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Klosterkirche Karmel in DACHAU


Adresse: 85221 Dachau, Alte Römerstraße 91
Lage auf der Landkarte...
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alle Kirchen und Kapellen in der Stadt Dachau
 
Beschreibung

Gründung des Karmel-Klosters

Das Sühnekloster "Karmel Heilig-Blut Dachau" an der Nordseite der KZ-Gedenk-stätte, zählt zu den jüngsten Klöstern in der Bundesrepublik. Es ist das zweite noch bestehende Kloster im Landkreis Dachau, neben Schönbrunn.

Das Dachauer Kloster wurde 1963 vom Karmel in Beuel-Pützchen aus gegründet. Die Schwestern gehören zum Orden der unbeschuhten Karmeliterinnen; unbeschuht bedeutet hier: strengere Regel und einfach-eres Leben.
.. mehr über den Orden ....

Die Karmeliterinnen haben das Kloster bewusst dort gegründet, wo 1933 das erste Konzentrationslager der Nationalsozialisten errichtet worden war. Es soll ein Ort des Erinnerns und des Gebetes für die mehr als 200.000 Menschen aus 38 Staaten und Nationen sein, die in Dachau inhaftiert waren und gelitten haben. 03)
Mehr als 41.500 12) von ihnen kamen im KZ ums Leben.
Die Schwestern beten jeden Tag, alle drei Stunden, beginnend um sechs Uhr morgens, für die Versöhnung. 09)

Schon 1945 war der Bau eines Sühneklosters geplant. Nach einem Bericht der Münchner Zeitung vom 28.Juli 1945 hatte Kardinal Faulhaber dem amerikanischen Oberbefehlshaber General Eisenhower den Vorschlag unterbreitet, auf der Stätte des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau ein Kloster zu errichten und dieses zu einem europäischen Wallfahrtsort zu machen. Doch die Amerikaner genehmigten das Vorhaben nicht.

Als der 37. Eucharistischen Weltkongress nach München vergeben wurde, entstand im ehem.Lager zunächst die Todesangst-Christi-Kapelle, ein sich nach vorne öffnender Rundbau über dessen Öffnung eine mächtige geschmiedete Dornenkrone schwebt. Die Kapelle versinnbildlicht den Turm der Gefangenschaft, den das Kreuz Christi durchbricht. (Weihe 1960; Entwurf: Architekt Prof.Josef Wiedemann) 03).

Den Anstoß zur tatsächlichen Gründung des Klosters Karmel Dachau gab die Priorin des Karmels St. Josef in Beuel-Pützchen bei Bonn, Mutter Maria Theresia. 03) Sie wollte sich ganz in den Dienst der Versöhnung "an dieser Stätte der Gewalt" einbringen, zusammen mit einer Gruppe von Schwestern, die diese Aufgabe übernehmen konnten. In einem Brief an den Erzbischof von München Julius Kardinal Döpfner schrieb sie:
  "Dachau wird in der ganzen Welt als Inbegriff der Konzentrationslager angesehen. Sein Name wird immer mit den furchtbarsten Gräueln der Menschheit verbunden bleiben. Ein Ort, wo so gefrevelt wurde, wo so viele Menschen Unsagbares gelitten haben, dürfe nicht zu einer neutralen Gedenkstätte oder gar einem Besichtigungsort erniedrigt werden. Es sollte stellvertretende Sühne geleistet werden durch das Opfer unseres Herrn Jesus Christus und verbunden damit durch das Opfer und die Sühne von Menschen, die sich diesem leidenden und sühnenden Herrn in Liebe und Gehorsam anschließen. Der Orden des Karmels ist in besonderer Weise zu opferndem und sühnendem Gebet berufen." 04)

Auch den Namen "Heilig Blut", wählte die Gründerin, Schwester Maria Theresia von der gekreuzigten Liebe (Dr. Berta Vorbach) selbst. In ihm kommt die Verbundenheit mit dem Widerstandskämpfer P. Alfred Delp zum Ausdruck, der in der Pfarrei Heilig Blut in München Bogenhausen wirkte und am 2. Februar 1945 in Berlin Plötzensee hingerichtet wurde. 14)

Am 1. August 1962 stimmte Kardinal Döpfner der Gründung eines Klosters zu und legte die Leitung des Vorhabens in die Hände von Weihbischof Neuhäusler (1888-1973), der selbst Häftling im KZ war 04). Dieser gewann für den Bau der Klosteranlage den Architekten Josef Wiedemann (1910-2001) von der Technischen Hochschule München, der -wie erwähnt- bereits die "eindrucksvolle" Todesangst-Christi-Kapelle geplant hatte. Neuhäusler schreibt: 04)
     "Mit ebenso viel Liebe wie Eifer suchte der zuallererst in die Ideenwelt des Karmels einzudringen. Seinem Plan gab er u.a.
      folgende Erklärung mit: 'Das rechte Haus für den Karmel in Dachau suchten wir auf zwei Wegen. Der eine führt über die
      Ordensregel, der andere geht über die Ordensgeschichte zurück zu seinem Ursprung".
Unterstützt wurde Wiedemann von Dipl.Ing. R.Ehrmann und Dipl.Ing.O.Peithner
. 03)

Pfarrer Lechner von der Pfarrei Dachau-Heilig Kreuz, ein großer Förderer des Kloster, war "Chartrenser" und hatte gute Kontakte zu Frankreich. Diese Deutsch-Französische Freundschaft sollte in einem Projekt zum Ausdruck kommen, das im Juli 1966 auch Wirklichkeit wurde. Auf dem noch unbearbeiteten großen Klostergelände errichteten Jugendliche der Pfarrei Hl. Kreuz zusammen mit einer französischen Jugendgruppe, nach Plänen von Prof. Josef Wiedemann eine Hütte, eine "quasi" Einsiedelei für die Schwestern. 14)

Die Karmelitinnen leben in strenger, lebenslänglicher Klausur. Die acht Quadratmeter 09) großen Zellen sind als Einzelzellen in Form kleiner Häuschen wie Einsiedlerhütten konzipiert, die an die erdgeschossigen Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers erinnern sollen. 11)
Architekt Wiedemann bemerkte zur Anordnung und Gestaltung der Räume 04):

   "Die Zelle, die Hütte der Einsiedlerin, ist die Grundgestalt. Das Kleine Giebeldach der Zellen hebt
    sich bei den Gemeinschaftsräumen zur doppelten Höhe und zur dreifachen über dem Chor. Auf
    dieser Höhe sitzt der Glockenständer für zwei Glocken. Die erdgeschossigen Zellen mit ihrem
    Giebeldach erinnern an die erdgeschossigen Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers.
    Die Zellen lagern sich um den Altar, wie eine Herde um ihren Hirten...".

Die Schwestern sind verpflichtet, sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. In der Satzung des Ordens heißt es: "Es soll gewissenhaft darauf geachtet werden, was in der Regel vorgeschrieben ist, nämlich dass derjenige, welcher essen will auch arbeiten soll, wie es der hl.Paulus getan, der mit eigenen Händen gearbeitet hat. Eine jede bemühe sich, so zu arbeiten, dass sie damit auch für die anderen einen Lebensunterhalt verdiene". 03)

"Ihr sollt irgend eine Arbeit verrichten, damit der Teufel euch immer beschäftigt antreffe und eure Untätigkeit ihn nicht einen Zugang zu euren Seelen finden lasse." 04)
In Dachau fertigen die Schwestern Paramente (Liturgi-sche Gewänder), Ikonenbilder, Rosenkränze, Decken u.ä. Auch ihre Nahrungsmittel erzeugen sie, soweit dies mög-lich ist, im eigenen Garten. Zwei Weiher, die aus den Baugruben entstanden sind, dienen der Karpfenzucht. Die Ordensregel verbietet den Schwestern den Genuss von Fleisch. 03)
Kerzenmanufaktur
Ikonenmalerin
Vergolder

Bau des Klosters 1963/64

Mit dem Bau des Sühneklosters, zu dem Neuhäusler am 28. April 1963 den Grundstein gelegt hatte, waren erhebliche Schwierigkeiten verbunden. Zum einen musste Prof. Wiedemann dem kontemplativen Leben der Schwestern eine äußere Gestalt geben. Über 70 Briefe in der Zeit zwischen November 1962 und November 1964 zeugen von dem mühevollen, am Ende aber erfolgreichen Ringen, am Ende aber von einer architektonisch gelungenen Vollendung.
11)

Zum anderen gab es technische Probleme: Der Baugrund, der für die Anlage vorgesehen war, erwies sich als wenig tragfähig. Ursprünglich bestand nämlich an dieser Stelle eine Kiesgrube, Teil des sogenannten "Wildparks", wo ein von allen Häftlingen gefürchtetes Strafkommando eingesetzt war 06). Der Grundwasserspiegel, der hier nur 1,20 Meter tief liegt, erschwerte den Technikern noch zusätzlich die Lage. Sie waren deshalb gezwungen, die Fundamente bis zu einer Tiefe von 7,80 Metern in das Erdreich einzulassen. Noch während des Klosterbaus siedelte Berta Vorbach mit fünf Schwestern aus dem Karmel in Pützchen nach Dachau über; sie halfen dort den Maurern als Handlangerinnen bei der Arbeit. 06)

Dank der Mithilfe der Nonnen auf der Baustelle konnte Neuhäusler das Karmelitinnenkloster bereits am 22. November 1964 in Anwesenheit von Kardinal Döpfner einweihen. Von der Nachfeier gibt es einen Zeitungsbericht; lesen Sie hier...
Der ersten Oberin blieb jedoch nicht mehr viel Zeit für die Aufgabe, die sie sich gestellt hatte. Sie starb schon am 10. März 1970 und fand als erste auf dem Friedhofshügel des Klosters ihre letzte Ruhe. Weihbischof Neuhäusler wurde 1973 in der Klosterkirche beigesetzt.

Architektonisches Konzept 03)

Die Grundmaßeinheit ist die einzelne Zelle. Die Regel der Karmelitinnen schreibt vor, dass jede in einer eigenen Zelle wohne. Die großen gemeinsamen Räume sind das Doppelte dieser Maßeinheit, die Mitte der Chor das Dreifache an Grund- und Aufriss. Die Zellen sind zum ehem.Lager hin ausgerichtet. Da ein Karmelkloster höchstens 21 Schwestern haben darf, beträgt die Zahl der Zellen 21. Zwischen den Zellen verläuft ein langer, breiter Gang mit rotem Steinboden, grauer Betondecke und kalkgeschlämmten Wänden. Durch die leichte Staffelung der Zellen wird seine Tiefenwirkung belebt und strömt eine befreiende Weite und zugleich tiefe Geborgenheit aus" schreibt Bischof Neuhäusler.

Architekt Josef Wiedemann gab der Anlage die Form des Kreuzes. Er erläuterte sein Konzept wie folgt:
 

"Diese Zellen lagern sich um den Altar wie eine Herde um ihre Hirten. Das Ganze wächst zusammen zu einer Gestalt: Die Zellen sind die Arme; der Kreuzgang das Haupt; die Kapelle mit dem Chor der Leib; der Opferaltar mit dem Tabernakel das Herz; Pforte und Pfarrhaus die Füße, welche die Lagermauer berühren. Die Gestalt ist das Kreuz". 03),   04)

Zum Plan rechts:
Die Fortsetzung der ehemaligen Lagerstraße bildet den langen Kreuzesbalken.
Die Zellen der Schwestern sind die Querbalken (2)
der Kreuzgang das Haupt (3)
die Kapelle der Leib, der Altar mit dem Tabernakel das Herz (4)
Die Pforte und das Pfarrhaus die Füße, die die Lagermauer berühren
(5)

Auf der (auf diesem Plan nicht dargestellten) Ostseite umschließen die Zellen einen Bibliotheksgang, den Klausurgang und einen kleinen Innenhof. Zwischen Kloster und ehemaligem Lager sind Pfortenhaus und Pfarrhaus mit eigenem, umgrenztem Garten angelegt.


Kreuzgang

Um einen kleinen Innenhof im Norden der Kirche befindet sich der Kreuzgang. Die Bezeichnung Kreuzgang hat ihren Ursprung darin, dass hier Prozessionen begannen, denen ein Kreuz vorangetragen wurde. Dort beten die Schwestern -jede für sich- täglich einen Kreuzweg. Mit der Begründung, sie wolle "Jesus das Kreuz nachtragen", war die 1998 heiliggesprochene Edith Stein im Oktober 1933 unter dem Ordensnamen "Teresia Benedicta vom Kreuz" in den Karmelorden eingetreten.



W
achtturm

Der Weg von der Gedenkstätte zum Kloster führt durch einen Wachtturm der ehemaligen Lagerbefestigung.
Dort ist in einem Schaukasten ein kleines "Museum" eingerichtet, in dem Erinnerungsstücke aus der Priesterbaracke des Konzentrationslagers zu sehen sind:
Auf dem Wachturm ist das Wappen des Karmels angebracht. Es soll vor allem den einsamen, steilen Weg der Vereinigung des Menschen mit Gott, der nur durch das Kreuz zum Ziele führt, versinnbildlichen. 03)

Im Schaukasten sind verschiedene liturgische Geräte und Gewänder aus der Barackenkirche im KZ (Baracke 26) zur sehen.


Auf ihm stehen die Lagermonstranz, aus Holz und Blech 04)
gefertigt (von Pater Karl Schmidt) und ein
Tabernakel. Dessen mit Metall beschlagene Türe ist in sechs Felder gegliedert. In das Metall sind Texte in Treibarbeit (durch Hämmern von der Rückseite) eingefügt: "ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE". Dieser Tabernakel war heimlich in Wohnbaracken aufgestellt; er befand sich nicht in der Kapelle der Priesterbaracke.
08)

Die Häftlinge hatten drei dieser Monstranzen erstellt. Zwei befinden sich noch in Dachau, eine haben die polnischen KZ-Häftlinge nach dem Krieg mit nach Tschenstochau mitgenommen. 04)



Messgewand von Bischof Piquet


Karl Leisner
Im Schaukasten ausgestellt ist auch ein Messgewand (Kasel-Foto) und eine Dalmatik, die bei der Priesterweihe Karl Leisners am dritten Adventssonntag, dem 17. Dezember 1944 von Bischof Gabriel Piquet (französischer Mithäftling, Bischof von Clermont) getragen wurden:
Eine Woche später, am 2.Weihnachtsfeiertag 1944 feierte Karl Leisner seine erste und letzte heilige Messe. Das Messgewand, das er dabei trug, ist auch noch erhalten. Es soll sich nach Aussage von Ludwig Schmidinger 13)
in Xanten befinden. Erzbischof Reinhard Kardinal Marx trug es beim 70. (17.12.2014) Jahrestag der Priesterweihe von Karl Leisner beim Gottesdienst in der Kirche Heilig Kreuz.
Bei der heimlichen Priesterweihe war Karl Leisner bereits todkrank und zu schwach um noch einmal eine Messe lesen zu können. Er starb acht Monate nach seiner Priesterweihe und drei Monate nach seiner Befreiung durch die Amerikaner am 12.8.1945. Seine letzte Tagebucheintragung lautete: "Liebe - Sühne! Segne auch, Höchster, meine Feinde!". 03)
Karl Leisner wurde am 12.1.1996 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
.. mehr über sein Leben von finden Sie hier...

Neben dem Messgewand sind auch der Ring, das Brustkreuz, der Bischofsstab und die Mitra zu sehen, die der Mithäftling Bischof Piquet bei der Priesterweihe trug. Ring und Brustkreuz hatten Gefangene gefertigt, die in den Messerschmitt-Werken Zwangsarbeit leisten mussten. Den Bischofsstab mit den darauf geschnitzten Worten "victor in vinculis" ("Sieger in Fesseln") schuf der Trappistenpater Spitzig, die Mitra ein Bruder des Oblaten-paters Durand 04).

Der frühere Altar aus der Barackenkirche im KZ war ebenfalls jahrelang im Wachturm untergebracht. Um 1970 entnahm man das Herzstück des Altars in einer Größe von 45 Quadratzentimetern und arbeitete es als Portatile in den neuen Altar der Klosterkirche Karmel ein. Der Altar selbst fand ab 12.Sept.1980 seinen endgültigen Platz im Priesterhaus Berg Moriah von Schönstatt (bei Koblenz).


Vorplatz

St.Josef

Zwischen Wachturm (im Süden), Kirche (im Norden), Pfarrhaus (im Westen) und Klosterpforte (im Osten) liegt der gepflasterte Vorplatz. An seiner Westseite ist eine hohe Steintafel mit dem Relief des hl.Josef befestigt.
Der Heilige hält eine Lilie in der Hand. Diese Blume ist in der christlichen Ikonografie Sinnbild für Reinheit und Keuschheit. Die eingravierte Inschrift lautet: "Hl.Josef, bitte für uns und die Sterbenden dieses Tages (und) dieser Nacht". Seit der Barockzeit wird Josef als Schutzpatron der Sterbenden verehrt. Grund dafür ist, dass die Bibel Josef -anders als Maria- während des öffentlichen Wirkens Jesu nicht mehr erwähnt; deshalb geht man von einem frühen Tod aus.
Das Steinrelief wurde -wie eine Inschrift daneben aussagt- von den niederländischen Katholiken gestiftet im Andenken an Prof. Dr. Titus Brandsma und alle anderen Holländer. Prof.Brandsma war ein niederländischer Philosoph, Theologe und Karmelit, der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus in den Niederlanden aktiv war. Er starb im am 26.Juli 1942 im KZ Dachau. Im November 1985 wurde er von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

Brunnen

Vor dem Eingangsportal der Kirche steht ein etwa 80 cm hohes zylindrisches Weihwasserbecken aus Stein. Seine Frontseite ist mit einem Metallkreuz geschmückt.

Kirchengebäude

Das Kirchengebäude ist dem Stil der Baracken im Konzentrationslager angeglichen. Es hat wie die umliegenden Gebäude, ein relativ flaches Satteldach, aus dem sechs hohe Lichtschächte herausragen.

Glocken

Auf das Kirchendach ist ein offener Dachreiter bzw. Ständer gesetzt, in dem drei Glocken hängen. Im Plan von Kloster und Kirche waren nur zwei Glocken vorgesehen 04).

Die große Glocke ist dem Patronat Blut Christi gewidmet (mit der Inschrift: "Selig, die ihre Kleider waschen im Blute des Lammes"). Sie ist ein Geschenk der Dachauer Pfarreien. 01)

Die mittlere Glocke, eine Stiftung des Konsuls Holzmüller, ist auf die Namen Maria und Theresia 03)
getauft (Inschrift: "Alles vergeht, nur Gott besteht" 01) ).

Die kleinste der drei Glocken stammt aus dem Münchner Gefängnis Stadelheim, wo ihr Toten-geläut die Menschen, die zur Hinrichtung geführt wurden (z.B die Geschwister Scholl am 22. Februar 1943), auf dem letzten Weg begleitete. Sie ist ein Geschenk von Domkapitular Delagera, dem einstigen Gefängnispfarrer und trägt die Namen "Michael und Josef". 01)   Mit diesem Glöckchen läuten die Karmelitinnen täglich um 3 Uhr zum Gebet für alle Sterbenden und um 18 Uhr nach dem Angelus
  für alle Verstorbenen. 06)   Beide Glockenpatrone sind Sterbepatrone; Josef für einen guten Tod, Michael als himmlischer Begleiter in das Paradies. 03)

Innenraum

Oratorium


Oratorium

Vom Kreuzgang führt ein langer breiter Zellengang mit rotem Boden und grauer Betondecke, der sog. Anger, zur Kirche, die in ihrem Baustil den Baracken angeglichen ist. Dort mündet er in das Oratorium. Dieser Raum, der in anderen Kirchen den Altarraum oder Chorraum bildet, ist vom allgemein zugänglichen Kirchenraum durch ein Gitter getrennt.
Nach der Ordenssatzung solle "das Oratorium aufs Passendste in der Mitte zwischen den Zellen gebaut werden. Da sollt ihr (= die Schwestern) euch an jedem Tag des Morgens versammeln, um der Feier der Messe beizuwohnen, wenn dies leicht geschehen kann". 04)

Das Oratorium ist deshalb den Ordensschwestern vorbehalten. Sie haben dort ihre Plätze, von denen aus sie an der hl.Messe teilnehmen können. Dabei wird der am Gitter angebrachte Vorhang zurück-gezogen um den Blick auf den Altar zu ermöglichen 03); während des Sonntagsgottesdienstes ist dieses Gitter geöffnet, damit die Menschen von außen in Kontakt mit den Schwestern treten können.
Hier im Oratorium verbringen die Schwestern auch viele Stunden des Gebets für die Anliegen der Kirche und der Welt und beziehen die Menschen mit ein, die ihre Sorgen und Probleme aufschreiben und die Zettel in den sog. Anliegenkasten werfen. Die Schwestern beten dann dafür. 09)

Kardinal Marx predigte bei der 50-Jahr-Feier am 23.11.2014: "Versöhnung und Sühne werden nur möglich, wenn ich mich vom Leid der anderen bewegen lasse, vom Leid des anderen her denke. Genau das leisten die Schwestern im Karmel jeden Tag".
10)

 

Kirchenschiff

Der für Besucher zugängliche Kirchenraum (Kirchenschiff) ist sehr schlicht und einfach gestaltet. Kein Beiwerk soll den Besucher vom Ge-schehen auf dem Altar oder von der Verehrung der Reliquie des Kostbaren Blutes ablenken.

Die ca. 2 Meter hohen Mauern sind aus Klinkersteinen in Sichtbauweise errichtet.
Der Gesamteindruck wird aber durch das gewaltige Satteldach mit lamel-lenartigen Lichteinlässen bestimmt. Das Dach überdeckt in einer Konstruktion Kirchenschiff u. Oratorium.

Für viele Kirchenbesucher wirkt die Architektur bedrückend. Doch es gibt auch andere Empfindungen.
Die Journalistin Anna-Sophia Lang schrieb 2014: "In der Kirche ist es kühl, aber einladend. Die Lampen, die von der Holudecke mit den großen Fenstern hängen, verstrah-len warmes Licht. Man fühlt sich willkommen, aufgenommen, geht nicht in Weite und Pomp verloren. Der Ort lässt einen genau das spüren, was am Ende des Tages als Essenz dieses 50.Jubiläums zurückbleibt: Freundschaft u. Versöhnung". 10)

ApostelleuchterApostelleuchterAltarReliquienschrein und KreuzApostelleuchterMadonnenfigur

Für die Kirchenbesucher endet dieser Kirchenraum am ca. zwei Meter hohen handgeschmiedeten Eisengitter. Geschmiedet wurde es von Manfred Bergmeister aus Ebersberg 07) nach Plänen von Blasius Gerg. Bei dieser Konstruktion, die von schlichten Flechtzäunen abgeleitet ist, weisen die horizontalen Metallbänder wechselweise einmal oben und dannn wieder unten herausge-schnittene Streifen auf, die jeden zweiten vertikalen Stab umschlingen.
...mehr zu Bergmeister...

Weihbischof Dr.Neuhäusler schreibt im 1965 herausgegebenen Bildheft: 03) "Das Gitter trennt in seiner eindringlichen Lebendigkeit die Schwestern in ihrer freiwilligen Gefangenschaft der Liebe von der Außenwelt. Der durchgehende freie Raum unter der Decke ist Zeichen für die Gemeinschaft der Schwestern mit den Gläubigen beim heiligen Opfer und versinnbildlicht die Einheit aller Gläubigen in Jesus Christus".

Altar

Vor dem Gitter steht der Altar, ein großer Steinblock, der als moderner Zelebrationsaltar gestaltet ist. Der Priester feiert zum Volk gewandt die hl.Messe. Es war einer der ersten Altäre, der die Intentionen des II.Vatikanischen Konzils verwirklichte. In die Altarplatte aus Nagelfluh ist das Herzstück des ersten Lageraltars in der Baracke 26 (Größe 45 qcm) eingelassen. Bischof Neuhäusler schrieb dazu 1970: "Es kann nun jeder KZ-Priester, der auf diesem Altar zelebriert hat und wieder nach Dachau kommt, auch wieder auf dem Altar des Priesterblocks zelebrieren".
.
Hinter dem Altar ist der Tabernakel an der Mittelstrebe des Eisengitters angebracht. Er besitzt eine glatte Schauseite und ist -als einer der wenigen Einrichtungsgegenstände- vergoldet. Der Tabernakel ist von beiden Seiten aus zu nutzen, d.h. seine (jeweils zweiflügeligen) Türen öffnen sich in den Kirchenraum und in den Schwesternchor hinein. 13)
Über dem Tabernakel ist -immer noch als Teil der Gitterkonstruktion- ein gleichschenkliges Kreuz im Kreis zu sehen. Die Kreuzbalkenenden und die Mitte sind vergoldet; ein Hinweis auf die fünf Wunden Christi am Kreuz. Das Kreuz ist ein Werk von Bildhauer Blasius Gerg (1927-2007). 03)


A
postelleuchter

An den Wänden des Kirchenschiffs sind die 12 Apostelleuchter aus Schmiedeeisen befestigt. Sie erinnern an das in der Apokalypse (21,14) beschriebene himmlische Jerusalem, dessen Mauern auf zwölf Grundsteinen mit den Namen der zwölf Apostel errichtet sind. Die Kirche sieht sich als Vorläuferin des himmlischen Jerusalems. An den Apostelkreuzen wurde die Kirche bei ihrer Weihe mit Chrisam gesalbt. An hohen Festen werden die Apostelkerzen angezündet.


Madonnenfigur 05)

An der linken Seitenwand steht in einer Nische eine schlichte, 110 cm große Marienstatue (Unsere Liebe Frau von Dachau), die früher ihren Platz in der Baracke Nr. 26 (Priesterbaracke) des Konzentrationslagers Dachau hatte.
Diese Figur stammte aus dem von den Nazis aufgelösten Breslauer
Kloster der Salvatorianer und kam 1943 von der Hauskapelle in Jugendorf /Sudetenland ins Konzentrationslager Dachau. Die SS-Lagerleitung hatte eine einfache künstlerische Ausstattung der Priester-baracke zugelassen; denn sie benutzte diesen Raum
als Vorzeigeobjekt, um offiziellen Besuchern zu demons-trieren, wie gut die Priester im KZ behandelt würden.



KZ-Madonna

Die Figur wurde Mittelpunkt eines Marienaltars. Die Lagermadonna spendete, wie die Häftlinge später er-zählten, Trost in schwerster Zeit:
"Es ist Maria, die auf der Flucht nach Ägypten, also in der Verfolgung, in der Verbannung, das göttliche Kind als Inbegriff allen Trostes an das Mutterherz drückt. Zu diesem Marienbild fühlten wir uns immer wieder hinge-zogen. Dieser mütterlichen Frau konnten wir allen Kum-mer, unsere leibliche und seelische Not anvertrauen."
Der Benediktinerpater Dr.Schwake, der Schöpfer der Dachau-Messe, widmete der Dachauer Madonna für das Fest Mariae Himmelfahrt ein Marienlied ("Regina Pacis: Ave Domina serena") und im Oktober 1944 das Gedicht (Maria Rast):

Du, Maria, gib uns Rast.
Wir sind vom Wandern müde,
tragen schwer des Kreuzes Last.
Wo ist noch Ruh und Friede ?
Sei der Pilgerschaft zur Seit',
daß wir recht geh'n allezeit,
O Maria.
Du, Maria, gib uns Rast.
Wir sind vom Krieg verwundet.
Angst und Trauer uns erfaßt,
ob Leib und Seel' gesundet.
Send herab der Engel Heer
Deinem Volk zu Schutz und Wehr,
O Maria.
Du, Maria, gib uns Rast.
Wenn einst wir sollen scheiden.
Nimm die Seele auf als Gast,
Empor in Himmels Freuden.
Ew'ge Rast in Jesu Reich,
dorthin führ'uns allzugleich,
O Maria.

Nach der Befreiung des Konzentrationslagers (am 30.April 1945 -durch amerikanische Soldaten) wurde die Figur im Dachauer Pfarrhaus aufbewahrt. 1955 überführten 130 ehemalige Priesterhäftlinge die Madonnenstatue im Rahmen einer Gedenkstunde zur
10-jährigen Wiederkehr der Befreiung in einer feierlichen Prozession in die Pfarrkirche St.Jakob. Später stellte man die Figur in der neu erbauten Kirche Heilig-Kreuz in Dachau-Ost auf, bis sie 1964 wieder auf das Gelände des ehem. KZs, in die neu gebaute Karmelkirche zurückkehrte.
Die ursprünglich dunkelbraune Fassung der Figur wurde abgebeizt bzw. abgeschliffen. Nun ist die Statue im natürlichen, aber sehr dunkel wirkenden Holzton zu sehen.

Die Kirche steht unter Denkmalschutz und ist im Denkmalatlas des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und in der Liste der Baudenkmäler in Dachau 15) eingetragen
  "Alte Römerstraße 91. Karmelitinnenkloster Heilig Blut Dachau, Anlage aus erdgeschossigen Putzbauten mit Satteldächern in Sichtbeton um fünf Höfe. Kirche, Kreuzgang und Klosterzellen auf kreuzförmigem Grundriss, 1963/64 von Josef Wiedemann mit Rudolf Ehrmann, Erweiterung um Innenhof mit Meditationshalle, 1976; mit Ausstattung. nachqualifiziert Nr. D-1-74-115-124 "

Hans Schertl

Quellen:
01) Weihbischof Dr. Joh. Neuhäusler, Glockenweihe im Carmelkloster, Dachauer Nachrichten vom 16.11.19??
02) Dachauer Nachrichten - Ende November 1964 (Tischreden)
03) Weihbischof Dr. Joh. Neuhäusler, Karmel Heilig Blut Dachau, Verlag Zebhauser, München, 1965
04) Weihbischof Dr. Joh. Neuhäusler, Flyer Kapellen Todesangst Christi und Karmelkloster, v. 22.3.1963
05) Eleonore Philipp, Die vergessene Gnadenmutter, Zeitschrift Amperland 2000/1
06) Das Unbegreifliche begreifen -Rundgang durch die KZ-Gedenkstätte Dachau,  Museumspädag.Zentrum Mch, 1995
07) Dr.Lothar Altmann, Kunstschmiedearbeiten Manfred Bergmeisters im Amperland, Amperland 2002/4 (Vita)
08) Hans-Karl Seeger, Der Dachau-Altar in der Lagerkapelle des KZs, IKLK, Rundbrief 2005/2 (Tabernakel)
09) Regina Peter, 50 Jahre Beten für Versöhnung, Dachauer Nachrichten vom 22./23.11.2014
10) Anna-Sophia Lang, Freundschaft und Versöhnung, Süddeutsche Zeitung vom 24.11.2014
11) Internetseite des Karmelklosters Dachau, Zugriff Jan. 2018
12) Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau, herausgegeben von der KZ-Gedenkstätte Dachau 2011.
     Dort auf Seite 9: "Von 33.205 Todesopfern konnten die Namen ermittelt werden. Unbekannt bleiben 8.300 Menschen, die
     zwischen 1933 und 1945 im KZ Dachau und den Außenlagern zu Tode kamen." - recherchiert v.Ludwig Schmidinger, Dachau
13) Ludwig Schmidinger Bischöfl. Beauftragter für KZ-Gedenkstättenarbeit in der Erzdiözese München u.Freising, 18.11.2020
14) Kreuzschnabel, Pfarrbrief der Gemeinde HeiligKreuz, Dachau, April 2014 (Grußwort Schw. Irmengard Schuster OCD)
15)
Liste der Baudenkmäler -Regierungsbezirk Oberbayern Landkreis Dachau Große Kreisstadt Dachau

22 Bilder:  Hans Schertl

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

5.2.2023

Orden 03)

Der Karmel-Orden ist ein Orden, dessen Mitglieder sich der Kontemplation (Anbetung) und dem Apostolat (Verkündigung) widmen.
Er ist einer der wenigen Orden, die keinen eigentlichen Gründer haben. Entstanden ist er aus einer Vielzahl von Einsiedlern, die gegen Ende des 12.Jh als Kreuzfahrer, Pilger oder Büßer ins Heilige Land gekommen waren und sich in den Höhlen des Karmel-gebirges bei Haifa niedergelassen hatten. Später schlossen sie sich zu einer Gemeinschaft zusammen und ließen sich 1209 von Albert, dem Patriarchen von Jerusalem eine Regel geben. Vorbild des Karmelitenordens ist der Prophet Elias, der nach alttesta-mentlicher Überlieferung vor fast zweitausend Jahren im Karmelgebirge gelebt hatte. 1452 wurde der weibliche Zweig der Karmelitinnen gegründet.
Im ausgehenden Mittelalter teilte sich der Orden in die beschuhten und unbeschuhten (= mit strengerer Regel und einfacherem Leben) Karmelitinnen. Das Kloster in Dachau gehört zu den unbeschuhten Karmelitinnen. Ihre prominentesten Vertreterinnen sind Teresa von Avila (1515-82) und Edith Stein (1891-1942). Da die Regel vorsieht, dass in einem Karmel (Kloster) nicht mehr als 21 Schwestern leben sollen, kam es zu vielen Neugründungen.

Die Schwestern hatten früher keinen Kontakt zu Personen außerhalb des Klosters. Die Klosterbereich war über die Klausur hinaus durch ein dichtmaschiges Holzgitter abgetrennt. "Gerade mal eine Hand hat durch die Löcher gepasst". Ende der 1960er Jahre, also kurz nach Gründung des Klosters, entfernte man in Dachau das Gitter. 09)


Einweihung des Klosters
- Tischreden
-
Dachauer Nachrichten - Ende November 1964 03)

Dachau - Nach der feierlichen Weihe des Sühneklosters "Karmel Heilig Blut" kamen die Ehrengäste zu einem gemeinsamen Mittagessen in der Zieglergaststätte zusammen, wozu der Weihbischof eingeladen hatte. Zur Rechten von Kardinal Döpfner saßen Ministerpräsident Goppel und Innenminister Junker, zur Linken Staatsminister Dr.Dr.Hundhammer, die Gattin des Ministerpräsidenten und der ehemalige Kultusminister Dr.Schwalber. Hohe geistliche Würdenträger, darunter ein amerikanischer Militärgeistlicher im Range eines Generalobersten, waren gleichfalls gekommen. Als Vertreter des Landkreises nahmen Landrat Dr.Pestenhofer und als Vertreter der Stadt Dachau die beiden Bürgermeister Böck und Hällmayr teil.

Der Weihbischof schilderte noch einmal den Werdegang des Klosters bis zur Weihe. Er dankte allen, die am Bau mitgeholfen hatten, dabei auch den Ordensfrauen, die unermüdlich mitschafften, obwohl sie zum Teil die Doktorenwürde erlangt hätten. Besonders würdigte er Professor Wiedemann und den Architekten Oswald Peinthner. Dr.Neuhäusler bat dann aber auch noch um weitere finanzielle Unterstützung. Als ganz besonderen Gönner hob er den Generaldirektor der Maxhütte hervor, sowie die Schwestern und die Verwaltung von Schönbrunn. Dann übermittelte der Weihbischof seinen Dank allen am Bau beteiligten Firmen, allen voran Bauunternehmer Otto Reischl. Er sagte ihnen allen seine Anerkennung für die ausgezeichnete Qualitätsarbeit, die sie geleistet hätten.

Ministerpräsident Goppel verwies darauf, dass der Orden der Karmelitinnen schon immer eine bedeutende Rolle gespielt habe, jetzt aber würde er mit der Inbesitznahme des Sühneklosters in Dachau die Betreuung des besten Mahnmals übernehmen, das je zur Erinnerung an eine bittere Vergangenheit errichtet wurde. Goppel erinnerte daran, dass aber das Kloster "Karmel Heilig Blut" doch wohl in erster Linie ein Verdienst des Münchner Weihbischofs sei und sprach die Hoffnung aus, es möge den Schwestern durch die Kraft des Gebetes gelingen, dass es nie mehr zu solchen Exzessen käme, wie sie sich in Dachau zugetragen hätten

Mit einem Dankgebet hob der Kardinal dann die Mittagstafel auf.
Im Laufe des Sonntags suchten bis zu den Nachmittagsstunden viele Hunderte Gläubige aus der Stadt, dem Landkreis und der nahen Landeshauptstadt München das Sühnekloster auf, um es zu besichtigen und im stillen Gebet in der Kirche zu verweilen.