hunderte von Oberrothern, unter ihnen auch Bürgermeister
Mederer und Ehrengäste aus Trudering, geleiteten die Bronzeglocken
in einem Festzug von Armetshofen nach Oberroth.
Den Zug führte die Blasmusik aus Schönbrunn an, die auch
den anschließenden Festgottesdienst begleitete. Fahnenabordnungen
der hiesigen Vereine und die Böller-schützen aus Trudering,
die am Ende der Zeremonie Salut schossen, folgten dem Viererzug
weißer Kaltblutpferde.
Die Glockenweihe nahmen die beiden Seelsorger und Brüder Kellermann
im Hof der Familie Burgmair gemeinsam vor.
Die Glocken wurden danach auf das
eingerüstete Kirchendach gehoben.
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Bis die neuen Glocken aber im Turm
erklangen und die Gläubigen zum Gottesdienst rufen konnten, sollte
aber noch geraume Zeit vergehen. Dies war 2002 möglich, nachdem neue
Glockenstühle aus Eichenholz angefertigt worden waren.
Quellen:
Dachauer Nachrichten 20.3.2001
Dachauer SZ vom 17./18. und 20.3.2001
Erzbischöfliches
Ordinariat, Neue Glocken
in der Erzdiözese seit 2001
Bild: Pfarrer Werner
Kellermann
Max
Faller
Der Künstler wurde 1927 in
Neuburg an der Donau geboren. Er studierte an der Akademie der Bildenden
Künste in München. Die Arbeiten Fallers befassen sich ausschließlich
mit religiösen Themen. Er ist Träger des Münchner Kunstpreises.
Über sein Leben und sein Werk schrieb Schwester Elia Bosler vom Karmelitinnenkloster
Dachau ein reich bebildertes, dreibändiges Werk. 2002 wurde er vom
Vatikan mit dem Päpstlichen Silvesterorden ausgezeichnet.
Kunstwerke Fallers stehen in allen
Erdteilen, Schwerpunkt ist aber Bayern. Bekannt sind mir Werke in Augsburg
(Domportal und Ulrichsjubiläumskreuz), in Regensburg (Brustkreuz
und Ring von Bischof Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller), in Speyer
(Portal am Kaiserdom), in Ludwigshafen (drei Portale für die
Pfarrkirche St. Joseph), in Leitershofen (Paulussäule), in
Friedberg (Wallfahrtssäule zum Gegeißelten Heiland),
in Berlin (Osterleuchter in der Kirche St.Michael), in Inchenhofen
(Wallfahrtssäule zum Heiligen Leonhard), in Neumarkt/Oberpfalz
(Mariensäule), München (Sakramentskapelle im Liebfrauendom,
Kapelle im Exerzitienhaus Fürstenried und im Priesterseminar, Kirchenraum
St.Thomas, Kreuz in St.Willibald, St. Gabriel, Tabernakel in St.Georg),
Neuburg (St.Ulrich) Gauting (Kirchenraum St.Thomas) oder
Hochbrück (Tabernakel). Der Künstler hat auch die Pilgermedaille
des Heiligen Jahres 2000 für den Wallfahrtsort Santiago de Compostela
gestaltet, die die Pilger mit nach Hause nehmen. Auch viele andere Medaillen
(z.b.1970 die Medaille der Stiftung des Romano Guardini-Preises durch
die Katholische Akademie in Bayern, die Kardinal Döpfner-Medaille
des Bistums Mainz oder Medaillons für Primizianten stammen von Max
Faller. Für das Grab von Romano Guardini fertigte er eine
eindrucksvolle bronzene Gedenktafel. Beim Eucharistischen Weltkongresses
1960 in München war Faller mit einem Osterleuchter in der Kunstausstellung
vertreten.
Im Landkreis Dachau war Faller vor
allem in der Oberrother Kirche tätig. Von ihm stammen Altarkreuz,
Tabernakel, Ambo,
Weihwasserkessel, Apostelleuchter, Jakobussäule,
das Relief "Himmlisches
Jerusalem" an der Kirchentüre und die Figur Ignatius
von Loyola. 33)
Außerdem erstellte
er die Entwürfe für das Reliquiar am Hochaltar und den Orgelprospekt.
In Altomünster stattete er die Klosterkapelle aus.
Am 4. August
2012 ist Max Faller in München gestorben.
Hans Schertl
17.3.2022
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