Hofkapelle
in PIFLITZ
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Beschreibung
Die Ortschaft Piflitz
wird in einer Urkunde der Sammlung "Freisinger Traditionen"
aus der Zeit zwischen 1138 bis 1147 erstmals schriftlich genannt.
In ihr ist die Schenkung des Freien Engeldich von Cholbach (Kollbach)
an das Bistum dokumentiert. Engeldich übergab seinen (wohl
außereheli-chen) Sohn und ein Gut zu Piueliz (Piflitz) 01).
In Piflitz soll früher einmal eine Wasserburg gestanden sein;
mehr dazu hier ...
Weiteres, insbesondere über die Zugehörigkeit der Ortschaft
zu Kammerberg, berichtet der Historische Atlas
von Bayern...
Die Kapelle wurde, wie
eine Gedenktafel neben dem Eingang berichtet, im Jahr 1870 "von
Nicolaus Angermair, Karlbauer, geboren 1830 und dessen Hausfrau, geb.Hack
von Reischl in Kammerberg, geboren 1830" gebaut.
Schon bald nach ihrer
Errichtung erhielt die Kapelle die Bewilligung zur Feier einer
hl. Messe pro Jahr. Die Korrespondez mit dem Ordinariat hierzu
können Sie hier lesen...
Der Erbauer musste sich verpflichten, zeitlebens die Baulast
zu tragen und das zu erlegende Baukapital von 100 Gulden mittels
Zinsen und Zinseszinsen anwachsen zu lassen.
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Weihwasserkessel
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Im Zweiten Weltkrieg
mussten die beiden Glocken zum Einschmelzen abgeliefert werden. Die
heute im südlichen Dachreiter unter dem Spitzhelm hängenden
beiden Glöckchen mit den Tönen as' und c goss Josef Bachmair
in Erding.
Renovierungen
1901 stand die erste Renovierung (undichtes Blechdach, Trockenlegung)
durch die Fa. Karg an.
Die nächste Renovierung fand in den Jahren 1948 bis 1950 statt.
Von der letzten Renovierung berichtet eine Tafel an der Kapelle. Sie wurde
im Jahr 1994 durch den jetzigen Besitzer Josef Karl finanziert. Die Arbeiten
führte der Kirchenmaler Christian Huber aus Dachau 04)
aus, dessen Urgroßvater 1870
schon den Altar mitgestaltet hatte. Auch der Großvater war am Altar
beteiligt; von ihm stammt das Altarblatt.
Das Patroziniumsfest wird jedes Jahr im Juni gefeiert 05).
Denkmalschutz
Die
Kapelle steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalatlas des Bayerischen
Landesamtes für Denkmalpflege und in der Liste der Baudenkmäler
in Petershausen 07)
eingetragen Darin wird sie
wie folgt beschrieben: "Piflitz 2; Aktennummer: D-1-74-136-18
einschiffig mit dreiseitigem Schluss und Giebelreiter, 1870 errichtet;
mit Ausstattung".
Inneneinrichtung
Vergrößerung von
Altar und Kreuzwegbildern per Mouseklick
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Mittelpunkt des kleinen neugotischen
Säulenaltars ist das Altarblatt
unter einem Baldachin, auf dem der hl.Antonius von Padua dargestellt
wird. Drei Putten umschweben den Altar.
Über Antonius schwebt
das Jesuskind, das ihm in einer Vision erschienen ist. In der linken
Hand hält er Lilie als Sinnbild der Keuschheit und die Bibel
als Sinnbild für die Verkündigung des Glau-bens.
Unter ihm ist ein Busch
mit Vögeln gezeichnet. Es scheint, dass er ihnen das Evangelium
lehren möchte. Eine Legende dazu ist mir nicht mit St.Antonius,
sondern mit St.Fran-ziskus von Assisi bekannt. Antonius soll dagegen
den Fischen gepredigt haben.
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Altarblatt:
St.Antonius
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Das
Bild wurde kurz nach dem 2.Weltkrieg vom Dachauer Künstler Richard
Huber (1902-1982) gemalt
04).
Bezahlt wurde es mit Naturalien
05).
Schon beim Bau der Kapelle im Jahr 1870 war ein Bild der Mittelpunkt
des Altarretabels.
Jedenfalls fragte der Asbacher Pfarrer den Bischof, ob er das Altarbild,
das "die
Abnahme Christi vom Kreuze" zeige, benedizieren dürfe. 08)
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Antonius lebte
im 13.Jh und war ein begnadeter Redner, der sich gegen die damaligen
Häretiker
(Katharer, Albi-genser und Waldenser) wandte. Seine Fastenpredigten
in Padua 1231 hatten einen sensationellen Erfolg, denn die ganze Region
schien danach wie umgewandelt: Schulden wurden erlassen, zerstrittene
Familien versöhnten sich, Diebe gaben das gestohlene Gut zurück,
unrechtmäßige und überhöhte Zinsen wurden den
Schuldnern zurückerstattet. Bis heute gilt in Italien ein damals
erlassenes Gesetz, dass niemand mit seinem Leben und seiner Freiheit
für eine Schuld haften solle, sondern nur mit seinem Eigentum.
Antonius wird als Hilfe zum Wiederauffinden verlorener Gegenstände
angerufen und gilt deshalb als "Patron der Schlamperer".
Dies geht auf zwei Legenden zurück: Als ihm ein Manuskript gestohlen
worden war, betete er so lange, bis der Dieb damit zurückkehrte.
Schöner ist die zweite Legende, nach der er einem Geizhals half
sein Herz zu suchen und es in einer Geldtruhe fand. Die Darstellung
mit dem Jesuskind ist seit 1350 bekannt, bei uns aber erst seit dem
17.Jh verbreitet; sie verweist auf eine seiner Visionen, die er beim
Bibellesen hatte . Gedenktag: 13.Juni |
Die großen Assistenzfiguren
sind zwei Heilige in römischer Soldatenkleidung, die beide um das Jahr
300 gelebt und unter Kaiser Diokletian (Kaiser von 284 bis 305) verloren
haben sollen.
St.Florian
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der hl.Florian
in römischer Soldatenkleidung mit Fahne und Wasserschaff sowie
der hl. Sebastian,
ebenfalls in römischer Tracht, der abgebrochene Pfeile in der
Hand hält.
Hinweise: St.Florian war um das Jahr 304 nach vielen Martern
mit einem Mühlstein um den Hals in die Enns geworfen. In seiner
Jugend soll er ein brennendes Haus durch sein Gebet gerettet haben;
aber erst im 15. Jh setzte sich diese Überlieferung durch, die
heute seine Bedeutung als Schutzpatron vor Feuersgefahr begründet.
Gedenktag: 4.Mai
St.Sebastian soll nach der Legende Ende des 3.Jh.auf Befehl
des Kaisers Diokletian wurde er wegen seines Glaubens mit Pfeilen
durchschossen worden sein. Er erholte sich aber zunächst durch
die Pflege von St.Irene wieder und wurde daraufhin mit Keulen erschlagen.
Auf seine Anrufung hin, soll eine Pestepidemie abgewendet worden sein.
Gedenktag: 20.Januar
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St.Sebastian
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Figuren in Nischen
In seitlichen Nischen
neben dem Altar stehen kleine Statuen
des Geißelheilands und der Muttergottes von Altötting
mit dem Kind auf dem rechten Arm.
Die ersten Darstellungen
von Jesus an der Geißelsäule entstanden zwar schon
im Mittelalter. In den Landkreis Dachau gelangten vereinzelte Bilder
jedoch erst im 17.Jh. Die große Verbreitung dieser Darstellungen
setz-te noch 100 Jahre später, nach dem Wunder in der Wies (1738)
ein. Der Heiland auf dem Bild beim Wies-bauern bei Steingaden soll
Tränen vergossen haben. Daraufhin begann eine Wallfahrt und die
berühmte Wieskirche wurde gebaut. Die meisten der rd. 15 Geißelheiland-Darstellungen
im Landkreis Dachau wurden nach dem Vorbild des Wies-Heilands gestaltet;
so auch in Piflitz. |
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Das
aus Lindenholz geschnitzte Gnadenbild von Altötting ist wohl
um 1330 am Oberrhein entstanden und kam um 1360 als Geschenk des Zisterzienserkloster
Raitenhaslach nach Altötting. Die Figur war ursprünglich wohl rosa
bemalt. Wahrscheinlich ist die schwarze Farbe im Laufe der Jahrhunderte
durch Nachdunklung des Holzes und durch den Kerzenrauch in der engen
Kapelle entstanden. Manche Historiker glauben auch, dass sie bewusst
gefärbt wurde und verweisen auf das Hohe Lied des Salomons aus dem
Alten Testament: "Schwarz bin ich, doch schön". Schwarze Madonnen
galten im späten Mittelalter als besonders wundertätig. |
Die vier Rundbogenfenster
haben Farbglas-Gemälde-Einsätze.
Kreuzwegbilder
An den Wänden hängen
Kreuzwegbilder.
Es sind nicht die ersten Kreuzwegbilder, die in die Kapelle kamen.
Denn am 16.8.1870 hatte Pfarrer Fuchs von Asbach beim Bischof die
Erlaubnis eingeholt, dass ein Franziskanerpater die neuen Kreuzwegbilder
weihen (benedizieren) dürfe. 08).
Die Erlaubnis wurde erteilt. Mehr dazu...
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Kreuzwegbilder
von G.Fugel
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Die
heutigen Kreuzwegbilder sind jünger; sie stammen aus dem
20.Jh.
Es sind Papierdrucke der berühmten Kreuzweg-darstellungen des
Wiener Malers Prof.Gebhard Fugel für die Josefskirche in München,
die zunächst vom Münchner Kunstverlag Max Hirmer, später
vom Kunstverlag Agathon bis nach dem 2.Weltkrieg herausgegeben wurden.
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Die 14 monumentalen Kreuzwegdarstellungen, die von Gebhard Fugel
in den Jahren 1903-1908 gemalt wurden, hatten in der zeitgenössischen
Kunstszene Aufsehen erregt. Sie seien in einer wundersamen Koloristik komponiert,
die Schauer der göttlichen Heilstat auf unsere Seelen niedersenkt",
schwärmte ein Zeitgenosse. In einem ausführlichen Aufsatz der
Zeitschrift "Archiv für die Christliche Kunst" aus dem Jahr
1910 heißt es:
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"...
der Maler hat sich -was wir ihm zum höchsten Lobe anrechnen dürfen-
bemüht, den in stark betonter Realistik gemalten Bildern religiösen
und frommen Geist einzuhauchen und dennoch einen groben und abstoßenden
unverklärten Realismus zu vermeiden. ... Die Christusdarstellungen
sind ansprechend und edel, mit großer Hingabe, Liebe und Ehrfurcht
behandelt. Fugel läßt in der äußeren Erscheinung
des Herrn die göttliche, übermenschliche Würde nicht
vermissen, und das ist für die katholische Kunst von entscheidender
Bedeutung. Dieser Christus steht über uns: zu ihm können
wir aufschauen. Der Grundgedanke dieses Bildes: die Freiwilligkeit
des Leidens, die ungebrochene Kraft in mutiger Uebernahme des Leidens
ist vom Meister Fugel glänzend herausgehoben und durchgeführt
worden.." |
Am 13.Juni 1944 wurden die Josephskirche
in München und mit ihr die Kreuzwegstationen durch Bomben zerstört.
So haben sich leider nur die Abdrucke erhalten, die im Landkreis Dachau
übrigens auch in der Marienkapelle bei Weyhern in der Nähe von
Indersdorf, im Kloster Schönbrunn, in Lauterbach bei Altomünster,
in Schmarnzell, in Radenzhofen und in Oberndorf bei Oberzeitlbach hängen.
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Hinter dem Portal ist ein
schöner, kleiner Opferstock
mit großem Schloss am Mauerwerk angebracht.
In den Kirchen des Landkreises
Dachau gibt es viele unterschiedliche, außerordentlich interessante
Opferstöcke. Wenn Sie sich dafür interessieren, klicken
Sie hier..
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Quellen:
01) Theodor
Bitterauf, Die Traditionen des Hochstifts Freising, 1909 (Nr.1534)
02) Historischen Atlas von Altbayern
Reihe I Heft 11-12-Die Landgerichte Dachau und Kranzberg-S.233, 1958
03) Lydia
Thiel / Elisabeth Mecking, Chronik der Gemeinde Petershausen, Band 2 Kunst
und Kultur
04) Christian
Huber, Der Maler Richard Huber, Amperland 2002/2
05)
Eigentümer Josef Karl,
2002
06)
Zeitschrift "Heimatgefühl"-
eine Sonderbeilage zu den Dachauer Nachrichten vom 5.6.2018
07)
Denkmalliste
Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Dachau Gemeinde
Petershausen
08) Digitales Archiv
des Erzbistums Mch u.Freising; Signatur: BB001/3, PfarrA1751 (Kreuzweg)
9 Bilder: Hans Schertl
Hans Schertl

12.7.2024
Auszug
aus dem Historischen Atlas von Altbayern
02).
"Um 1500 besaßen die
Geroldshauser die beiden Höfe und die Sölde zu Piflitz, das
damals noch landgerichtisch (Dachau) war. In der Landtafel von 1560 erscheint
Piflitz als ein dem Dr.Onofrius Perbinger gehöriger Sitz und Sedl,
den vorher die Erben des Kastners zu Rain Simon Gundersdorfer innehatten.
Seit 1601 ist der Münchner Bürger Johann Eßwurm zu Ottenhofen
als Inhaber dieses Sitzes belegt. 1618 besaßen ihn die Erben des
herzoglichen Leibmedicus Dr.Donesto. 1640 gehörte der Sitz bereits
dem Hofmarksherrn von Kammerberg. Das Landgericht Kranzberg betrachtete
im 18.Jh. die Anwesen zu Piflitz als einschichtige Güter der Hofmark
Kammer-berg; die Hofmark bezeichnete diese jedoch immer als Pertinenzen.
1820 gehörte Piflitz zum Patrimonialgericht Kammerberg.
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Historischen Atlas von Altbayern
Reihe I Heft 11-12-Die Landgerichte Dachau und Kranzberg
Piflitz - Weiler mit
ehemaliger Burg
06).
Bericht in der Zeitschrift "Heimatgefühl"-
eine Sonderbeilage zu den Dachauer Nachrichten vom 5.6.2018
Der Weiler, um 1138/1147 "Piuilez"
benannt, hatte die Bedeutung "rings umflossen", was von einer
Wasserburg herrühren könnte: den Rettenbachquellen. In der ersten
Hälfte des 11.Jh. übergibt Perhtoldde Ergotinge den Besitz in
"pifliez"an das Kollegiatstift Moosburg. 1121 überträgt
Gisilodl von Tegernsee zwei Huben "in loca Piuilez" an das Kloster
Tegernsee. Danach steht Piflitz mit Kollbach in Verbindung. Um 1500 findet
sich Piflitz im Besitz der Gerolzhauserin, die vermutlich in Verbindung
stand mit Kammerberg, das um 1640 als Eigentümer vorkommt. Es gibt
mehrere Hinweise, dass in Piflitz einmal eine Burg stand. So lesen wir
um 1597: "Piflitz, ein Herrensitz und Burckstall, auch zwei Höfe
gehören Hanns Gergen Eßwurm, des Rats und Bürgers zum
München, darauf Edelmannsfreiheit".
Zwei Ersuchen des
Pfarrers von Asbach
an das Erzbischöfliche Ordinariat in Freising
1.
Schreiben des Pfarrers von Asbach vom 16.August 1870
an den Erzbischof von München und Freising
Betreff: die Benedizierung des Altarbildes in der Kapelle
zu Piflitz
"Der Bauer Nicolaus Angermaier hat mit Genehmigung der geistlichen
und weltlichen Obrigkeit bei seinem Anwesen in Piflitz ex propriis
eine neue Kapelle erbaut und den von der kgl. Regierung im Einverständnisse
mit dem erzbischöflichen Ordinariate festgesetzten Baufond zu 100
Gulden in einer 4 1/2-prozentigen Eisenbahnobligation deponirt.
Der gehorsamst Unterfertigte stellt nun im Namen des Erbauers die
ehrfürchtigste Bitte:
"Eure Erzbischöfl. Excellenz wollen gnädigst genehmigen, daß ehrerbietigst
Unterzeuhanter,/Unterzeichnender das Altarblatt, die Abnahme Christi
vom Kreuze vorstellend, vorschriftsmäßig benediziren dürfe."
In tiefster Ehrfurcht und Unterwürfigkeit ..., ehrerbietigst gehorsamster
Joh.Bapt. Fuchs.
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2. Schreiben
des Pfarrers von Asbach vom 16.8.1870
an den Erzbischof von München und Freising
Betreff: die Einsetzung eines neuen Kreuzwegs in der Kapelle zu
Piflitz
"Der Bauer Nicolaus Angermaier hat bei seinem Anwesen in Piflitz
eine Kapelle erbaut und in derselben neue Kreuzwegstationen aufgestellt.
Derselbe stellt die ehrfurchtsvollste Bitte:
"Eure Erzbischöfliche Excellenz wolle genehmigen, daß dieser Kreuzweg
durch einen Franziskanerpriester eingesetzt werden dürfe. Zu tiefsten
Ehrfurcht und Unterwürfigkeit geh…
Eurer Erzbischöflichen Excellenz ehrerbietigst gehorsamster Joh.Bapt.
Fuchs, Pfarrer
Bemerkung des Ordinariats: Fiat juxta Pet. 30.Sept.1870 |