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Wallfahrten und Kreuzgänge der Dachauer

Wallfahrten gehören schon seit Jahrhunderten zu den beliebten geistlichen Übungen der bayerischen Bevölkerung. "Das bairisch Volk … ist geistlich, schlecht und gerecht, geht, läuft gern kirchferten, hat auch viel kirchfart." schreibt um 1530 der Geschichts-schreiber Johannes Thurmair alias Aventinus (aus Abensberg). 07) Darin spiegeln sich die Verhältnisse vor der Reformation wieder, denn viele Wallfahrten entstanden im 15. oder zu Beginn des 16. Jh. Zwar hat sich Luther heftig gegen das Wallfahrts-wesen sowie die Heiligen- und besonders die Marienverehrung gewandt. Doch im katholisch gebliebenen wittelsbachischen Baiern führte dies zu keinen Einbußen. Die Worte Luthers bewirkten eine gegenteilige Reaktion der bayerischen Herzöge, die im Zuge der Gegenreformation das Wallfahrtswesen sogar förderten.

In den alten Unterlagen wird nur selten zwischen Wallfahrten und Bittgängen bzw. Kreuzgängen unterschieden. Meist werden sie dort "processio" genannt.
Wallfahrten hatten in der Regel eine Wallfahrtskirche zum Ziel, die aufgrund einer Wundertat erbaut wurde. Die Menschen kamen oftmals einzeln mit ihren Gebrechen und Alltagssorgen zu den Gnadenorten und erhofften sich dort Trost und Hilfe. Oder sie wollten ein religiöses Gebot, eine Buße oder ein Gelübde durch eine Wallfahrt zu weit entfernten Orten (Jerusalem, Rom, Santiago) erfüllen.
Kirchfahrten oder Kreuzgänge werden Prozessionen von Dorf- und Pfarrgemeinden genannt, die meist zu näher gelegenen Wallfahrtsorten führten.
Bittgänge sind Prozessionen durch die umliegende Feldflur, mit denen die Teilnehmer um gutes Wetter und um eine gute Ernte bitten. Sie finden vorzugsweise in der Bittwoche, um das Fest Christi Himmelfahrt herum, statt.
Pilgern
Während das Wallfahren eine Art "kollektive Gebärde einer Kultgemeinde
" ist, bei dem nicht der Weg, sondern das Zeil im Vordergrund steht, sind es beim Pilgern eher die Begegnungen und Erlebnisse von Einzelreisenden, die den Reiz der Pilgerfahrt ausmachen. Grund des Pilgerns ist oftmals auch eine Reise zu sich selbst. 11)

Vor allem in der Barockzeit waren Wallfahrten beliebt. Da sie für die Kirche in der Regel finanziell lukrativ waren, richtete man in vielen Pfarreien und vor allem Klöstern Wallfahrten ein. Mittelpunkt einer solchen Wallfahrt konnte ein Wunder sein oder Reliquien von Heiligen (Knochen, Gewänder oder Haushaltsgegenstände). "Die Konkurrenz war hart", erklärte Heimatpfleger Prof.Dr.Göttler, "wer sich durchsetzen wollte, musste liefern.

Der Barockmensch neigte dazu, etwas mit der Hand berühren zu können. Ganz oben in der Hierarchie standen Reliquien, die direkt mit Christus zu tun haben (z.B. Kreuzesholz). Gleich darunter kamen Marienwunder, wenn Maria selbst eingegriffen hat" (z.B. Marienerscheinung). 04) Wenn Wenn man Pilger aus größerer Entfernung anziehen wollte, musste man mit einer besonders großen Menge von Reliquien aufwarten. Am besten von Heiligen, deren Hilfe besonders begehrt war.

Eine Wallfahrt war auch immer ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis; die Pilgerreisen brachten Abwechslung in den Alltag und stärkten die Gemeinschaft. Sie sollten in Erinnerung bleiben, und man wollte den Nachbarn und Freunden davon erzählen können. Oftmals waren sie aber auch mit übermäßigen Zechereien in den Gasthäusern und Pilgerherbergen verbunden. Zudem klagte 1773 Peter Hehel in seiner Christlichen Glaubenslehr, dass das Wallfahrten von Jungfrauen und Jungmännnern "fast nie ohne Gefahr geschehen kan, wegen vilen Umständen und Zufällen, die sich bey längeren Kirchfahrten ereignen und nicht zu vermeyden seynd; deren sich der höllische Feind gebraucht, als bester Gelegenheit, die Unschuld zu verführen". 08) Und nicht zuletzt fehlten wallfahrende Ehalten (Gesinde) den Bauern bei der Arbeit. Deshalb waren Wallfahrten in der Erntezeit nicht gern gesehen. In der von den Jesuiten herausgegebenen Glaubenslehr von 1737 heißt es dazu: "Kirchfahrten ist ein heiliges Werck, wanns geschihet: Erstens mit guter unverfälschter Meynung. Andertens selten, und nur zu seiner bequemlichen Zeit... und ohne Vernachlässigung ihres Dienstes und Verabsaumung dessen, was besser ist." 08)

aus Altomünster


Vorderseite


Rückseite

An vielen Orten wurden für die Pilger Wallfahrtsmedaillen oder Wallfahrtsandenken geprägt. Dies war einerseits ein gutes Geschäft für die jeweilige Wallfahrtskirche, entsprang andererseits aber auch dem Bedürfnis der Pilger, mit diesen Medaillen von der Wallfahrt ein Stück Heiligkeit in die eigenen vier Wände mitzubringen.
Die Wallfahrtsmedaillen wurden häufig am Hals getragen und sind deshalb eher als Anhänger zu bezeichnen. Wegen ihrer Münzähnlichkeit hat sich aber auch für sie der Begriff Medaille eingebürgert.
09)

Nach Wikipedia soll der Glaube an die heilkräftige Wirkung so weit gegangen sein, dass man das Pilgerzeichen zur Heilung auf ein erkranktes Körperteil auflegte. Ebenso habe man den Kranken Wasser oder Wein zum Trinken gegeben, in die man das Abzeichen getaucht hatte.
Die Medaillen galten auch als Amulette zur Abwehr des Bösen und wurden zu diesem Zweck im Haus oder Stall aufgehängt (zum Schutz des Viehs vor Krankheiten), auf dem Feld vergraben (für eine gute Ernte) oder an den Rosenkranz gehängt (zum eigenen Schutz).
Aufschrift:
Pipinsried St.Wolfgang
Brauchtumsreferent Robert Gasteiger aus Dachau besitzt in seiner volkskundlichen Sammlung auch einige Wallfahrtsmedaillen aus dem Dachauer Gebiet. Darunter aus Altomünster, Pipinsried und Taxa.

aus Taxa


Vorderseite


Rückseite

Viele der von oben eingerichteten Wallfahrten (z.B. Kloster Indersdorf in Pipinsried, Albersbach, Straßbach oder in der Klosterkirche) haben nicht überlebt oder sind unbedeutend geblieben. Von Dauer waren letztlich vor allem die Wallfahrten, die aus dem Volk entstanden sind und die durch Mundpropaganda als besonders hilfreiche Wallfahrtsstätte bezeichnet wurden (z.B. Ainhofen).

Dr.Gerhard Hanke und Robert Böck haben die Wallfahrten, die die Dachauer Bürger unternahmen, erforscht und publiziert (siehe Quellen 01), 03)).

 

Wallfahrtsorte für Gläubige aus dem Dachauer Land


Andechs  02)

Die älteste Wallfahrt führte nach Andechs (zum großen Reliquienschatz, Heiltum genannt, darunter auch den "drei Hosten"). Jedenfalls ist sie schon 1618 in einem Schriftstück der Münchner Hofkammer beschrieben. Damals wurde sie am 23.August durchgeführt. Veranstalter war nicht die Pfarrgemeinde, sondern der Martk Dachau. In den Jahren 1632 und 1634, als Dachau zweimal von den Schweden geplündert wurde, konnten keine Kreuzgänge oder Wallfahrten durchgeführt werden. Als die Kriegsereignisse um 1635 eine Wallfahrt nach Andechs aus Sicherheitsgründen nicht mehr zuließen, pilgerten die Dachauer ersatzweise zum Kloster Taxa, zum Gnadenbild Maria Stern. Gleiches geschah 1649, als in Dachau die Pest grassierte;in den Rechnungsbüchern heißt es dazu: "wegen sterbender Läuff und uhnvermögenheit halber" wird nicht auf den heiligen Berg "gewallfahrtet", sondern zu "Unserer Lieben Frau in das Täxet". Die Wallfahrt nach Andechs wurde 1636 wieder aufgenommen; von da an fand sie alljährlich in der Kreuzwoche, um den 3.Mai herum, statt.
Die Kosten für diese Wallfahrt (rd. 8 Gulden) wurde von der Pfarrkirchenstiftung getragen; nach dem 30jährigen Krieg größtenteils von der Dachauer Marktkammer. Zu den Kosten gehörte auch die Entlohnung des begleitenden Pfarrers. Meist waren es Kapläne (Gsellpriester), die dafür 2 Gulden erhielten. 1636 wurden dem begleitenden Pfarrer von Mitterndorf 3 Gulden bezahlt, "alleweilen alle Sachen gar teuer". Manchmal nahmen die Geistlichen zu Pferde an der Wallfahrt teil. Im 17.Jh. erhielten die Fahnenträger 30 Kreuzer, der Kruzifixträger 12-45 Kreuzer und der Vorsänger 2 bis 3 Gulden. Außerdem war in manchen Orten, durch die man zog, Ein- und Ausläutgeld und in Andechs selbst ein Anzündgeld für die Wallfahrtskerze zu zahlen. Denn es war üblich, eine große, prächtig geschmückte Votivkerze mitzubringen, die in Andechs im Wachsgewölbe ausgestellt wurde. Die 1718 vom Dachauer Maler Joh.Georg Hörmann für 7 Gulden im Auftrag des Marktes Dachau angefertigte Votivkerze ist noch heute in Andechs zu bewundern (mit der falschen Jahreszahl 1715). Das förderte einen Wettstreit der Wallfahrergruppen aus größeren Städten um die größte und schönste Kerze.

Die Wallfahrt nach Andechs ist schon sehr alt. Sie dürfte schon im 12./13.Jh. bestanden haben. Ziel dieser Wallfahrt war der "Heilthumschatz". Unter diesem Begriff wurden die vielen verschiedenen Reliquien zusammengefasst. Es handelte sich dabei um die Herren-Reliquien, die die Grafen von Andechs (darunter auch der hl.Rasso) von den Kreuzzügen und Wallfahrten aus dem Heiligen Land mitgebracht hatten. Darunter waren Kreuzpartikel, Teile der Dornenkrone Christi, ein Stück vom Tischtuch des Letzten Abendmahles und viele weitere Erinnerungsstücke an das Leben und Leiden Christi. Dazu kamen noch Blut- bzw. Gregoriushostien (Dreihostienmonstranz) sowie das Brautkleid und Brustkreuz der hl.Elisabeth und ein Kopfreliquiar der hl.Hedwig. Auch ein Stück aus dem Gewand des hl.Nikolaus und das Siegeskreuz Karls des Großen gehörten zum Heilthumschatz. Die Reliquien waren in einzelne Monstranzen aufbewahrt, die den Pilgern vom Fenster der heutigen Hedwigskapelle aus einzeln gezeigt wurden (Weisung der Heilthümer). Dazu wurden unterschiedliche Gebete und Litaneien gesprochen und Lieder gesungen, je nachdem, ob es sich um das Reliquiar eines Heiligen oder eine Herrenreliquie handelte.

Grafrath

Auf dem Weg nach Andechs liegt Grafrath, wo die Gebeine des hl. Rasso liegen. Dort machten die Dachauer Wallfahrer regelmäßig Station, lasen eine Messe und opferten am Grab von St.Rasso. Die Marktgemeinde Dachau unterhielt dort eine große Wachskerze im Gewicht von 12 Pfund. In den Unterlagen des Markts sind immer wieder Kosten für die Kerzenerneuerungen in Grafrath erwähnt.

Rasso (900-954), nach der Überlieferung 2 Meter 50 groß, war Ritter, berühmter Feldherr und unternahm einen erfolgreichen Feldzug gegen die Ungarn. Aus Dankbarkeit wallfahrtete er nach Rom und ins Heilige Land, brachte wertvolle Reliquien mit und ließ hierfür im heutigen Grafrath ein Benediktinerkloster bauen. Er trat - kinderlos geblieben - selbst als Laienbruder in dieses Kloster ein. Rasso wurde in der Klosterkirche bestattet, seine Gebeine werden heute im Glasschrein des Hochaltars aufbewahrt. Die von Rasso mitgebrachten Reliquien werden heute in Andechs am Ammersee gezeigt. Festtag: 19.Juni
Das Grab von St.Rasso war das Ziel vieler Wallfahrten, "da seine heiligen Gebeine große Wunderzeichen vollbringen Tag und Nacht ohne Unterlass an kranken Menschen, die das Grab aufsuchen", wie es in einem alten Bericht heißt. Die Wallfahrt nach Grafrath hatte im Mittelalter und bis in die Neuzeit großen Zulauf. Aufzeichnungen der Wunder aus den Jahren 1444 bis 1728 sind erhalten mit 12.131 Einträgen.


St.Rasso in Grafrath

Nach der Erhebung der Gebeine 1468 wurden sie in einem Hochgrab über dem Bodengrab wieder beigesetzt.
Beim Bau der heutigen Barockkirche in Grafrath 1688 bis 1695 wurde das Hochgrab wieder abgetragen, die Grabplatte auf den Boden gelegt und die Gebeine selbst auf den Hochaltar erhoben, wo sie in einem Glasschrein ruhen. Bis 1778 wurden 17.500 Gebetserhörungen auf Rassos Fürsprache dokumentiert; sie werden seit 1444 aufgezeichnet. 1867 wurden die Reliquien von den Räubern der daraufhin berühmt gewordenen Rasso-Bande entwendet, nur den Kopf ließen sie in der Kirche zurück. Die andern Gebeine nahmen sie mit und vergruben sie, nachdem sie den Schmuck abgenommen hatten, in einem Wald in der Nähe, wo sie später durch Zufall entdeckt und dann in Augsburg wieder zusammengefügt wurden. Fest: 19.Juni

 

Inchenhofen 06)

Der erste Kreuzgang der Dachauer nach Inchenhofen wurde erst spät, 1753, durchgeführt, und zwar aufgrund eines Gelöbnisses der Dachauer Bürgergemeinde anlässlich einer grassierenden Viehseuche. Man zog mit einer großen Wachskerze im Wert von 6 Gulden zu St.Leonhard. Im weiteren zeitlichen Verlauf Inchenhofen nur bei entsprechenden Anlässen abgehalten. 1753 war dies eine grassierende Viehseuche, 1766 "eine leidige Seuche unter dem Hornvieh", 1780 die Tierseuche "gelber Schelm" unter Rössern und Hornvieh in den Nachbargemeinden. Der Kreuzgang sollte ein Übergreifen der Seuche auf Dachau verhindern. Damals wurde auch vereinbart, dass die Wallfahrt künftig in dreijährigem Turnus stattfinden sollte. In den Jahren dazwischen wollte man nach Sigmertshausen und Webling gehen. Das wurde nur noch kurze Zeit verwirklicht. Nach 1804 ist kein Kreuzgang nach Inchenhofen mehr bekannt.

Im Mirakelbuch von Inchenhofen 1659 ist ein Bericht über den Dachauer Stephan Heigel enthalten, dem im Winter des Jahres 1641, mitten im 30jährigen Krieg, ein zweijähriges Fohlen in einen über 15 m tiefen Brunnen gestürzt war. Man zog das Tier an Seilen wieder herauf, doch es gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Da versprach Stephan Heigel dem hl.Leonhard eine hl.Messe sowie eine Gabe in den Opferstock von Inchenhofen. Bald darauf erwachte das Fohlen und wurde wieder gesund.
Der Text im Mirakelbuch lautet:
10)
  "Den 22.Febr. ist Stephan Heigel, Burger und Gastgeben zu Dachaw ein 2 jähriger Foll in einen achthalb Klaffter tieffen Bronnen gefallen, an welchem als man jhn an Sailen herauffgezogen, kein Leben zuvermercken war. Der doch nach verlobter H.Meß und Opffer in Stock allhero bald wider genesen und zu voriger Gesundheit kommen, wie glaubwürdig bezeugen Stephan Ortholffer, Wagner und Balthasar Sam, Bawmaister, neben andern unfehlbar 200 jung unnd alten Personen."

Mehr zur Wallfahrt in Inchenhofen siehe hier....


Votivgabe aus Sulzemoos



Inhausen
Die Kirche in Inhausen besitzt das Patrozinium Mariä Himmelfahrt. Man nimmt an, dass schon beim Bau der Kirche, um 1450, eine Marienwallfahrt bestand. Sicher nachweisbar ist die Wallfahrt ab der zweiten Hälfte des 17. Jh. Dies bestätigen auch die Kirchenrechnungen ab 1694 bis 1756, wo mit wenigen Ausnahmen Wallfahrten verzeichnet sind. So schrieb 1660 der Haimhauser Pfarrer Johann Krauthofer (1656-1666) an das Fürstbischöfliche Ordinariat in Freising, dass sich auf dem Choraltar zu Inhausen eine Liebfrauenstatue befinde, die schon seit etlichen Jahren von Personen hohen und niederen Stands aus der näheren und weiteren Umgebung als wundertätiges Bild [miraculos bilt] verehrt" werde.
Zu diesem Personenkreis habe auch der verstorbene (Haimhauser) Graf Johann Albrecht gehört, zu dessen Andenken der Sohn Franz Albrecht zu den neuen Altären 600 Gulden gestiftet habe.
Bei einem florierenden Wallfahrtsbetrieb wäre die Wortwahl bei der Schilderung erheblich euphorischer ausgefallen. Immerhin hat die Wallfahrt 1637/38, mitten im Dreißigjährigen Krieg, 66 Gulden im Jahr an Spenden (Opferstockgefälle) eingebracht. Dies war ein recht ansehnlicher Betrag.
Im Jahr 1712 verlieh Papst Clemens XI. der Kirche in Inhausen zum Fest Mariä Himmelfahrt einen vollkommenen Ablass für die Dauer von 7 Jahren, der die Wallfahrt zumindest am 15.August stärkte. Mitte des 19.Jh. dürfte die Wallfahrt nicht mehr existent gewesen sein, weil man das Gnadenbild durch eine neue Figur im Stil des Historismus ersetzt und das alte Gnadenbild nicht aufgehoben hat. Es gilt als verschollen.


Mariabrunn

Im Juli des Jahres 1662 arbeitete der Mochinger Bauer Stephan Schlairboeck im Wald beim heutigen Mariabrunn. Als er Durst bekam und nach Wasser suchte, habe er dort "ein kleines Läckl vorgefunden". Nachdem er einen Monat lang davon getrunken hatte, ist sein schmerzhafter Bruch, den er seit 18 Jahren hatte, "von der Größe eines Huts auf die Größe einer Faust zusammengeschrumpft und hinweg gefallen". Aus Dankbarkeit brachte er bei der Quelle ein Marienbild an.
Auch andere Personen haben Wasser nach Hause getragen und man sagt, ihnen sei geholfen worden. Dies wird als Beginn der Wallfahrt angesehen. Schon ein Jahr später wird von 1000 Personen berichtet, die den Brunnen aufsuchten und von 100 Gulden, die sich im inzwischen aufgestellten Opferstock befanden. Das Wasser habe vor allem Personen geheilt, die "Augenverletzungen, Leibschäden und verkrümmten Füße" hatten. Schon bald wurde ein großer Badebetrieb eingerichtet, der unter der Doktorbäurin Amalie Hohenester sogar Weltruf erreichte.
Daneben florierte der Wallfahrtsbetrieb. Die Dachauer kamen jedenfalls in den Jahren 1693-1698 sechsmal hierher, zur Abwendung der "Hochgewitter" hieß es. Dazu kamen natürlich die Ampermochinger und viele Privatwallfahrer.



Mitterndorf
Die Wallfahrt nach Mitterndorf war eine Marienwallfahrt.
Gnadenfigur war eine Muttergottesfigur, die heute an der Stelle des linken Seienaltars steht. Über die Dauer und die Größe des Wallfahrtsbetriebs ist mir nichts bekannt.

Die Holzplastik aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zeigt Maria thronend, mit einer Krone auf dem Haupt, als "zweite Eva''. Mit dem rechten Arm trägt sie das Jesuskind, das in seiner rechten Hand eine Traube hält, während es mit der linken Hand nach dem auf den Sündenfall im Paradies bezogenen Apfel greift, den ihm seine Mutter zeigt. Die Geste symbolisiert seine Bereitschaft zum Erlösungswerk. Die Muttergottes von Mitterndorf war in den Jahren 1626, 1636 und 1648, also während des Dreißigjährigen Krieges, das Ziel von Kreuzgängen der Marktgemeinde Dachau und von Ampermoching.


Münchner Frauenkirche
Die Dachauer nahmen am 18.Juni 1780 am "St.Benno Translations Jubelfest" teil. 200 Jahre vorher waren die Gebeine Bennos feierlich die Frauenkirche überführt worden. Die Frauenkirche war damals noch nicht Dom/Bischofskirche, sondern Stifts- und Pfarrkirche zu Unserer Lieben Frau. Dort war nicht Maria das Ziel der Wallfahrt, sondern die Gebeine des hl.Benno, des Stadtpatrons Münchens.
Benno war von 1066 bis 1106 Bischof von Meißen, also zur Zeit des Investiturstreits. In diese Zeit fällt der berühmte Gang von König Heinrich IV. nach Cannossa. Benno wurde in den Streit zwischen Kaiser und Papst hineingezogen, wurde mehrfach abgesetzt, exkommunziert und wieder eingesetzt. Als er 94jährig starb, hat man ihn im Dom zu Meißen bestattet. 400 Jahre später wurde er am 31. Mai 1523 durch Papst Hadrian VI. als "Apostel der Wenden" heiliggesprochen. Luther sah darin den Versuch, der Ausbreitung der Reformation in Sachsen entgegenzuwirken, und schrieb die Streit-schrift "Wider den Abgott und Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden". 1539 wurde die Reformation in Sachsen eingeführt. Bennos Grab wurde aufgebrochen. Seine Gebeine sollten in die Elbe geworfen werden; doch man hatte sie angeblich bereits vorher aus dem Sarg entfernt. Mit einem Echtheitszertifikat versehen wurden sie 1576 nach Bayern überführt und 1580 in der Frauenkirche in München beigesetzt.

Bild Wikipedia
Der Kreuzgang der Dachauer an dieser 200-Jahres-Feier in München wurde etwas getrübt vom Verhalten des Chefs der Mission. Der Dachauer Marktschreiber Ignaz Steyrer berichtet dazu in der Marktkammerrechnung, Pfarrer Franz Felix Sigler habe sich nicht nur alle religiösen Verrichtungen während der Wallfahrt, sondern auch die weit überhöhten Lebenshaltungs- und Bekleidungskosten in München bezahlen lassen. Er schreibt: ... er "habe sich, um sich allenthalben im Glanz und als ein äusserlicher Seelen-Eyferer zu zeigen, so kostbar angerichtet, daß man wahrhaftig nicht zur Ehre unseres großen heil. Benno, sondern lediglich, damit der Sigler, mit einem ganz Ornat-Goldstück angethan, seinen Hoffahrtsgeist erlustigen nkonnte; wie er dann von eitler Aufgeblasenheit strotzend, den Sitz nach schon geschehener Absingung des Hymnus gloria noch nicht verlassen wollte, sondern zum endlichen Aufstehen gemahnt werden musste".
Daraufhin hat man in Dachau die vom Markt zu tragenden Kosten begrenzt: bei künftigen Kreuzgängen nach München sollte der Herr Pfarrer nur 3 Gulden bekommen und auch das nur unter der Bedingung, dass er oder sein Vertreter sich nicht von der Wallfahrt entfernt und in der Münchner Frauenkirche das Messopfer für die Kreuzgänger feiert. Die Mesnerfamilie sollte für das Aus- und Einläuten der Wallfahrer bei Weggang und Rückkehr 36 kr, für das Begleiten des Kreuzgangs 1 Gulden erhalten. Auch für Schullehrer und Kruzifixträger waren je 1 Gulden vorgesehen, für den Fahnenträger 1 Gulden 30 Kreuzer, den Vorgeher 36 Kreuzer und schließlich als Spende für den Opferstock in München ebenfalls 36 Kreuzer.

Neufahrn 05)
Eine weitere Wallfahrt führte -ebenfalls schon vor dem 30jährigen Krieg- nach Neufahrn bei Freising zur hl.Wilgefortis (St.Kümmernis), jeweils am Pfingstdienstag über Ottershausen und Inhausen.
St.Kümmernis war eine fiktive Heilige, die ihre Existenz einer Verwechslung verdankte. Man glaubte in einem Bildnis des gekreuzigten Christus mit Tunika eine andere Heilige zu erkennen.
Die Besonderheit von Wilgefortis war der Bart, der ihr der Legende nach gewachsen sein soll, damit sie für Männer nicht mehr attraktiv war. Als Wilgefortis wurde sie 1583/86 ins Martyrologium Romanum aufgenommen, inzwischen aber wieder gelöscht. St. Kümmernis wurde von Frauen und Männern angerufen: in Liebesangelegenheiten, bei Beziehungs-problemen, Familienzwist, Sorgen um Fruchtbarkeit in Haus und Hof oder bei Krankheiten (spezifisch Frauenkrankheiten).
Von Männern wurde sie zusätzlich bei Kriegsgefahr und Gefangenschaft um Fürbitte gebeten. Die ersten Nachweise stammen aus den Jahren 1626-29. In den Kriegs- und Pestjahren 1632, 1634 und 1649 fiel die Wallfahrt aus. In allen übrigen fast 150 Jahren bis 1786 aber gingen die Dachauer nach Neufahrn, das aber von der Besucherzahl nur ein kleiner Wallfahrtsort war. Im 18.Jh. kamen immerhin 60 Bittprozessionen im Jahr dorthin.

St.Wilgefortis bzw. St.Kümmernis am Kreuz

Pipinsried

Am 5.Mai 1613 begaben sich mehrere Pipinsrieder zur Feier der Translation des hl.Wolfgang nach Regensburg, von wo sie papierene Bildnisse des hl.Wolfgang nach Hause mitnahmen. Einer dieser Wallfahrer habe, wird erzählt, "ein solches Bildniß in die Höhlung eines Baumes eingesetzt". Als der Baum nach Jahren gefällt wurde, fiel das Papierbild heraus und wurde auf den Altar der Pfarrkirche gelegt. Aber des anderen Tages hat man das Bild nicht mehr auf dem Altar, sondern wieder auf dem Stock des umgehauenen Baumes gefunden. Dieser wundersame Vorgang wiederholte sich noch zwei bis drei Mal.
Das erregte großes Aufsehen im Volk, zumal der Finder des Bildes verkündete, er habe nach Anrufung des hl. Wolfgang Hilfe bei seinem langjährigen körperlichen Leiden gefunden. Man fügte das Bild in die Vertiefung einer hölzernen Säule ein, die an der Stelle der heutigen Kirche aufgestellt worden war. So erhielt das Bild den Namen bei "St.Wolfgang in der hl.Saul" (s.Bild rechts). Die nun entstehende kleine Wallfahrt brachte soviel Geld ein, dass 1637 eine hölzernen Kapelle und im Jahr 1693 sogar ein stattliches steinernes Kirchlein gebaut werden konnte.
Die Wallfahrt wurde intensiv von den Indersdorfer Mönchen gefördert, die sich davon nicht nur geistlichen, sondern auch materiellen Gewinn versprachen. Trotz dieser Unterstützung von oben entwickelte sich die Wallfahrt nicht so gut wie z.B. in Ainhofen, Taxa oder gar Inchenhofen. Sie erreichte nur regionale Bedeutung. Überliefert sind Wallfahrten und Bittgänge aus 16 Pfarreien, darunter aus Indersdorf, Langenpettenbach, Westerholzhausen, Altomünster, Tandern, Hilgertshausen und Randelsried.
Eine Fördermethode von Indersdorf war die Einladung an hochgestellte Persönlichkeiten zu einer Wallfahrt nach Pipinsried. Es kamen z.B. am 12.8.1656 die in Schloss Schleißheim wohnende Kurfürstin Maria Anna, die Witwe von Kurfürst Maximilian I. und Tochter von Kaiser Ferdinand II. in Wien und bat den Heiligen um Hilfe. Nach Pipinsried wallfahrtete am 10.Mai 1660 auch die aus Savoyen stammende 24jährige Kurfürstin Adelheid Henriette (1636-1676), die Frau des seit 1651 regierenden Kurfürsten Ferdinand Maria von Bayern (1636-1679). Mirakelbücher haben sich leider nicht mehr erhalten. Doch Prof.Liebhart weiß, dass es zwischen 1734 bis 1773 im Durchschnitt pro Jahr zu 29 Gebetserhörungen oder "Wunder" kam.
Der in Pipinsried verehrte St.Wolfgang wurde meist mit einem Beil dargestellt. Denn auf der Suche nach einem Ort, an dem er seine Einsiedlerkapelle bauen konnte, warf er am Wolfgangsee von einem Berg aus sein Beil nach unten. Dort wo es steckenblieb, errichtete er den Bau.
Hierher nach Pipinsried kamen die Gläubigen vor allem wegen Fuß- und Handleiden. Dies legen jedenfalls die Votivgaben nahe, die noch heute in der Kapelle aufbewahrt werden (Holzfüße, Holzhände und Krücken). Die Wallfahrer konnten -wie auch an anderen Wallfahrtsorten- Medaillen als Andenken an die Wallfahrt erwerben. In Pipinsried hatte die Medaille die Form eines Beiles (s. Bild rechts). Das war außergewöhnlich.



St.Wolfgang in der hl. Saul

 


Aufschrift:
Pipinsried St.Wolfgang



Altomünster

Nach Altomünster kamen die Menschen vor allem wegen der umfangreichen Reliquiensammlung. Denn der Reichtum eines Klosters des Mittelalters bestand nicht nur in seinem Grundbesitz und seinen Rechten, sondern auch aus vielen Reliquien, die von den Gläubigen der Region und von Wallfahrern verehrt wurden. Solche Wallfahrten und Bittgänge haben zur Verbesserung der Einkommenssituation des Klosters beigetragen. In Altomünster verehrte man (teilw.zu unterschiedlichen Zeiten):
- von Klostergründer St.Alto
  die Hirnschale,
sein Rodungsmesser,
zwei Bücher (heute in der Staatsbibliothek)
sonstige Gebeine
den berühmten Altokelch (später bei der Säkularisation eingeschmolzen)
- von der hl. Birgitta
  ein "großes Röhrenstück" der Gebeine
einen schwarzen Ärmel ihres Rockes
ein Stück ihres Tisches
ein Agnus Dei, das Birgitta am Hals getragen hat
eine Trinkschale und den Wanderstab.
-  von St.Catharina, der Tochter von Birgitta, ein "Beinlein wohl ein Spann lang"
- weitere Reliquien im Kloster
  ein Kreuz, das Kaiser Karl IV. 1356 dem Kloster geschenkt hat
sieben "Heilige Leiber", die hinter den Altarbildern angebracht sind
eine am Original berührte Kopie des Turiner Leichentuchs
drei Kreuzpartikel,
zwei Dornen aus der Dornenkrone Christi
Haare von der Gottesmutter Maria
heilkräftiges Wasser aus der von St.Alto wundersam erweckten Quelle

Hirnschale von St.Alto


St.Alto

St.Birgitta


Rothschwaige und Allach
Ebenfalls jährlich und zwar am Freitag vor oder nach Pfingsten unternahm man einen Kreuzgang zum "Heiligen Kreuz im Moos" bei Allach, "zur Abwendtung allerley Suchten" wie es hieß. Der erste Kreuzgang fand am 3.Juli 1683 statt, als die Türken Wien belagerten und die Pest letztmals Bayern heimsuchte. Doch nicht diese Plagen, sondern die Bitte um Abwendung von Viehseuchen war offfizieller Anlass des Kreuzgangs. Die Prozession zog zur Rothschwaige und weiter zur Kapelle mit dem "guttätigen Kreuzbild auf dem Moos" bei Allach. Dieser Kreuzgang wurde zum festen alljährlichen Brauch. Nachdem das Kreuzbild 1794 wegen Abriss der Kapelle in die Pfarrkirche von Allach gebracht worden war, wurde die Wallfahrt geteilt: Am Pfingst-dienstag nach Allach, am Freitag nach Christi Himmelfahrt in die Rothschwaige.

Rothschwaige

1803, bei der Säkularisation, wurde die Rothschwaigkapelle abgetragen. Auch der Kreuzgang nach Allach wurde eingestellt. Dazwischen gab es in den Hungerjahren im Jahr 1771 an 19 Dienstagen "zur Erbittung einer gesegneten Ernte" und "zur Abwandlung der andauernden Hungersnot" Kreuzgänge zur Rothschwaigkapelle.

Straßbach
Straßbach ist eine Filialkirche des Klosters Indersdorf, wo besonders die heilige Ottilia verehrt wird, die vor allem wegen Augen-, Ohren- und Kopfleiden um Hilfe angerufen wurde. Die um 660 geborene Odilia war eine Tochter des Herzogs Athich aus dem Elsass. Sie gründete 690 das später nach ihr benannte Kloster Odilienberg als Augustiner-Chorfrauenstift und stand ihm als Äbtissin vor. Die Legende berich-tet, dass der Vater seine blind geborene Tochter Odilia töten lassen wollte, die Mutter Bethsvinda sie aber retten konnte. Odilia wurde das Augenlicht wieder geschenkt, als der durch einen Engel zu ihr gewiesene Wanderbischof Erhard von Regensburg sie taufte. St.Ottilie widmete sich in ihrem Leben der Fürsorge der Armen und Kranken. Sicher nachweisbar ist in Straßbach das Siechenhaus seit dem Jahre 1435, wo die Leprakranken fernab der Ortschaft untergebracht waren. Ottilia ist Patronin der Blinden und der Winzer (wegen ihrer Heimat Elsass).

Straßbach war auch das Ziel von Bittgängen aus anderen Pfarreien. So wallfahrteten Ende des 18.Jh die Pfarrgemeinden Ampermoching (am Tag des heiligen Medardus - 8.Juni), Weichs, Vierkirchen, Röhrmoos, Hebertshausen, Pellheim, Niederroth, Rumeltshausen, Kreuzholzhausen, Schwabhausen, Oberroth, Oberbachern (Mittwoch der Pfingstwoche) Arnbach, Hirtlbach, Westernholzhausen und Indersdorf alljährlich nach Straßbach.

St.Ottilia in Straßbach


Kloster Taxa
Als die Kriegsereignisse um 1635 eine Wallfahrt nach Andechs aus Sicher-heitsgründen nicht mehr zuließen, pilgerten die Dachauer ersatzweise zum Kloster Taxa, zum Gnadenbild Maria Stern. Gleiches geschah 1649, als in Dachau die Pest grassierte;in den Rechnungsbüchern heißt es dazu: "wegen sterbender Läuff und uhnvermögenheit halber" wird nicht auf den heiligen Berg "gewallfahrtet", sondern zu "Unserer Lieben Frau in das Täxet". 04) 1683, im Jahr der Türkenbelagerung von Wien, unternahmen sie "wegen Abwendung der Vichsucht" erneut einen Kreuzgang nach Taxa.

Ab 1695 wurde daraus eine jährliche Wallfahrt, jeweils um den 10.Juli herum. Grund war die Bitte zur Erhaltung der Feldfrüchte, Roß und Vieh. Nur 1698 (aus mir unbekannten Gründen) und 1704 (wegen des Spanischen Erbfolgekriegs) fiel sie aus. Die Wallfahrt bestand bis zum Abriss des Klosters Taxa im Jahr 1803.

Kloster Taxa
Die Wallfahrt zum Kloster Taxa war in erster Linie eine Marienwallfahrt. Doch in der Klosterkirche befand sich auch eine Kreuzreliquie, die viele Pilger anzog. Die Kirche hatte sogar beide Patrozinien: der Altarraum war St.Maria, das Kirchenschiff dem hl.Kreuz geweiht. Hauptanziehungspunkt war aber die Muttergottesfigur mit Kind, die von einer sternförmigen Aureole umgeben war. Die Wallfahrt war ja entstanden, weil 1618 ein Hühnerei mit dem Relief eines Strahlenkranzes gefunden worden war. Zudem glaubte man, darin auch noch einen Frauenkopf zu erkennen. Im 18.Jh wallfahrteten bis zu 60.000 Pilger alljährlich nach Taxa. Es war damals -noch vor Altötting- die größte Marienwallfahrt Bayerns. Die meisten kamen wegen akuter oder überstandener Krankheiten, Gefahren und Schäden aller Art. Viehseuchen sind seltener verzeichnet; zweimal ist von einer Hühnerkrankheit die Rede. "Die Wallfahrt in Taxa, so schrieb Hans Grassl, war über den Petersberg und Altomünster hinaus das eigentliche geistliche Zentrum des Dachauer Hinterlands, wirklich der Ort, an dem sich das bäuerliche und monastische Leben (Mönchsleben) am innigsten berührten". Die wohl dreischiffige Kirche mit ihren 13 Altären war größer als die Kirche im Kloster Indersdorf.


Weitere Wallfahrten bzw. Kreuzgänge
Weitere Wallfahrten bzw. Kreuzgänge wurden nur sporadisch organisiert oder bestanden nur für kurze Zeit. Zum Beispiel nach Etzenhausen (am Markustag 25.April) und Günding, Mitterndorf, Bergkirchen, Sickertshofen, Schönbrunn (St.Katharinen-Kirche), Weyhern, Puch (am Bennofest 16.Juni), Niederroth, Kreuzholzhausen (am Kreuzauffindungstag 3.Mai und am Kreuzerhöhungstag 14.Sept.), Prittlbach, Mitterndorf, Altomünster und Aufkirchen. Im Kriegsjahr 1704 unternahm die Bürgerschaft eine Extrawallfahrt nach München in die Theatinerkirche zum hl.Kajetan, damit "die schon allgemach herbeynahente feindtliche Einfähl, Sengen und Prennen von unserm Markht und Gegent mechte gnediglich abgewendt" werden. Im Hungerjahr 1772 zog man nach Webling und legte dort einen Gulden in den Opferstock ein.
Die Rosenkranzbruderschaft ging nach Ampermoching (1644) und nach Indersdorf (1671). Lange Zeit war die Franziskus-Klause in Schleißheim das Ziel am 2.August, dem Portiunkulafest. Besonders prunkvoll war die Wallfahrt nach Maria-Hilf in der Au nach dem 30jährigen Krieg.
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Einzelwallfahrten

Auch über Einzelwallfahrten zu entfernten Zielen gibt es ein paar Aufzeichnungen, weil die Wallfahrer dazu einen Pass benötigten. So wallfahrtete der Bäckermeister Paul Reißer 1775 nach Rom und der Hufschmiedsohn Joh.Wimmer nach Maria Einsiedeln in der Schweiz.



Ende der Kreuzgänge

In der Zeit der Aufklärung, gegen Ende des 18.Jh., nahm die Zahl der Wallfahrer ab. Im Jahr 1800 beklagte sich der Dachauer Pfarrer Joseph Stöger, dass sich fast nur Kinder und junge Leute beteiligten, nicht aber Hausväter. Das Kloster Andechs habe sich geweigert, die Marktfuhre, die die Prozession begleitete, über Nacht zu behalten. Der Magistrat beschloss deshalb am 25.April 1800, den Kreuzgang nach Andechs einzustellen. Die Wallfahrt war nun Privatsache. Lediglich das Aus- und Heimläuten wurde den Wallfahrern zugestanden.

Mit kurfürstlicher Verordnung vom 4.12.1801 wurden diese Bittgänge/Wallfahrten wegen "Müßiggang« verboten. Aufgrund dieser Anordnung entstanden im darauffolgenden Jahre 1802 Unruhen, die das Gepräge eines Aufruhrs hatten. Die Pfarrer hielten sich an das Verbot und setzten die Kreuzgänge ab. Das erzürnte so manche begeisterte Wallfahrer so, dass sie die Pfarrer fast mißhandelten und mit Grobheiten überhäuften. Pfarrer Hueter (1786-1814) von Niederroth beschrieb in seiner Pfarrei-Chronik auf den Seiten 180-183 mehrere Vorfälle:

—  Manche Gemeinden bemächtigten sich der Kirchenschlüssel, nahmen die Fahnen mit Gewalt aus den Kirchen, und unter dem      Geläute der Glocken verrichteten sie ohne Priester ihre Kreuzgänge. Dies tat die Pfarrgemeinde von Pellheim am sogenannten      Schauerfreitage. Man hörte sie schon von weitem plärren. Während ich (Pfr. Hueter) die Messe las, zogen sie hier durch nach      Weyhern, wo sie die Kirche gesperrt fanden, und also mit der langen Nase abziehen mußten.

—  Am nämlichen Tage gingen auch die Sigmertshauser abends mit dem Kreuz um die Felder und hatten bei ihrem vermeinten      Gebete ein solches Geschrei, daß ich es in meinem Zimmer hörte...

—  Die widerspenstigen Gemeinden bekamen, sobald ihr Vergehen am rechten Orte kundbar wurde, auf der Stelle eine Exekution      von einigen Soldaten, welches aber noch keinen Eindruck machte, bis endlich ganze Kompanien auf Exeklution ausgeschickt      wurden, wie dieses in unserer Nachbarschaft Niederroth nur gar zu empfindlich erfahren hatte.

—  Die Oberrother verrichteten den 20. Mai 1802 ungeachtet aller Vorstellungen ihres Pfarrers, den Kreuzgang um die Felder, wie      sie ihn vormals gewöhnlich verrichtet hatten. Bald nachher rückten bei der Nacht um 12 Uhr 300 Soldaten auf Exekution im      Dorfe ein. Nebst der Kost und dem Trunk mußten sie jeden Mann 1 Gulden geben, welches ihnen Kosten von mehr als 400      Gulden verursachte. Da dieses Unglück mehrere Ortschaften getroffen hatte, so nahmen dergleichen Unfüge auf einmal ein      Ende....

Quellen:
01) Dr.Gerhard Hanke, Die Wallfahrten und Kreuzgänge der Marktgemeinde Dachau, Amperland 1989 (Wallfahrt)
02) Josef Mass, Geschichte des Erzbistums München und Freising, 1986 (Wallfahrt Andechs)
03) Robert Böck, Wallfahrt im Dachauer Land, Bd. 7 der Kulturgeschichte des Dachauer Landes 1991
04) Prof.Dr.Göttler, Das Ei-Wunder von Taxa, Dachauer Nachrichten vom 10.2.2018
05) Josef Bogner, Wallfahrtskirchen im Landkreis Freising, Amperland 1987
06)
Angelika Petitini, Leonhardsverehrung u.Wallfahrt in Inchenhofen, Augsbg.Volkskundliche Nachrichten, 1995, Heft Nr.2
07)
Blätter zur Geschichte und Landeskunde der Oberpfalz Heft 12 Januar 1971
08)
Christliche Glaubenslehr, Von den Gebotten Gottes und der Kirchen, von R.P. Petro Hehel, Gesellschaft Jesu, 1737
09) Prof.Dr.Herbert Hagn, Wallfahrtsmedaillen und christliche Amulette aus dem Pfisterbach in München, Amperland 1991/1

10)
Dallmayr, Martin, "Synopsis Miraculorvm Et Beneficiorum Seu Vincula Charitatis, Lieb-Bänder vnd Ketten-Glider, Welche
      berührt, und ubernatürlich an sich gezogen der wunderthätige Magnet, Abbt und Beichtiger S.Leonardus, durch dessen
      himmlische Kraft bey dem ferr. und weltberümbten Gottshaus zu Inchenhofen in ObermBayrn, von vier hundert Jahren her,
      über 3000 Wunderzaichen und Gutthaten geschehen", Mirakelbuch gedruckt 1659, veröffentlicht im MDZ.

11) Internetseite Erzbistum München u.Freising, SPIRITUALITÄT & GEISTLICHES LEBEN, Hintergründe und Wissenswertes, 2023