Klausenkapelle
Maria Hilf in WALKERTSHOFEN
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Kurzbeschreibung
Etwas versteckt
zwischen einem Bauernhaus und einem bewal-deten Hügelabhang
(ehem.Mühlberg) liegt im Westen des Dorfes Walkertshofen eine
relativ große Kapelle. Sie wurde vor rd. 380 Jahren an der
Stelle eines Vorgängerbaues errichtet und war ein Jahrhundert
lang Ziel einer regen Marienwallfahrt.
Heute steht die Kapelle inmitten von Privatgrund und ist nur mit
Erlaubnis der Grundeigentümer zu besichtigen.
In der Vorgängerkapelle,
die in den Kirchenrechnungen schon 1630 genannt wurde, war das Gnadenbild
eine holzgeschnitzte Vespergruppe (Pieta), durch die das heilkräftige
Wasser hindurch geleitet wurde. Das Wasser sprudelte aus der Seitenwunde
des Leichnams Jesu, der auf dem Schoß Mariens lag.
Wegen der vielen
Wallfahrer wurde um 1640/50 eine neue
Kapelle gebaut. Hier trat an die Seite der Pietà
als weiteres Gnadenbild eine Kopie des Passauer Maria-Hilf-Bildes
von Lucas Cranach. Die bisherige Kapelle mit der Pietà wurde
als Vorhalle in den Neubau mit einbezogen.
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1706 baute man neben die Kapelle
eine Eremitenklause. Der Klausner, ein Frater
der Eremitenkongregation 3.Orden des hl.Franziskus, pflegte die Kapelle,
betreute die Wallfahrer und unterrichtete die Kinder der Walkertshofener
Bauern. Bei der Säkularisation 1804 wurde die Klause in ein landwirtschaftliches
Anwesen umgewandelt.
Die heutige
Kapelle ist ein Bau mit achteckigem Grundriss (Oktogon) und
angebautem Chor mit 3/8-Schluss.Bedeckt ist sie mit einem Pyramidendach,
auf dem eine zwiebelbekrönte Laterne
mit vergoldetem Knauf und einem Kreuz sitzt.
Im Turm hängt eine Glocke aus dem Jahr 1777.
Die Kapelle
ist ein geschütztes Baudenkmal (D-1-74-118-44) 19)
Inneneinrichtung
Der Altar
wurde 1650 errichtet. Bei der Renovierung 1786 hat man klassizistische
Elemente in das barocke Retabel
eingearbeitet. Bis dahin standen als Assistenzfiguren Figuren der
Heiligen Anna und Joachim auf Konsolen neben den Säulen.
Der Auszug des Altars enthält ein Marienmonogramm.
Mittelpunkt des barocken
Altars ist eine Kopie des früheren Gnadenbildes
in einem silbergetriebenen Rokokorahmen mit Messingaufsatz. Oben
am Rahmen ist ein Schrift-band mit dem Text "großer Mirackel
Bildniß Maria" aufgesetzt. Das Bild selbst ist mit "Sancta
Maria Auxiliatrix" (Helferin) beschriftet.
Der Altartisch ist nicht -wie sonst üblich- gemauert, sondern
aus Holz gearbeitet.
Das Gestühl
besteht aus drei Bankreihen mit geschweiften Stuhlwangen, die wohl
noch aus der Zeit von 1709-1719 stammen und somit zu den ältesten
im Dachauer Land gehören.
In der Nähe des Eingangs
steht noch ein alter Opferstock
aus Eisen mit Beschlagbändern.
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Hinter der Kapelle ist das von Prof.
J. Henselmann im Jahr 1970 neu gestaltete Bründl zu
sehen. Aus einem Kupferbecken ragt eine Bronze-Blüte hervor, aus deren
sechs Ausbuchtungen Wasser fließt. In der sich öffnenden Blüte
steht eine Muttergottesfigur.
Vor einigen Jahren wurde die Kapelle
vollständig ausgeraubt. Es sind deshalb weder die früheren
Gnadenbilder noch die Votivbilder oder die Votivgaben aus der Wallfahrtszeit
mehr vorhanden.
In Walkertshofen bestand ein Jahrhundert
vor dem Bau der Kapelle (also um 1550) ein vielbesuchtes "Wildbad'',
worunter nach damaligem Sprachgebrauch ein mineralisches Heilbad zu verstehen
ist. Dieser Badebetrieb endete aber schon nach wenigen Jahren, lange vor
dem 30jährigen Krieg.
Ausführliche
Beschreibung
mit ikonographischen und kunsthistorischen Hinweisen
In Walkertshofen bestand ein Jahrhundert
vor dem Bau der Kapelle (also um 1550) ein vielbesuchtes mineralisches
Heilbad, auch "Wildbad''genannt. Dieser -nur im Sommer offene- Badebetrieb
endete aber schon nach wenigen Jahren. Ob der Mangel
an Brennholz, die Überbeanspruchung der Quelle oder andere Ursachen
ihn zum Erliegen brachten, ist nicht geklärt.
Bericht über das Wildbad.....
Geschichte
der Kapelle 08),
10)
Die Wallfahrtskapelle hat mit dem
erwähnten Badebetrieb nichts zu tun, auch wenn für beide die
gefasste Quelle der Ausgangs-punkt war. Das kleine Gotteshaus
soll nach volkstümlicher Überlieferung während des Dreißigjährigen
Krieges durch das Verlöbnis eines Offiziers entstanden sein, der,
vom Feind verfolgt, sich im Gebüsch am Mühlberg versteckte und
versprach, dort eine Kapelle zu stiften, wenn er unentdeckt bliebe. Ganz
wird die Geschichte wohl nicht stimmen, denn die Kapelle bestand schon
vor dem Krieg. Vielleicht vermachte er der Kapelle Geld, mit dem das Gotteshaus
nach dem Krieg umgebaut werden konnte. Alte Berichte sprechen ohnehin
davon, dass das Brünnlein Ursprung der Kapelle war; man sprach dem
Wasser heilende Wirkung zu.
Vorgängerbauten
Sicher ist, dass die Kapelle schon 1630 vorhanden war. Denn in
der Kirchenrechnung dieses Jahres finden sich die Einträge, dass
bei der Kapelle Bretter ausgebessert und zwei neue Vorhängeschlösser
angebracht werden mussten, weil allein 1630 acht- oder neunmal in den
Opferstock eingebrochen worden war. (Originaltext: "In unnser lieben
frauen Cappellen eingefangt und mit Pröttern vermacht" sowie
"Weillen diß Jars bey diser Capeln über daß 8 oder
9 mahl in Stockh gebrochen worden, umb 2 neue fürheng Schlösßer
bezalt"). 09),
Wallfahrt
Die hohen Opferstockbeträge
sprechen dafür, dass die Kapelle schon damals eine Wallfahrtsstätte
war. Ausdrücklich als solche wurde sie 1642 bezeichnet.
Damals teilte das bischöfliche Ordinariat in Freising einem
nicht näher bezeichneten Geistlichen (wohl dem damaligen Dekan)
mit, dass der Walkertshofener Pfarrer die Zelebrationserlaubnis
für die Kapelle beantragt habe; der Dekan solle die Kapelle
begutachten und eine Stellungnahme abgeben.
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(Originaltext:
"Marx Pröls, Pfarrer zu Walkertshouen wegen unserer
lieben Frauen Capellen daselben, das er darinne celebrieren
derffe" nachgesucht und ... beriehrte Capellen, ob
es zum celebrieren thauglich oder nit besichtiget und unss hierbey
gehorsamblich berichtet"). |
Für 1643 ist
die wunderbare Heilung eines blinden und krummen Kindes an der Quelle
und der "darüber erbauten Neuen (!) Capellen" überliefert.
Jedenfalls forderte das bischöfliche Ordinariat in Freising
mit einem Schreiben vom 29.September den Walkertshofener Pfarrer
auf, zu diesem Wunder Stellung zu nehmen
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(Originaltext:
"Wir khommen in weithleiffige erfahrung wie daß
in dem vor disem entsprungenen Heilbrunnen in euer Pfarr unlangsten
mit einem blinden und khrumpen Khindt ein Miracul vorybergangen
sein solle; ob nuhn deme also, und wie es darmit hergangen,
werdet uns ihr dieses negstens mit umstenden berichten"). |
Leider sind beide Stellungnahmen
nicht erhalten. |
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Viele Votivtafeln gaben Zeugnis von der florierenden Wallfahrt. Viele Wallfahrer
kamen, um sich am Brünnlein neben der Kapelle, dem ehem. Heilbrünnlein,
die Augen zu benetzen.
Damals war das Gnadenbild eine holzgeschnitzte Pietà-Figurengruppe,
durch die das heilkräftige Wasser hindurch geleitet wurde.
Höhepunkt des Wallfahrtsbetriebs war die erste Hälfte des 18.Jahrhunderts.
Kapellenbau um 1650
Um 1650, vielleicht auch schon 1643, wurde wegen des regen Wallfahrtsbetriebs
die heute noch bestehende größere Kapelle "zu Ehren Vnser
Lieben Frauen Hilff " gebaut. In der Kirchenrechnung der Pfarrei
aus diesem Jahr wird der Bau "Wunderthettigen Unnser lieben Frauen
Capeln zum Hailsammen Prunnen" genannt.
Finanzierung
Die Kosten dafür wurden aus Mitteln der Pfarrei, durch Spenden von
Privatleuten und Darlehen anderer Kirchen aufgebracht. Außerdem
hatte sie schon im Baujahr wieder hohe Opferstockeinnahmen, wie der Kirchenrechnung
09)
zu entnehmen
ist
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(Originaltext in
Anführungszeichen)
"Dises Jar sein bey der Capellen, die wie der Gottsberaith zaigt,
wider starckh unnd wundertettig zuenimbt") .
Zwei Großspender sind in der Kirchenrechnung namentlich genannt:
- "Casspar Weber, Oberknecht im weissenpreuhauß zu München,
hat zu auferpauung unnser lieben Frauen-Capellen
geschenkt:
10 fl. "
- "Item So hat Hannß Zeller von Altstetten, an den ienigen
.50.f. so sein Vatter sel.alhero verschafft. lauth vor einem Jahr
accordirter
massen bezalt: 21 fl. "
Die Kapelle hatte auch einige Darlehensgeber gefunden:
"So hat ds Gottshauß welshouen (Welshofen) auf die in Verttiger
(vorjähriger) Rechnung hergebne .8.f.30.kr: noch weitters
hergelichen: 91.30 fl.
Mehr so ist weillen mann im Pauen nit fortkhommen kinden von
dem Gottshauß St.Pettersberg entlehnet worden, unnd
par empfangen P: 70 fl. " |
Bründl
Die alte Kapelle wurde als Vorhalle in den Neubau einbezogen. Objekte
der Verehrung waren eine der zahlreichen Kopien des seit der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges hochverehrten Passauer Mariahilfbildes
und -weiterhin im Vorbau- das alte Vesperbild (Pieta).
Das Brunnenwasser wurde -wie in der Bründlkapelle bei Wagenried-
durch das Andachtsbild hindurch geleitet, und sprudelte aus der Seitenwunde
des im Schoße der Muttergottes ruhenden Christus'. Dadurch erhielt
das Wasser eine besondere Weihe. Wir wissen das aus einem Schreiben des
Walkertshofener Pfarrers vom 22.September 1672, in dem er schreibt: "..ein
Vesper-Bildt, durch welches Brust ain schönes, lichtes lauffendes
Wasser oder Hayl-Bründl fluesset..". Nach Pfarrer Mois ist
dies "ein Sinnbild dafür, dass uns Menschen alle Gnaden aus
den Todeswunden Jesu fließen".
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Allgemeines
zu Brunnenkapellen:
Unter den zahlreichen Kapellen, die sich im gesamten bayerischen Raum
verstreut finden, gibt es die besondere Gruppe der sogenannten Bründl-Kapellen.
Oft versteckt an Wald- und Feldwegen oder auf Wiesen fassen sie das
Wasser heiliger Quellen und sind Ziel vieler Wallfahrten und Bittgänge.
Der gr&puml;ßte Teil dieser Quellen ist der Muttergottes geweiht, die schon
in der hochmittelalterlichen mariologischen Deutung des Hoheliedes
als „gottesempfangende Quelle des Heils" oder „Lebensbrunnen" bezeichnet
wird. Aufgestellte Marienbildst&puml;cke an diesen Orten wurden meist bald
durch Kapellenbauten ersetzt, in denen Gebete um Schutz und Gesundung
von Krankheiten aller Art für Mensch und Tier vorgebracht wurden.
Von den wundersamen Heilungen nach Waschungen oder dem Trinken des
Wassers berichten noch heute zahlreiche gestiftete Votivtafeln. 18)
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Messerlaubnis
Mit dem genannten Schreiben vom 22.9.1672 suchte der Walkertshofener Pfarrer
Gregor Wibmer beim Ordinariat nach, dass wenigstens einmal in der Woche
eine hl.Messe darin gefeiert werden dürfe, da die Einweihung des
Neubaus auf sich warten lasse und sonst der Eifer des Volkes im Besuch
der Gnadenstätte abnehmen würde. Auch zu diesem Antrag gab der
Dekan in Aufkirchen an der Maisach Philipp Benetius Amman ein Gutachten
ab, das noch erhalten ist. Darin meldet er, er habe andächtige Wallfahrer
gesehen. Das Kirchlein sei sauber und mit aller Zier erbaut. Aber der
Platz sei so feucht, dass er Bedenken für das Fundament habe. Auch
stehe die Kapelle so abseits des Orts, dass er Einbrüche und Diebstähle
befürchte. Deshalb sollten dort keine Messgewänder aufbewahrt
werden.
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(Originaltext:
"ersechen, das von deme gemainen Mann ein zimbliche Andacht
dahin bezaige zusein, auch das Khürlchlein an Ihme selbst sauber
und zierlich gebauet, allainig das es an einem so naß und feuchten
orth stehet, das ich zweifle, ob nit mit der Zeit das fundament ohne
bstandt sein solle, wie dan zway oder mehr Clufften darzue genuegsames
anzaigen geben... weillen erwehntes Sacellum-Kirchlein etwas abseits
in dem Thall, das von dem Dorff auch nit woll zu augen khombt, also
unsicher wegen nächtlichen Einrechens sein dürfte").
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Das Ordinariat bewilligte die Feier der hl.Messe in der Kapelle für
die nächsten drei Jahre ("noch uf die negste 3 Jahr").
Das hieß, dass 1675 der Antrag auf Verlängerung gestellt hätte
werden müssen. Doch der Pfarrer stellt ihn erst am 20.März 1677.
Darin konnte er keinen Erfolgsbericht geben. Er habe, so schrieb er, im
vergangenen Jahr mit allen Kräften die Einweihung der Kapelle zuwege
bringen wollen, aber durch "das schädliche früehe Hochgewitter
und Schauer" seien die Dächer der Pfarrkirche, der Maria-Hilf-Kapelle
und der Friedhofsmauer ringsum zerschlagen und das Gemäuer vom Regenwasser
beschädigt worden; die Reparatur habe 100 Gulden gekostet. Nun sei
die Kapelle "wiederumb auff ein Neueß ausgeweisset, gesäubert
und wird auch wiederumben ein gressere Andacht und Zugang verspürrn".
Da die Weihe einer Kapelle viel Geld kostete, musste sie weiter verschoben
werden. Deshalb bat der Pfarrer ein zweites und ein drittes Mal um Verlängerung,
bis endlich am 3.August 1688 die Kapelle in einer feierlichen Zeremonie
von Weihbischof Judas Thaddäus Schmid konsekriert werden konnte. In
den Altar wurden Reliquien des Märtyrers Hadrianus und den Gefährten
des hl.Mauritius und der hl.Columba eingemauert. Das alljährliche Kirchweihfest
wurde auf den 1.Sonntag im August bzw. auf den Sonntag vor Laurentius (=
10.8.) gelegt.
Bau
der Klause 1706
Ab 1706 errichtete der Eremit Frater Georg Schlein aus dem Dritten
Orden des hl. Franziskus auf eigene Kosten eine Klause bei der Mariahilfkapelle.
Die Mitglieder dieser Eremitenkongregation der Erzdiözese Freising
wohnten als Einsiedler bei abgelegenen Kirchen, insbesondere Wallfahrtskapellen,
und betreuten dort die Heiligtümer. Den Bauplatz und ein Gartengrundstück
stellte die Ortschaft Walkertshofen zur Verfügung; Bedingung war,
dass beides nach dem Tod des Eremiten wieder in das Eigentum der Ortschaft
zurückfällt. 17)
Schlein erneuerte in der Kapelle die Pieta ("woraus das Wasser
im kleinen Capellen rindt"), ließ den Altar fassen (= bemalen)
und stiftete 4 Leuchter, Kelch, Messgewand, Kreuze, 2 Fahnen, ein Messbuch,
eine geschnitzte und vergoldete Maria im Rosenkranz ("Frauen Pilt
in dem Rosen Krantz"), die beim Chorbogen von der Decke hing,
ein neues Gestühl und zwei Glöckchen für den Dachreiter
(1720 17))
Apostelbilder
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Außerdem
ließ er an die Emporenbrüstung die zwölf
Apostel malen. Diese Apostelbilder sind nicht mehr vorhanden.
Wahrscheinlich handelt es sich um die Bilder, die sich heute in der
Pfarrkirche Walkertshofen an der Innenseite der Empore befinden. Noch
dazu hatte Schlein sich aus Rom einen Ablass verschafft, den Gläubige
beim Gebet in der Kapelle erwerben konnten.
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Klausner
Georg Schlein (1706-1734)
Frater Schlein betreute die Wallfahrer, hielt Rosenkranzandachten ab und
gab Schulunterricht. Während seines Wirkens in den Jahren 1706 bis
1735 erreicht die Wallfahrt zum Marienbründl ihren Höhepunkt. Votivbilder
aus dieser Zeit hängen im Bezirksmuseum Dachau. Erst unter seinen
Nachfolgern ließ der Wallfahrtsbetrieb nach.
Die Pfarrei Walkertshofen hatte sich vor dem Bau der Klause gut abgesichert.
Sie hatte den Bau nur unter der Bedingung erlaubt, dass die Klause bei
Tod oder Wegzug des Klausners in das Eigentum der Pfarrei übergeht.
Außerdem hatte man sich das Recht zusichern lassen, den Einsiedler
zu entlassen, wenn er kein vorbildliches Leben mehr führt ("falls
er seinem standt nach nit fromb und auferpeülich leben wurdte, ihn
sogleich wieder abzuschaffen").
Möglicherweise war diese Bestimmung der Grund dafür dass der
Pfarrer in Walkertshofen dem Eremiten 1710 verbot, mit dem Volk den Rosenkranz
in der Kapelle zu beten. 1719 schickte der Pfarrer Faber sogar
eine längere Beschwerdeschrift an das Ordinariat mit teils kleinlichen,
teils böswilligen Beschuldigungen, die der Eremit aber bei einem
Verhör in Freising leicht widerlegen konnte. Beim Dekan von Hirtlbach,
aber auch bei der Bevölkerung in Walkertshofen, war Schlein gut gelitten.
Man schrieb vom "gut löblichen Eüffer" des Eremiten
und dass man nichts Negatives über ihn hören konnte, obwohl
ihn viele Menschen von Geburt an kannten ("obwohlen in diser Gegendt
gebirtig, nichts widriges niemahlen vorkhommen"). Schleich verursachte
auch kaum Kosten: er hatte sein ganzes Erbgut in Höhe von 600 Gulden
in den Bau der Klause gesteckt; seinen Lebensunterhalt bestritt er durch
die Schule. Jedes Kind hatte als Schulgeld wöchentlich nur 1 Kreuzer
und 2 Pfennig zu entrichten. Das war ein sehr niedriger Betrag und entsprach
in der Kaufkraft 1,20 Euro heute. Bei bis zu 60 Kindern waren das 6 Gulden
(entspricht 280 Euro) Einkommen pro Monat.
Frater Schlein hatte sich der Eremitenkongregation der Diözese Freising
angeschlossen, deren Sitz in St.Emmeram bei Oberföhring lag. Die
Mitglieder dieser Kongregation wohnten als Einsiedler bei abgelegenen
Kirchen oder kleinen Waldkapellen und hatten neben der Betreuung dieser
Gotteshäuser auch die Aufgabe, den Bauernkindern der Umgebung Schulunterricht
zu erteilen. So wurden sie gleichsam die ersten Volksschullehrer auf dem
Lande und waren deshalb bei Volk sehr beliebt. Im Bistum Freising waren
damals 40 bis 60 Klausner eingesetzt. 1726 wurde Frater Schlein aus Walkertshofen
zum Altvater, zum Oberen der Kongregation, gewählt. Damals und auch
8 Jahre später, 1734, wohnte er noch immer in der Klause Walkertshofen.
Erst als man ihn 1735 nochmals zum Altvater wählte, zog er nach St.Emmeram
bei Oberföhrung um. Später lebte er in der Klause bei der Peterskapelle
auf dem Freisin-ger Domberg. 1743 wird er noch im Visitationsbericht aufgeführt,
1745 wird er als verstorben bezeichnet.
1731
wurde das Gotteshaus unter der Regie von Georg Schlein und seinem bereits
anwesenden Nachfolger Anton Roiderer umgebaut und eine Verbindung zwischen
Klause und Kapelle geschaffen. Der Zugang endete über der Vorhalle,
der ehemaligen Brunnenkapelle, in einem Oratorium.
1733, kurz vor dem Wegzug
des Klausners Schlein wurde das Dach repariert. Dafür wurden zwei
Überschläge
(=Kostenvoran-schläge)
erstellt. Der eine stammt vom Maurer Josef Vierer aus Walkertshofen 05)
,
den anderen (mit einem Kostenvolumen
von 61 Gulden) der Zimmerer Michael Mayr aus Walkertshofen 07)
.
Schmidt'sche
Matrikel von 1738 01)
In der Schmidt'schen
Matrikel aus den Jahren 1738/40, die der Freisinger
Kanonikus Schmidt verfasst hat, ist auch die Klausenkapelle unter der
Bezeichnung "Capella filialis Beatae Mariae Virginis auf dem Prunberg"
enthalten. Hier wird nochmals beschrieben, wie das Brunnenwasser, das
Heilwasser für die Menschen, aus der Christusfigur sprudelt. Der
einzige Altar sei Maria von der immerwährenden Hilfe geweiht. Gottesdienste
fanden damals am Annafest (26.Juli) und am Kirchweihfest Sonntag vor dem
Laurentiustag (10.Aug) statt. Und natürlich viele Votivgottesdienste
im Zusammenhang mit der Wallfahrt. Schmidt schreibt, es sei eine Sakristei
vorhanden; doch die Messgewänder würden vom Zelebranten aus
der Pfarrkirche mitgebracht. Im Turm hingen zwei geweihte Glocken.
Eine Pfarrbeschreibung von 1758
besagt, dass dort "wie die anwesente Vortiv-Tafflen anzeigen, und
wie wenige documenta Parochialia beweisen, vor disem, nemmlichen vor 30-40
Jahr ville beneficia geschehen" sind. 11)
Klausner
Anton Roiderer (1731-1778)
Schon 3-4 Jahre bevor Klausner Schlein Walkertshofen verließ,
hatte er die Klause seinem Nachfolger Anton Roiderer für 200 Gulden
übergeben. Der war im Alter von 26 Jahren in die Eremitenkongregation
eingetreten und leistete sein Noviziat bei Schlein ab. Frater Anton führte
die Arbeit von Schlein weiter. Er betreute die Wallfahrer, besuchte die
Kranken, unterrichtete die Kinder und half an Festtagen im Kloster Taxa
beim Sakristeidienst aus. Im Jahr 1747 entschloss er sich zu einem Umbau
der Klause. Sie sollte mit der Maria-Hilf-Kapelle verbunden werden. In
seinem Bittgesuch an das Ordinariat gab er an, dass die Kapelle in den
15 Jahren seiner Anwesenheit schon dreimal geplündert und er selbst
von dem Diebsgesindel fünfmal "angepackt" worden sei. Wenn
ein Verbin-dungsbau vorhanden wäre, könnte er im Falle eines
Einbruchs schnell mit den Glocken Sturm läuten und so die Diebe verscheuchen.
Obwohl der Pfarrer von Walkertshofen -wie fast immer- dagegen war, gestattete
das Ordinariat am 10.April 1747 dem Eremiten, dass er den Umbau ausführen
dürfe, aber nur mit eigenen Mitteln. Und so geschah es. Das Vorhaus
der Kapelle, das war wie erwähnt die alte Kapelle vor 1650, stockte
er auf und baute vom Oratorium im neuen Stockwerk aus einen Übergang
zur Klause. Unter diesem im Bogen ausgeführten Übergang konnte
man hindurchgehen. Mitte des 18.Jh. begann sich das Gedankengut der Aufklärung
durchzusetzen. Die Wallfahrten gingen kontinuierlich zurück. Dies
spürte auch die Klausenkapelle. Am 16.6.1778 starb Frater Roiderer,
nachdem er schon seit einiger Zeit "mit villen Bresten (=Krankheiten)
behafft" gewesen war.
Ausstattung
der Klause
Schon sechs Jahre vor seinem Tod hatte Roiderer durch eine Schenkungsurkunde
die Klause samt Möbeln und allem Vermögen der Eremitenkongregation
vermacht. Doch nach seinem Tod forderte die Verwandtschaft -auch wegen
einer unglücklichen Bürgschaft, die er dem Welsch-Kramer
von Unterweikertshofen geleistet hatte- die Klause als Erbe ein. Daraus
entstand ein langer Prozess. Aus den Akten erfahren wir das genaue
Inventar der Klause, das einen guten Eindruck von der Wohnung des
Eremiten wiedergibt:
Das Haus war gemauert, 25 Schuh (7,30 m) lang und 21 Schuh
(6,13 m) breit. Es hatte ein Obergeschoss und war nicht mit
einem Strohdach sondern schon mit einem Ziegeldach überdeckt.
Im Erdgeschoss befanden sich die Küche und die Wohnstube des
Klausners, die zugleich Schul-zimmer (für 50 Kinder) war.
Im Obergeschoss lagen ein Zimmerl mit verschlossener Bettstatt, daneben
eine weitere Stube und noch ein Kämmerl. Die Einrichtung bestand
aus den notwendigen Möbeln, frommen Bildern, eremitischen Büchern
und einigem Hausrat. |
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Kapellen-Umbau
1786
Während der langen Prozessdauer blieb die Klause unbewohnt. Dies
schadete auch der Kapelle, die nicht mehr betreut wurde. Deshalb musste
sie 1786 in größerem Umfang restauriert werden. Pfarrer
Daubenberger berichtete, dass die "ganz Ruinierte Clausen-Capellen"
von Gutthätern wieder hergestellt worden sei. Dabei hat man wahrscheinlich
auch den Altar erneuert und zu seiner heutigen Form umgestaltet. Danach
wechselten die Klausner in rascher Folge. Der letzte Eremit kam 1798 nach
Walkerts-hofen, wo er bis zur Säkularisation 1804 blieb. Frater Kolomann
Schneidig, schrieb der Pfarrer, habe sich untadelig benommen und im Schulhalten
beständigen Fleiß und Klugheit bewiesen. Nach der Säkularisation
heiratete der Frater und blieb als Lehrer in der Gemeinde Walkertshofen.
Säkularisation
1804
Im Jahr 1804 erreichte die Säkularisation auch Walkertshofen. Die
Klause fiel den kirchenfeindlichen Gesetzen zum Opfer, doch die Maria-Hilf-Kapelle
überstand -anders als das Kloster Taxa oder die Wieskapelle in Großberghofen-
die schwierige Zeit. Die Gemeinde erwarb das Gotteshaus und rettete es
so. Nur der Übergang zwischen Klause und Kapelle mitsamt dem Kapellenvorbau
mit Oratorium wurde abgerissen und die Klause in ein landwirtschaftliches
Anwesen umgewandelt. Später trug man die östlich an den Chor
angebaute Sakristei ab, die lange Zeit den Besitzern des Klausner-Gütls
als Keller gedient hatte.
Um 1970 übertrug die Gemeinde die Eigentumsrechte an der Kapelle
auf die Kirchenstiftung Walkertshofen.
Patrozinium
Im Laufe des 19.Jh. geriet das Maria-Hilf-Patrozinium in Vergessenheit
und es bürgerte sich der Name "St.Anna-Kapelle" ein. In
der Pfarrbeschreibung von 1817 wird berichtet, dass in der Kapelle zwar
ein Altar mit dem Bildnis "Mariae-Hilf" sei, das Patrozinium
aber am St.Anna-Tag gefeiert werde. Das war auch 1784 schon so, berichtete
Pfarrer Ägidius Daubenberger ("In der Eremiten Capellen war
allzeit das Patrocinium in festo Sanct Annae"). Die besondere
Verehrung der Mutter Anna scheint in Walkertshofen ein alter Ortsbrauch
gewesen zu sein. In der oben erwähnten Beschwerdeschrift des Pfarrers
Faber von 1719 gegen den Klausner Schlein wird vorgebracht, dass der Klausner
- um sich bei den Bauern einzuschmeicheln- einen vollkommenen Ablass auf
das St.Anna-Fest erlangen wolle, damit dieser Tag, der in der Pfarrei
ohnehin schon in besonderer Andacht gefeiert werde, noch festlicher begangen
werden könne. Dass die Kapelle der Muttergottes geweiht ist, besagt
eindeutig der Weihetitel von 1688. Immerhin waren auf dem Altar St.Anna
und St.Joachim als Assistenzfiguren angebracht.
Beschreibung
1880 02)
Auch in der Beschreibung der Erzdiözese München und Freising
von Mayer/Westermayer aus der Zeit um 1880 wird die Kapelle als
St.Annacapelle aufgeführt. Im Kuppel-Thurm hingen damals 2 Glocken.
Gottesdienst wurde damals am Annafest (26.Juli) gefeiert. Meßner
und Cantor war der Lehrer von Walkertshofen. Mayer/Westermayer schrieben
noch: "Die Capelle wird als Wallfahrt 'Maria Hilf'viel besucht. Sie
wird auch Klause genannt, weil früher ein Klausner da war".
Restaurierungen
im 20.Jh.
Auch nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg
drohte ein Abriss des inzwischen fast zur Ruine gewordenen Bauwerks. Pfarrer
Vogel von Vogelstein nach dem Ersten Weltkrieg und der aus Eisenhofen
stammende Münchner Weihbischof Dr.Johannes Neuhäusler (1888-1973)
nach dem Zweiten Weltkrieg konnten einen Abbruch aber abwenden.
1922: Vogel von Vogelstein notierte 1922:
"Die St-Anna-Kapelle ist sehr reparaturbedürftig. Die einen
sagen, daß man sie ganz entfernen soll, die anderen nein,
sie soll erhalten
bleiben. Zu den letzteren gehört der Unterzeichnete und eins mit
ihm das Generalconservatorium das
Bezirksamt
und der Verein für
Heimatpflege".
Die kirchliche Oberbehörde bestimmte am 4.Februar 1922, dass "unter
keinen Umständen der Abbruch der Annakapelle genehmigt wird".
Aber die Reparatur kam nicht in Gang. Der Pfarrer schrieb erneut, dass
wegen der Dachschäden in der Kapelle kein Gottesdienst gehalten werden
könne. Man habe zwar von "auswärtigen Verehrern der hl.Anna
22.000 Mark erhalten", doch die Spenden der Walkertshofener ließen
zu wünschen übrig: Sie warten bis andere die Kapelle mit ihrem
Geld restaurieren. Nach der Inflation erhielt das Oktogon der Kapelle
ein neues Blechdach und im Inneren wurde die Decke erneuert. Zur gründlichen
Entfeuchtung reichten die Mittel aber nicht.
1953: Bis zum Beginn der Restaurierung nach dem 2.Weltkrieg diente
die Kapelle als Hühnerstall und Rumpelkammer, der Fußbogen
war herausgerissen, die Mauer hatte ein Loch und der Altar war entfernt.
Neuhäusler sorgte durch großen persönlichen Einsatz für
die Renovierung der Kapelle. Fassmaler O.Winner fasste den Altar
und das Innere neu 13)
. 1956 war die Kapelle wieder benutzbar.
Doch das Hauptproblem des Baus, die Durchfeuchtung des Fundaments durch
das vom Berg fließende Wasser war damit nicht gelöst. Ende
der 1960er Jahre fasste man das Bergwasser zusammen und leitete es durch
einen Kanal in den nahen Bach. 17)
Am 18.10.1970 konnte Neuhäusler "unter lebhafter Beteiligung
der Bevölkerung" die Kapelle neu weihen.
Am 31.Mai 1974 wurde der Bronzebrunnen, den Prof.Josef Henselmann
aus München für die Kapelle geschaffen hatte, durch Pfarrer
Engelbert Wagner "unter Blitz und Donner" eingeweiht. 12)
Die bisher letzte Renovierung wurde
in den Jahren 2017/2018 durchgeführt, nachdem die Kapelle
wegen Einsturzgefahr nicht mehr betreten werden durfte. Das Dach (neue
Eindeckung mit roten Biberziegeln), der Dachstuhl und die Decke im Inneren
wurde erneuert sowie die Glocke restauriert. 14)
Am
27.Mai 2018 weihte Pfarrer Bula die Kapelle zum Abschluss der Renovierung
wieder ein.
17)
Baubeschreibung
13)
Bei der am äußersten
Ortsrand inmitten eines Bauernhofs errichteten Kapelle handelt es sich
um einen Bau mit achteckigem Grundriss (Oktogon) und angebautem
Chor mit 3/8-Schluss.
Die Kapelle gehört aber nicht dem Bauern, sondern der Pfarrstiftung
Walkertshofen.
Bedeckt ist sie mit einem Pyramidendach (rote Biberplatten) auf dem eine
zwiebelbekrönte offene Laterne
(aus Kupfer) mit vergoldetem Knauf und einem Kreuz sitzt.
Im Türmchen hängt
derzeit eine kleine Glocke
aus dem Jahr 1777 13),
17).
Sie wurde 2020 repariert und von der Fa. Perner in Passau mit einem
neuen Rundballenklöppel aus St37-Stahl ausgestattet. Auch die
Aufhän-gung mit dem Eichholzjoch wurde erneuert. Die Kosten
von 3916 Euro trug die Kirchenverwaltung. Die Glocke besitzt die
Umschrift: "Ecce crucem domini. Fugite partes adverse"
(seht das Holz des Kreuzes. Flieht, ihr gegnerischen Mächte).
15) ,
16)
Leider ist die 1722 von
Anton Benedikt Ernst zusammen mit Johann Matthias Langenecker
aus München 06)
für
die Kapelle gegossenen Glocke nicht mehr vorhanden.
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Glocke
von 1777
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Innenausstattung
10),
13)
Altarraum
Der stark eingezogene Altarraum ist eingewölbt
(Kreuzgratgewölbe
mit Stichkappen)
und wird durch zwei ovale Fenster erhellt. Das Kirchenschiff, das
Oktogon, besitzt eine Flachdecke mit einer Stuckrahmung.
Vor einigen Jahren wurde die Kapelle vollständig
ausgeraubt. Es sind deshalb weder die früheren Gnadenbilder noch
die Votivbilder oder die Votivgaben aus der Wallfahrtszeit mehr vorhanden.
Altar
Der Altar von 1650 wurde
wohl 1786 erneuert und erhielt dabei sein heutiges Aussehen mit klassizistischen
Elementen in der barocken Retabel.
Bis 1786 standen als Assistenzfiguren Figuren der Heiligen Anna und Joachim
auf Konsolen neben den Säulen.
Das Retabel, der Altaraufbau, ist blau und grau-gelb marmoriert ( = mit
Marmormuster bemalt). Die Säulenkapitelle sind vergoldet. Darüber
ein verkröpftes
Gesims mit zwei seitlichen Vasen.
Der Auszug enthält ein Marienmonogramm. Der Altartisch ist nicht
-wie sonst üblich- gemauert, sondern aus Holz gearbeitet.
Mittelpunkt des barocken, Altars
ist ein sog. Mariahilfbild,
die Kopie eines vielverehrten Originalgemäldes von Lucas Cranach aus
dem Jahr 1530. Es ist ein 88 x 58 cm großes Ölgemälde auf
Leinwanduntergrund.
Bis
vor wenigen Jahren hing hier in der Kapelle ein 1650 gemaltes Bild,
das später etwas überarbeitet worden war. Es war -neben
der Pieta mit dem Bründl- das Ziel einer kleinen Marienwallfahrt.
Ende des 20.Jh. wurde das
Bild -wie alle übrigen Gegenstände in der Kapelle- gestohlen.
Heute hängt deshalb am Altar nur eine originalgetreue Nachbildung
des früheren Gnadenbildes von 1650.
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Mariahilfbild
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Das Bild ist von einem silbergetriebenen
Rahmen im Mischstil von Rokoko und Klassizismus mit punzierten Messingaufsatz
eingefasst (1786) 13)
Oben am Rahmen ist ein Schriftband mit dem Text "großer
Mirackel Bildniß Maria" zu lesen.
Das Bild selbst ist mit "Sancta Maria Auxiliatrix" (=
Helferin) beschriftet.
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Hinweis: Das Original
des Maria-Hilf-Bildes malte um 1530 der Lutherfreund Lucas Cranach
d.Ä. für den sächsischen Kurfürsten (was charakteristisch
für die damals noch recht diffusen Konfessionsunterschiede war).
Als Geschenk gelangte es 1611 nach Passau, 1625 nach Tirol, wo es
heute noch in der Innsbrucker Stadtpfarrkirche hängt. Für
Passau wurde 1622 die erwähnte Kopie gefertigt und schon bald
in der Kirche "Maria Hilf als wundertätiges Gnadenbild hoch verehrt;
besonders wurde es angerufen zur Abwendung der Türkengefahr und
der Pest. Im Gefolge seiner Verehrung entstanden im 17./18.Jh zahlreiche
"Maria-Hilf-Bruderschaften" um die Zentren Innsbruck, Passau und Wien.
Die etwas verspielt-neckische Darstellung voll idyllischer Intimität
kam der gefühlsbetonten Frömmigkeit des späten Rokoko
besonders entgegen, sodass allenthalben weitere neue Kopien hergestellt
wurden, die ehrfürchtigen Zulauf fanden.
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Der Tabernakel aus
Holz mit weiß-goldener Bemalung besitzt seitliche Volutenpilaster
und eine Nische mit Muschelkalotte
.
Er misst 68 82 x 35 cm.
Sonstige
Einrichtungsgegenstände
Das Gestühl besteht
aus drei Bankreihen mit geschweiften Stuhlwangen, die wohl noch aus der
Zeit von 1709-1719 13)
stammen und somit zu den ältesten
im Dachauer Land gehören.
An der Wand hängt ein 162 cm hohes Kruzifix aus neuerer Zeit.
Ein weiteres Bild zeigt Christus
an der Geißelsäule. Es wurde im 18.Jh mit Öl auf eine
Kupferplatte gemalt.
13)
Der Kreuzweg
besteht aus 14 ungerahmten Holztäfelchen aus dem Jahr 1965
(68?). Sie sind mit "B6 68" signiert.
In
der Nähe des Eingangs steht noch ein alter Opferstock
aus Eisen mit Beschlagbändern.
Votivgaben
08)
Früher
war befanden sich in der Kapelle viele Wachsmotive, Hände,
Füße, Menschenfiguren, Wickelkinder, Augen, Rösser
und Kühe. Auch Eisenketten waren zu sehen, die geheilte Geisteskranke
hingehängt hatten; sie waren vorher damit gefesselt gewesen.
Nach dem 2.Weltkrieg hingen außer einem hölzernen Votivbein
und vier Krücken nur noch 16 Votivbilder aus der Zeit zwischen
1849 und 1894 in der Kapelle. Einige davon waren Werke des volkstümlichen
Malers Gabinus Dillitz aus Unterweikertshofen (1856-1937). Meist
zeigten sie eine Darstellung des Gnadenbildes.
Hinter der Kapelle ist
das von Prof. J. Henselmann im Jahr 1970 neu gestaltete Bründl zu
sehen. Aus einem Kupferbecken ragt eine Bronze-Blüte hervor,
aus deren sechs tütenförmigen Ausbuchtungen Wasser fließt.
In der sich öffnenden Blüte steht eine Muttergottesfigur.
Die Figur wurde 1974 von Pfarrer Engelbrecht Wagner gesegnet. 17)
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Brunnenfigur
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Hans Schertl
Bericht
über das Wildbad
08),
04), 03)
Am Fronleichnamstag 1550 entdeckte
der ehem. Gerichtsdiener von Kranzberg, Jörg Haffner,
der sich in Unterweikertshofen als Bader niedergelassen hatte, die Heilquelle
am Fuß des "Mühlberges", westlich von Walkertshofen.
Er litt an einer ansteckenden Krankheit und durfte nicht zu anderen Leuten
gehen. Als er nach einem Bad in der Quelle seine gelähmte Hand geheilt
wurde und auch der Beizollner von Schwabhausen, dem wegen eines ähnlichen
Leidens "3 Jahr lang die Kürchen [= der Kirchenbesuch]
und baden verboten gewesen", auf gleiche Weise seine Gesundheit wiedergefunden
hatte, [Originaltext: "er hat nach ihme gebadet und ist wol geheilt
worden"] wurde die Heilquelle rasch bekannt und erregte weites Aufsehen.
Aus allen Himmelsrichtungen, sogar von der Pfalz und aus der Schweiz kamen
nun Kranke und Gebrechliche in langen Zügen nach Walkertshofen, die
hier an der Quelle Heilung suchten. Insbesondere die fanden Heilung, die
"auswendige und all sichtige Schäden" hatten. Meist haben
sie Ganz- oder Teilbäder genommen; Trinkkuren werden nicht beschrieben.
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Jörg Haffner, bald Jörg
"Bader" genannt, hatte das Wildbad (= mineralisches Heilbad
08)
in
kurzer Zeit aufgezogen und mit seinem nicht unbeträchtlichen
Vermögen viele Zuber (Prenten), Badewannen und die sehr
teuren Kessel (von denen einer über 55 Gulden kostete) angeschafft.
Ein zeitgenössischer Holzschnitt von 1551 vermittelt ein anschauliches
Bild über den Badebetrieb, der sich in notdürftig aufgestellten,
offe-nen Bretterhütten und Zelten abspielte, wo die Bade-gäste
in hölzernen Zubern im angewärmten Heilwasser saßen.
Der Ruf des Bades war bald über die Grenzen des Dachauer Landes
hinaus gedrungen. Ein Grund für die Vielzahl der Heilungsuchenden
war auch, dass sehr soziale Eintrittspreise verlangt wurden: Vierstündiges
Baden waren mit drei Kreuzern pro Tag abgegolten.
Trotz bestehenden Verbotes wurde das Wasser auf Maultieren bis nach
Augsburg weggeführt und dort verkauft.
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Daneben hatte fast jedes Bauernhaus
eine Badestube, wo die Kurgäste baden konnten ("gar treffliche
Bauernhäuser, in denen man überall baden kann"). Sogar
der Pfarrer nahm Badegäste auf, sehr zum Ärger der Wirtsleute,
da der Pfarrer das Vorrecht hatte, pro Sommer drei Faß Wein auszuschenken,
ohne dafür eine Art Getränkesteuer zu entrichten.
Damals war viel los in Walkertshofen.
Der Lärm der Schausteller, die sich mit ihren Buden an der Quelle
niedergelassen hatten, sei so unerträglich, dass die Kranken keine
Ruhe finden könnten, die Weidezäune der Bauern würden im
Bad als Brennholz verfeuert, streunende Landsknechte und allerlei Gesindel
machten die Gegend unsicher, hieß es.
Am 9.6.1551 sandte der Hofkammerrat
in München drei Beamte nach Walkertshofen, um den Badebetrieb amtlich
zu regeln: Heilwasser durfte nur nach Welshofen, Unterweikertshofen und
Großberghofen verkauft werden. Das Bad musste von vier Personen
Tag und Nach bewacht werden. Um die Beschaffung von ausreichendem Brennholz
zu sichern (Bedarf 200 Klafter), wurden die "Adeligen, Klöster
und Private, so sie Holtz in der Nähe besitzen", verpflichtet,
solches billig herzugeben und mit Scharwerch, d.h. unentgeltlich zu befördern.
Sogar die Konzession für eine Gastwirtschaft wurde erteilt, wenn
auch nach hartem Kampf mit den Grund- und Hofmarksherren der Umgebung,
die Besitzer von Ehehaftstafernen waren. Doch durften Brot, Wein und Fleisch
nicht teurer verkauft werden als anderswo, d.h. in den Gaststätten
der Umgebung. Gastwirtschaftspächter wurde der Oberrother Metzger
Michael Einhart. Interessant ist, dass als Getränk nur der Wein erwähnt
wird, nicht das Bier, das damals noch immer nicht das Volksgetränk
war.
Der Badebetrieb war eigentlich nur im Sommer offen. Im Winter hielten
sich nur wenige Menschen in Walkertshofen auf.
Doch schon 4 Jahre nach Entdeckung
der Quelle war der große Rummel vorbei. Seit Mitte des Jahres 1554
schweigen die Archivalien über das Bad. Ob der Mangel an Brennholz,
die Überbeanspruchung der Quelle oder andere Ursachen den Badebetrieb
zum Erliegen brachten, wissen wir nicht.
08)
Quellen:
01) Dr.Martin v.Deutinger,
Die älteren Matrikeln des Bistums Freysing, 1849/50
02)
Anton Mayer /Georg Westermayer,
Statistische Beschreibung des Erzbistums München-Freising. München
1874-1880
03)
Hans-Günter Richardi, Dachauer Neueste vom 9./10.7.1977 (Hauptquelle-Geschichte,
Wildbad)
04)
Dr.Joseph Scheidl, Das ehemalige Wildbad in Walkertshofen, Amperland,
1966/2
05)
Max Gruber, Für Dachau tätige Architekten und Maurermeister,
Amperland 1982/3 (Vierer)
06)
Max Gruber, Im Amperland tätige Glockengießer, Amperland
1984/2
07) Max Gruber, Im Amperland tätige Zimmermeister,
Amperland 1986/4 (Mayr)
08)
Robert Böck, Wallfahrt im Dachauer Land, Bd 7 der Kulturgeschichte
des Dachauer Landes 1991 (Hauptquelle-Geschichte)
09)
Robert Böck, Kirchenrechnungen Landgericht Dachau, 1996 (Umbau
1650)
10)
Monsignore Jakob Mois, Kleine Schriften, herausgegeben von Pfarrei
und Gemeinde Rottenbuch, 2007 (Hauptquelle)
11)
Robert Böck, Dachauer Weihnachtstaler 2004 (1758)
12)
Alois Angerpointner, Altbairische Sagen Teil 1, 3-922394-58-2, (1974)
13)
Kunsttopographie des Erzbistums München und Freising, 1982
14)
Dachauer Nachrichten vom 23.5.2018 (Renovierung)
15)
Dachauer Nachrichten vom 24.6.2020 (Glocke)
16)
Peter Pongratz, Klausenkapelle, Paulusbote 2020-2
17)
Pfarrverband Erdweg, Die Klausenkapelle Walkertshofen, 2020
18) Pressemitteilung
der Erzdiöze München und Freising vom 8.7.2021
19) Liste
der Baudenkmäler
in Erdweg, D-1-74-118-44,
Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Baudenkmäler-Stand 16.9.2023
8 Bilder: Alfred Bayer (2), Hans Schertl (5), Pfarrverband Erdweg
(1)
4.5.2022
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