Die
Herkunft der Vierkirchner
Figuren
Um die Herkunft ranken sich die verschiedensten
- teils wider-sprechenden - Gerüchte. Leider wurden bis heute
keine Dokumente gesichtet, die einwandfrei den Weg der Figuren nach
Vierkirchen dokumentieren. Denn es ist erstaunlich: 2 Skulpturen
eines Künstlers von europäischem Rang, die formal nicht
zusammengehören, die der Bildhauer nicht zusammengehörig
schuf, stehen in einer - zwar sehr schönen - aber dennoch eher
unbedeutenden Dorfkirche.
In der Vierkirchner Chronik von 1879 ist ein Ankauf im Jahre 1874
dokumentiert: "Christus am Kreuze und die schmerzhafte Gottesmutter
lieferte der Bildhauer Johann Vordermeier aus München." Nun
ist es durchaus wahrscheinlich, dass es sich um fragliche Gruppe
handelt, da für spätere Jahre keine ähnlichen Transaktionen
nachzulesen sind. Bezahlt wurden die Figuren von Mitgliedern der
Pfarrei, wie aus einem Spendenverzeichnis zu ersehen ist .
Wie kam aber Vordermeier zu den Güntherfiguren?
Wenn Kirchenräume überarbeitet wurden, wurden die Kunstwerke,
die man nicht mehr zu gebrauchen glaubte, meist an die beteiligten
Handwerker/ Künstler verkauft (vielleicht ist in diesem Zusammen-hang
"verscherbelt" das bessere Wort), die diese Werke an andere Kirchen,
an denen sie auch oder später arbeiteten, wieder verkauften.
Der Ausdruck "lieferte" in der Chronik schließt nicht aus,
dass Vordermaier die Plastiken nicht selbst fertigte.
Nun hätte es sein können, dass Günther, der für
die Münchner Frauenkirche zwischen 1770 und 1773 viele Werke
schuf, auch eine Schmerzensmutter und einen Gekreuzigten fertigte.
Eine historische Fotografie von 1858 zeigt auf dem Altar ein Kreuz,
das dem in Vierkirchen durchaus ähnlich ist. Im Zuge einer
rigorosen Purifizierung in den Jahren 1858 bis 1864 wurden alle
Werke des sogenannten "Zopfstils" entfernt und an beteiligte Handwerker
verkauft.
Folgende Punkte muss man mit der -an sich schlüssigen- Erklärung
abwägen:
1. Die Mater Dolorosa ist auf frühere Jahre datiert, als Günther
noch keine Arbeiten für die Frauenkirche schuf, nämlich
1765 bis 1770.
2. Ein Vergleich der historischen Aufnahme lässt mangels Qualität
der Aufnahme keinen gültigen Schluss zu.
3. Johann Vordermeier war laut vorhandener Rechnungen nicht am Umbau
der Frauenkirche beteiligt.
4. Vordermaier war mit der Münchner Künstler- und Tändlerfamilie
Gedon verschwägert - vielleicht kamen die Skulpturen über
den Gedon'schen Kunsthandel in die Hände Vordermaiers.
30 Jahre nachdem Vordermaier fragliche Figuren an die Pfarrkirche
Vierkirchen lieferte, wird die Mater Dolorosa in der Pfarrchronik
Vierkirchens erwähnt. Der damalige Pfarrer ließ wohl
einige Arbeiten in der Kirche machen und bemerkte: "Auch die alte
an einen Bauern (Tonibauer in Esterhofen) verschenkte schmerzhafte
Madonna wurde wieder gewonnen."
Doch wie kam die Madonna zum Tonibauern?: In der Chronik des Pfarrers
Steinberger berichtete dieser, dass im Jahr 1869 die Jungfrau Magdalena
Eisenhofen ihn um Hilfe bat, zum Eintritt in ein Kloster. Sie würde
1000 fl. zur beliebigen Verwendung für die Pfarrkirche spenden.
Das hat sie 1870 auch getan. Die junge Frau war die Tochter des
Tonibauern, vielleicht hat der Pfarrer dem Bauern die Figur, die
sowieso nicht dem Zeitgeschmack entsprach, als Gegenleistung überlassen.
Gerüchte und Mutmaßungen - es wurden noch keine Dokumente
gefunden, die den Weg der Plastiken zweifelsfrei nachweisen.
|
|
Die
Restaurierung
In den Jahren 2001 bis 2003 wurden
sowohl die Mater Dolorosa, als auch das Kruzifix vom Münche-ner
Atelier Thomas Schoeller untersucht und restauriert. Finanziert
wurde dies vom Vierkirchener Aktionskreis.
Ziel der Restaurierung war, den Originalzustand der Plastiken, so
wie sie Ignaz Günther geschaffen hatte, wiederherzustellen.
Dafür mussten Holz und die daraufliegenden Fassungen genauestens
unter die Lupe genommen werden.
Beim Kruzifix wurden über der Originalfassung noch 5 Überfassungen
festgestellt. Von der ursprünglichen Fassung war noch 30 -
40% intakt. Da eine chemische Freilegung nicht möglich war,
hätte das Kruzifix mechanisch, mit dem Skalpell freigelegt
werden müssen. Da es weder historischer, noch künstlerischer
Dokumentation dient, wurde aus Kostengründen auf eine Freilegung
der ursprünglichen Fassung verzichtet. Stattdessen wurde die
Figur abermals überlasiert, in der Farbigkeit - durch die Befunduntersuchung
lagen die Informationen darüber vor - in der sie Günther
damals gestaltete.
Bei der Untersuchung der Marienfigur
stellte man mehrere Risse, in dem von hinten ausgehöhlten Körper
fest. Im Inkarnat wurden vier verschiedene Fassungen festgestellt,
das Kleid und die Mantel-innenseite wiesen je zwei Fassungen auf,
die jedoch beide von minderer Qualität sowie ausgeblichen waren.
Bei der Restaurierung wurden die Risse und Fugen geschlossen und
die geschwächten Partien stabilisiert. Die ursprüngliche
Inkarnatfassung, d.h. Gesicht und Hände, wurde freigelegt und
an den Stellen, an denen die Erstfassung nicht mehr vorhanden war
rekonstruiert. Bei der Freilegung wurde festgestellt, dass Ignaz
Günther sogar Tränen geschnitzt hatte, und diese nicht
etwa durch pastosen Farbauftrag gestaltet hatte! Die Vergoldungen
an Mantel, Kleid und Schuhen wurden wiederhergestellt. Mantel und
Kleid wurde von den verblichenen Lacken gereinigt, fehlerhafte Stellen
repariert. Abschließend wurde neuer Lüster in den Farben
Preußischblau und Krapprot aufgebracht.
Fazit
Auch wenn die Herkunft der Schmerzensmutter
und des Gekreuzigten nicht geklärt werden kann, auch wenn sie
eigentlich gar nicht zusammengehören, auch wenn die Farbigkeit
nach der Restaurierung für manche noch gewöhnungsbedürftig
ist, sollte man sich einfach freuen, dass in der Vierkirchner Kirche
zwei herausragende Kunstwerke sind und die Gelegenheit nutzen, sie
zu betrachten und die Werke eines genialen Künstlers zu bewundern.

|