zur Landkreiskarte               Kirchen in der Gem.Vierkirchen

Evang.-Luth.Gemeindehaus in ESTERHOFEN


Beschreibung

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Vierkirchen ist Teil der Pfarrei Petershausen-Kemmoden. In Vierkirchen leben rd. 700 evang. Gemeindemitglieder.

Das Gemeindehaus steht in der Nähe des S-Bahn-hofs Esterhofen. Es wurde im Jahre 1978 errichtet.

Das Gebäude ist ein Holzbau, in dem neben Gottesdiensten viele Veranstaltungen, nicht nur religiöse, stattfinden. Damit erfüllt es den selbst-gestellten Anspruch, Stätte der Begegnung für die Menschen in Vierkirchen und Umgebung zu sein.

Über die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde in Vierkirchen hat Wolfgang Scherf in der Festschrift 1200 Jahre Vierkirchen einen Aufsatz veröffentlicht (siehe unten).


Im Gemeindehaus befindet sich seit 2004 ein großes Kruzifix, das der Künstler Franz Hämmerle (*1949) aus Windach im Jahr 2000 geschnitzt hatte.
Das Kruzifix erinnert in seiner Aussage an die romanischen Kruzifixe, die nicht den leidenden Christus, sondern den Sieger über den Kreuzestod zeigen. Das Kreuz ist beweglich und kann bei verschiedenen Gelegenheiten an verschiedenen Orten aufgestellt werden.
Frau Wiebke Heider hat das Kruzifix in einem Aufsatz in der Zeitschrift "Haus,Hof und Heimat beschrieben. Wenn Sie den Artikel lesen möchten, klicken Sie hier...

In den Landkreiskirchen steht ein weiteres Werk von Franz Hämmerle: der neue Zelebrationsaltar in Odelzhausen, den er 2002 gestaltete.



Quellen:
Wolfgang Scherf, in der Festschrift 1200 Jahre Vierkirchen, 1979
Wiebke Heider, Das neue Kreuz im evangelischen Gemeindehaus, "Haus,Hof und Heimat" 2005

1 Bild: Hans Schertl (2005)


Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Vierkirchen
Von Wolfgang Scherf

Im Februar 1944 siedelte sich die erste evangelische Familie in Vierkirchen an, um den Schrecken der Bombennächte in Berlin zu entgehen. Sie fand in der damals 600 Seelen zählenden Dorfgemeinde Vierkirchen hilfreiche Aufnahme. Zu dieser Zeit gehörte Vierkirchen zur evangelischen Pfarrgemeinde Dachau, die 1943 ca. 1000 Gemeindemitglieder im Dachauer Bezirk betreute. Unter anderem wurde schon in den dreißiger Jahren die "Assoziationsanstalt Schönbrunn", in der etwa 30 evangelische Pfleglinge lebten, von Dachau aus versorgt, als die dortige Gemeinde noch, als exponiertes Vikariat Dachau, Bestandteil der Pfarrei der Christuskirche in München war. Es hatte -die Gebiete Allach, Feldmoching und Schleißheim mitumfassend- 1550 Seelen zu betreuen, Die Urkunde über die Errichtung des Pfarramtes Dachau wurde am 5. Februar 1941 von Bischof Hans Meiser ausgefertigt.

Durch den Flüchtlingsstrom der Kriegs- und Nachkriegszeit wurden auch im Landkreis Dachau immer mehr Evangelische untergebracht und schon bei Kriegsende war eine kirchliche Betreuung der Hilfesuchenden dringend nötig. In Vierkirchen linderten die Methodisten in dieser Hinsicht die erste Not, bis dann dass evangelisch-lutherische Pfarramt in Dachau die seelsorgerische und soziale Betreuung der Gemeindemitglieder übernehmen konnte. Im Jahre 1948 lebten in Vierkirchen 67 Evangelische. Zuzüglich derjenigen, die in den Gemeindeteilen Esterhofen (11), Jedenhofen (6) und Rettenbach (9) unterkamen, waren es 93 Gemeindemitglieder, in der später eingemeindeten Kleingemeinde Pasenbach 17. Der wesentliche Teil des kleinen Gemeindekerns stammte aus der Batschka. Trotz der zu dieser Zeit ja nicht unerheblichen Entfernung nach Dachau, konnte der bekannte Dachauer Pfarrer Albrecht Köberlin regelmäßig im Turnus von etwa vier Wochen in einem Schulzimmer der Vierkirchener Volksschule Gottes dienst halten und Religionsunterricht für ungefähr zwölf Kinder, auch aus den umliegenden Kleingemeinden, geben.

Im Jahre 1954 brachte eine Vereinbarung zwischen den Pfarrämtern Dachau und Kemmoden für Vierkirchen eine einschneidende Änderung: dieser Gemeindeteil von 80 Mitgliedern wurde am 3. März 1955 mit sieben weiteren politischen Gemeinden, die im Nordteil der Pfarrei Dachau lagen, von Kemmoden pastoriert und karitativ betreut. Darunter waren auch Markt Indersdorf mit 73 und Pasenbach mit zwölf Seelen. Die endgültige Umpfarrung dieser Gebiete erfolgte erst am 5. September 1966 unter Pfarrer Eberhard Mehl, der von 1964 bis 1975 die Kirchengemeinde Kemmoden im Dekanat Ingolstadt (Kirchenkreis Regensburg) leitete, während Weichs schon 1951 nach Kemmoden eingepfarrt wurde. Kemmoden ist eine der ältesten evangelisch-lutherischen Gemeinden in Altbayern. Es feierte 1978 sein 150jähriges Kirchweihfest und wurde von evangelischen Siedlern aus der Pfalz gegründet, die hier Überrheiner genannt wurden. Diese begannen ab 1801 unter der Regierung des Kurfürsten Max Joseph mit der Kolonisation der Moorgründe bei Dachau und Rosenheim und des Donaumooses. Die Kirchengemeinde Kemmoden wird seit November 1977 von Pfarrer Hans Auner geleitet und umfasst heute die vier weiteren Predigtstationen Lanzenried (mit einer zweiten alten evangelischen Kirche), Markt Indersdorf, Petershausen und Vierkirchen. In einem Umkreis von 25 km werden über 1700 Seelen betreut, hiervon leben über 300 im Vierkirchener Bereich.

Die Vierkirchener Evangelischen haben in den letzten Jahren ein immer regeres Gemeindeleben entwickelt. Dank der verständnisvollen Zusammenarbeit mit der katholischen Kirchengemeinde unter Pfarrer Wolfgang Lanzinger konnten unsere Gottesdienste 1973 aus dem Schulzimmer in die schöne Pfarrkirche St. Jakob verlegt werden. Unser Gemeindeteil stellt eine Kirchenvorsteherin und die Kirchenpflegerin für den Kirchenvorstand von Kemmoden sowie einen Prädikanten und einen Lektor, die in der Gesamtgemeinde tätig sind. Es finden regelmäßig Kindergottesdienste, Frauennachmittage, Seniorentreffen und anderes mehr statt. Die zahlreichen Aktivitäten der Gemeindemitglieder haben schließlich dazu geführt, dass im November 1978 ein evangelisch-lutherisches Gemeindehaus in Esterhofen eingeweiht werden konnte. Dieses Haus ist im Landkreis Dachau einzigartig. Als Stätte der Begegnung dient es dazu, das Gemeindeleben in Vierkirchen noch intensiver zu gestalten und die bestehenden Verbindungen zwischen den Urgemeinden Kemmoden und Lanzenried und den in den Nachkriegsjahrzehnten -trotz der Abwanderung von 90 % der Vertriebenen aus der Kemmodener Gemeinde im Jahre 196 - stetig gewachsenen Teilgemeinden Markt Indersdorf, Petershausen und Vierkirchen zu vertiefen. Darüber hinaus soll es auch für die Vierkirchener Bürger ein offenes Haus sein. Die Evangelischen sind im 1200jährigen Vierkirchen daheim. Möge es mit Gottes Hilfe auch in Zukunft so sein.



Der Auferstandene
Das neue Kreuz im evangelischen Gemeindehaus
von Wiebke Heider

Der Künstler Franz Hämmerle aus Windach schnitzte 2000 das Kreuz "Der Auferstandene", das sich seit gut einem Jahr im Gemeindehaus befindet. Bei dem aus Lindenholz gefertigten Kreuz handelt es sich um ein besonderes Kruzifix. Jesus wurde nicht im Stadium vor der Kreuzabnahme dargestellt. Hier steht er aufrecht vor dem Kreuz. Die Füße finden festen Halt auf der Stütze, das Gesicht spiegelt noch einen Nachklang vom erlittenen Grauen und die Hände sind frei nach oben gestreckt. Er weist mit voller Kraft darauf hin, dass Gott ihn vom Tode erlöst hat. Seine Geste kann aber auch so verstanden werden, dass er im Begriff ist, vom Kreuz herab zu steigen und den/die Gläubigen zu umarmen. Dieses Kreuz handelt vom Sieg des Lebens über den Tod und versteht es in aller Schlichtheit, Verzweifelnden und Betenden die frohe Botschaft des Evangeliums anschaulich zu sichtbar zu machen.

Darauf bezog sich auch der von Pfarrer Scharrer gewählte Predigttext im 1.Korintherbrief, 1 . Kapitel, Vers 18-25, hier zitiert die Verse 24 und 25: "Aber alle, die von Gott berufen sind, Juden wie Griechen, erfahren in dem gekreuzigten Christus Gottes Kraft und erkennen in ihm Gottes Weisheit. Gott erscheint töricht - und ist doch weiser als Menschenweisheit. Gott erscheint schwach und ist doch stärker als Menschenkraft".
In der Predigt stellte Pfarrer Scharrer anhand zahlreicher Beispiele dar, dass Gott die Menschen liebt und ihnen beisteht, egal wieviel Schuld sie auf sich geladen haben. Für diese große Gottesliebe steht seit einem Jahr ganz besonders der Auferstandene im evangelischen Gemeindehaus Vierkirchen-Esterhofen. Vor der hellen Holztäfelung im Inneren des Hauses fällt die Darstellung nur dem ins Auge
der sich bewusst umschaut. Das lässt sich als Beispiel für den Glauben im Alltag verstehen. Die Nähe Gottes erschließt sich nicht auf den ersten Blick und muss von den Gläubigen oft gesucht werden.
Das Kreuz Wanderschaft
Zu besonderen Anlässen zieht das Vierkirchner Kreuz nun durch die Diaspora-Gemeinde. So war es schon zweimal auf dem Gemeindefest im Gemeindezentrum Petershausen als Altarkreuz zu Gast und schmückte den Raum während der Abschiedsfeier für das Pfarrersehepaar Susanne und Hansjoachim Scharrer am 24. Juli 2005 in Petershausen. Es wird sicher noch bei vielen anderen auswärtigen Veranstaltungen mit seiner Ausstrahlung zu einer besonderen Atmosphäre beitragen. Diese Wanderschaft des Kunstwerkes wird vom Künstler Franz Hämmerle sehr befürwortet. Zum Einen hat er das Kreuz so geschaffen, dass es mobil ist. Zum Anderen hat er mit seiner wirklich großzügigen Unterstützung ermöglicht, dass es im Sommer 2004 der Gemeinde gestiftet werden konnte. Der Künstler berichtete, dass der anonyme Stifter eine persönliche Beziehung zu diesem Kreuz hat und Gott für erwiesene Hilfe seinen Dank abstatten wollte. Ihm sei es wichtig, dass seine Kunst für andere eine besondere Aussage gewinnt und ihr Leben begleitet. Deshalb hat er sich bereitgefunden, sich von diesem besonderen Stück zu trennen. Franz Hämmerle sagte: "Dabei geht es mir immer um die Bedeutsamkeit für uns und nicht um ein naturalistisches Nachempfinden. So abstrahiere ich, versuche, das Geistige, Mysterium auszudrücken. Der Mensch soll dabei in seiner Tiefe angerührt werden, dass er zur Zwiesprache mit sich und mit Gott kommt. Im Bildwerk soll die trostvolle und heilende Kraft, die uns von Gott in der Liebe Jesu zugesagt ist, unsere Sinne erreichen.
Der Künstler Franz Hämmerle
Der Künstler Franz Hämmerle, geboren 1949 in Lengenfelde/Obb, lebt und arbeitet heute in Windach am Ammersee. Er ist Diplom-Theologe, Kunsterzieher am Rhabanus-Magnus-Gymnasium von St. Ottilien und akademischer Bildhauer. Dieser Dreiklang verdichtet sich in seinem Werk zu einer Vielzahl von künstlerischen Äußerungen, deren tiefe Verwurzelung im christlichen Glauben jedoch stets spürbar bleibt. Die Titel seiner Werke lauten entsprechend "Tor der Begegnung", eine Reminiszenz an die Begegnung von Maria und Elisabeth an der goldenen Pforte (??). "Wachender Bote" und "Moses", der die Gesetzestafeln gen Himmel streckt. Neben diesen christlich motivierten Themen entstehen Skulpturen, die dem irdischen Bereich zuzuordnen sind, wie die "Begegnung" eines Paares (Bronze, Puchheim), eine Gruppe, die einen Annäherungsversuch des Mannes durchaus humorvoll schildert. Meist arbeitet Hämmerle mit den Hölzern Pappel und Linde, doch sind auch Werke in Granit und Marmor zu finden. Werke von Franz Hämmerle sind im Diözesanmuseum Freising und in der Sammlung der evangelischen Landeskirche vertreten. Seit 1973 stellt Franz Hämmerle seine Werke öffentlich aus, u.a. in München, Stuttgart, Paris, Yvetot, Innsbruck, Ansbach, Altenmünster, Coburg Puchheim, Memmingen und Dachau. Zum Landkreis Dachau hat Franz Hämmerle eine langjährige Beziehung. In der evangelischen Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte Dachau befindet sich seit 1996 sein Werk "Christus mit Ecclesia". 2005 beteiligte sich Franz Hämmerle gleich zweimal am Skulpturenweg in Altomünster:
Nr. 1 "Einigkeit" - auf dem Marktplatz und Nr. 24 "Kuh", das als Relief das Hinterteil einer Kuh die gerade durch eine Tür in den Stall zurückkehrt. Es wurde so passgenau an einem Gebäude angebracht, dass der Betrachter schon zweimal hinschauen muss. So lässt der Künstler sein Publikum schmunzeln. Franz Hämmerle veranstaltet in seinem Windacher Atelier regelmäßig "Tusculum-Konzerte" mit bekannten oder hörenswerten jungen KünstlerInnen. Publikum und KünstlerInnen schätzen die einmalige Atmosphäre und die positive Ausstrahlung im umgebauten Bauernhaus. Weitere Informationen zum Künstler und seinem Atelier finden sich im Internet unter: www.haemmerle-tusculum.de

Der Artikel wurde in der Vierkirchener Heimatzeitschrift "Haus, Hof und Heimat", Ausgabe 2005 veröffentlicht
Veröffentlichung auf dieser Seite mit freundlicher Erlaubnis von Helmut Größ.

 

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12.4.2022