Die
Deckengemälde
in der Pfarrkirche St.Michael in PFAFFENHOFEN/Glonn
Die
Künstlerfamilie Schöpf
Die Deckengemälde wurden vom
"Kurkölnischen Hofmaler" Johann Adam Schöpf
und seinem Sohn Nepomuk zwischen 1765 und 1772 gemalt. Die Künstler
waren Vater und Bruder des Pfarrers der Nachbarpfarrei Egenburg Josef
Ignaz Schöpf. Sie wohnten zur damaligen Zeit auch in Egenburg.
Vater Johann Adam Schöpf
wurde 1702 in Regensburg als Sohn des Schreiners und Bildhauers Jakob
Schöpf (1665-1715) geboren. Er absolvierte eine Malerlehre bei Josef
Anton Merz in Straubing, bildete sich in Österreich weiter und ging
1724, im Alter von 22 Jahren, nach Böhmen. 1726 wurde ihm der Meistertitel
der Altstädter Malerkonfraternität in Prag verliehen. Er heiratete
Rosalie Seifrid und erhielt am 7.7.1729 das Prager Bürgerrecht.
Aus politischen Gründen (Parteinahme für die Ansprüche
des bayerischen Kurfürsten Albrecht auf Böhmen) wurde er 14
Jahre später ausgewiesen. Er wirkte ab 1744 als Kurkölner Hofmaler
in Diensten des aus Bayern stammenden Fürstbischofs Clemens August
und erhielt seiner Verdienste wegen den Rang eines Truchseß verliehen.
Als Köln kein Geld mehr hatte, erwarb er 1757 einen "gefreiten
Sitz" in Geiselbullach und malte die dortige Kapelle aus. Einige
Jahre später zog Schöpf zu seinem Sohn Ignaz in den Pfarrhof
von Egenburg und starb dort 1772 im Alter von 70 Jahren.
Der Sohn Johann Nepomuk Schöpf
wurde 1733 in Prag geboren. Er lernte im Alter von 14 bis 20 Jahren bei
seinem Vater und studierte 1761/62 in Rom. Nach seiner Rückkehr wurde
er 1764 zum kurbayerischen Hofmaler und Mitglied der Münchner Akademie
ernannt. Ein Jahr später heiratete er in Regensburg Katharina Faber.
Nepomuk arbeitete in Amberg, Regensburg und Reichersberg und ging dann
(auf der Flucht vor seinen Gläubigern) eine Zeit lang nach Siebenbürgen.
Ende der 1770er Jahre, also nach dem Tod des Vaters, kam er schließlich
zu seinem Bruder Ignaz in den Pfarrhof Egenburg und zog mit ihm um nach
Gräfelfing. In den Pfarrkirchen seiner letzten Stationen hat er jeweils
die Deckengemälde hinterlassen. Er starb 1798 im Alter von 65 Jahren.
Die Schöpfs
hatten auch in der Kirche von Egenburg
gemalt, deshalb weisen die Deckenfresken große Ähnlichkeit
auf. Die Stilrichtung wendet sich schon von Rokoko ab hin zur Frühklassik.
Typisch ist das ausgeprägte architektonische Formenrepertoire
(Scheinarchitektur) in den Gemälden, das für Oberbayern
eher ungewöhnlich ist.
Die Gemälde wurden 1889, 1933 und 1976 restauriert. 1933 wurde
auch die Decke des Anbaues (über der Orgel) durch Hans Pfohmann
im Stile der früheren Fresken ornamental gestaltet (siehe Bild
rechts). |
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Gemälde
im Altarraum
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Das Bild im Chorgewölbe
hat das Alte Testament zum Inhalt. In der Mitte ist Gott, in violettem
Gewand und gelbem Mantel auf einer Wolke thronend und von Engeln
umgeben, zu sehen. Er hält in der linken Hand ein Zepter und
hebt die rechte Hand segnend empor. Einer der Engel hält ein
Schild mit der Aufschrift "Jahwe".
An unteren Bildrand, über
dem Auszug des Hochaltars mit St. Michael, wird von Putten ein gemalter
Vorhang hochgestemmt. Der Vorhang ist zugleich die Unterlage für
die goldfarbene Bundeslade, die genau nach der Beschreibung in der
Bibel (Ex 25,10-22) gestaltet ist: außen und innen vergoldet,
mit Ringen und Stangen, einem goldenen Deckel und darauf zwei knienden
Cherubim, die ihre Flügel über die Bundeslade ausbreiten.
Über der Bundeslade sind
auf einer Wolkenbank Schaubrote aufgeschichtet, mit brennendem Weihrauch
auf dem obersten Brot (Lev 24, 5-7). Der Psalm 141 vergleicht den
aufsteigenden Rauch mit dem Aufsteigen des Gebetes
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Zwei Schriftkartuschen
links und rechts des Gemäldes erklären die Bedeutung des Bildes
mit Texten aus dem Psalm 102:
Links: Benedici te Domino omnes angeli eius (Preiset den Herr, ihr, seine
Engel)
rechts: Benedici te Domino omnes virtutes eius (Preiset den Herrn, ihr,
seine Tapferen)
Im oberen (westlichen)
Bildteil am Chorbogen stehen goldfarbene Gefäße, die zum
Trankopfer benötigt werden (Schöpfgefäße, Weihrauchpfannen
und Trinkschalen).
Engel tragen den goldenen siebenarmigen Leuchter (nördlich) und
schwingen ein Weihrauchfass (südlich).
Das Rauchfass entwickelte
sich erst in christlicher Zeit. Räucherungen im jüdischen
Kult wurden auf Räucheraltären vorgenommen. Wie dort soll
der aufsteigende Rauch Verehrung und Gebet bedeuten. In der Apokalypse
findet sich die Gleichsetzung des aus dem Rauchfass aufsteigen-den
Duftes mit Gebet und guten Werken. In der christlichen Kunst fehlt
das Rauchfass bei keiner Darstellung des Todes von Maria.
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Wandfresko im Altarraum
Johannes der Täufer in
gelbem Schurz und rotem Mantel sitzt unter einer Palme und spricht
zu einer Gruppe von Zuhörern.
Im rechten Arm hält
er den schräg auf die Erde gestützten Kreuzstab mit dem
Agnus-Dei-Spruchband daran. Mit dem linken Arm weist er in den Hintergrund,
wo Jesus auf die Gruppe zukommt.
Johannes der Täufer
(ein Verwandter Jesu) war Bußprediger am Jordan und taufte
dort auch Jesus. Später wurde er auf Wunsch der Herodias, der
Geliebten von Herodes und ihrer Tochter Salome, enthauptet. Mit
den Worten "Dieser ist das Lamm Gottes, das die Schuld der
ganzen Welt wegnimmt" hatte Johannes den Messias angekündigt
(Johannes 1,29). Deshalb
wird er in der Kunst häufig mit einem Lamm und mit dem Spruchband
"Ecce agnus dei" am Kreuzstab abgebildet.
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Deckengemälde
im Langhaus
Das
Langhausgemälde, das dem Vater Johan Adam Schöpf zugeschrieben
wird, stellt im Osten die drei göttlichen Tugenden, den Sturz der
aufrührerischen Engel durch den Kirchenpatron St.Michael und ein
Engelskonzert dar. Um die Fresken ist ein mächtiges Scheingewölbe
gemalt. Zwischen den Bildern rautenförmige Kassettenmuster mit blauen
Blüten, Engel, Schriftkartuschen und mit Agaven bepflanzte Vasen.
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Am
unteren (vorderen) Rand des Gemäldes zum Chorbogen hin, stehen
in einer Schriftkartusche die Worte "St.Michael ora pro nobis"
(Heiliger Michael bitte für uns).
Darüber halten Putten
das Wappen des Johannes des Täufers (siehe auch Bild auf der
Seite ganz oben) hoch.
Über dem Wappen sind
in einem halbrundem Fresko die drei theologischen Tugenden als Personifikationen
dargestellt:
In der Mitte thront FIDES (Glaube) mit Kreuz, Kelch, Hostie
und einem Buch (Apokalypse).
Links davon die Figur für SPES (Hoffnung) mit einem
Anker und rechts die CARITAS (Liebe) mit einem brennenden
Herzen.
Im Jahr 2004 ist ein Stück
Deckenfresko mit der Caritasfigur herabgestürzt und auf dem
Boden zerschellt. Die Kirche wurde daraufhin jahrelang saniert.
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Über den Tugenden ist das Heilig-Geist-Loch
von einem giebelbedeckten Schrein umgeben. Das Loch selbst ist mit den Buchstaben
"ihs" verziert. Fachleute glauben, dass das nachträglich
eingebaute Heilig-Geist-Loch Mitursache für die mangelnde Stabilität
der Decke ist.
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Hinweise: Die
drei Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe erhalten das Attribut göttlich,
weil die christliche Lehre davon ausgeht, dass sie nicht von Menschen
erbracht, sondern durch den Geist Gottes geschenkt werden. Dem Glauben
wird die Farbe Blau, der Hoffnung die Farbe Grün und der Liebe die
Farbe Rot zugeordnet.
Die Zeichen IHS sind übrigens griechische Buchstaben (das
H ist ein Eta) und bedeuten "JES"(us). Sie werden volkstümlich
auch als "Jesus, Heiland, Seligmacher" gedeutet.
Das sog. Heilig-Geist-Loch oder Pfingstloch in der Decke diente
wohl in erster Linie der Entlüftung der Kirche. An Pfingsten
(und an Christi Himmelfahrt) wurde es früher aber auch für
eine Art Schauspiel genutzt: Während des Gottesdienstes wurde
von oben entweder eine lebende weiße Taube freigelassen oder
eine hölzerne Taube als Symbol für den Hl. Geist an einer
Schnur hinuntergelassen. Auch brennende (Flachs-)Flocken ließ
man vom Pfingstloch aus in das Kircheninnere fallen; sie sollten die
Flammenzungen des Hl. Geistes symbolisieren. Der Brandgefahr wegen
war dieser Brauch umstritten.
Das Pfingstloch spielt auch in vielen alten Anekdoten eine Rolle,
so z.B: Statt der Taube kam die Stimme des Mesners aus dem Pfingstloch:
"Herr Pfarrer, den Heiligen Geist hat Katz gfressn". |
Das große Deckenfresko
im Langhaus
Zwei weiter Kartuschen
auf der Nord- und Südseite geben Hinweise zum Bildthema des
großen Deckenfreskos:
1. Mihael et angeli eius praeliabantur
cum dracone
(Michael und seine Engel kämpften gegen den
Drachen
- Apo, 12,7) und
2. Neque locus inventus est eorum amplius in coelo
(und es war kein Platz mehr für sie im Himmel
- Apo, 12,8).
Im eigentlichen Bild erscheinen
St. Michael und einige ihn begleitende Engel im oberen Bildteil.
Michael in Rüstung, mit Schild (Text: Wer ist wie Gott) und
gezogenem Schwert.
Sie stürzen sich auf Luzifer und seine Getreuen, die den unteren
Bildteil einnehmen. Luzifer selbst ist mit dem Gesicht noch dem
Michael zugewandt. Er liegt aber schon auf den stürzenden Leibern
seiner Kumpane; seine Flügel sind zu Fledermausflügeln
geworden. In seinem Arm hält er einen Pfau, das Sinnbild des
Stolzes.
Ganz unten ein geflügelter
grüner Drache im flammenden Höllenschlund.
Im Hintergrund beobachten
Engel auf Wolken entsetzt die Szene.
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Gemälde im Langhaus
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Engelskonzert
Über der Emporenbrüstung
ist ein Engelskonzert dargestellt. Ein Engel spielt Laute, ein anderer
ist ganz erschöpft vom Posaune-Spielen,
zwei weitere halten Notenbuch und Liedblatt und singen.
Auch dieses Gemälde
ist eingefasst von Schein-architektur mit agavenbepflanzten Vasen
und mit Putten.
Dieses Gemälde kann nicht
von Schöpf gemalt sein, weil es sich an der Decke des Verlängerungsbaus
von 1928 befindet. Es wurde zusammen mit dem Deckengemälde
des Vorbaus im Jahr 1954 von Georg Wirnharter (1921–2003)
aus Aichach erstellt. 06)
Der Maler war Lehrer an der Werkkunstschule Augsburg und später
Professor an der Fachhochschule Augsburg. Er lebte viele Jahre in
Diedorf bei Augsburg.
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Renovierungen
Schon 1875, 100 Jahre nach der Erstellung, fielen die ersten Deckenteile
herab. Gleiches geschah im Jahr 2004, als Teile des Deckenfreskos in den
Altarraum stürzten. Dies machte eine Generalsanierung der Gemälde
notwendig, die bis Januar 2008 dauerte. Die Kirche war während dieser
Zeit geschlossen. Experten machen den den Abriss der Westfassade bei der
Verlängerung des Kirchenschiffs 1928 und den nachträglichen
Einbau des Heilig-Geist-Lochs für die Instabilität verantwortlich.
Sie erwarten auch wegen des hohen Eigengewichts der Decke noch weitere
Abbrüche. 06)
zurück
zur Kirche St.Michael
Quellen:
01)
Georg
Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern IV: München
und Oberbayern, 1990
02)
Robert
Böck, Wallfahrt im Dachauer Land, Bd 7 der Kulturgeschichte des Dachauer
Landes,
1991
03)
Bauer/Rupprecht,
Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, 1996
04)
Dr.
Lothar Altmann, Die Hofmalerfamilie Schöpf im Amperland, Amperland
1999/4
05)
Dachauer
Nachrichten vom 14.1.2008
06)
Axtner/Liebert/Mittelhammer,
Chronik der Gemeinde Pfaffenhofen/Glonn, 2014
Bilder: Hans Schertl (6)
8.9.2019
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