zur Landkreiskarte                               Kirchen in der Gem.Hilg.-Tandern

Filialkirche St.Michael in MICHELSKIRCHEN

Luftbild

Die Kirche St.Michael ist eine Filiale der Pfarrei Hilgertshausen.
Lage der Kirche auf der Karte ...


Kurzbeschreibung

Das kleine Dorf Michelskirchen liegt etwas westlich der Straße von Indersdorf nach Hilgertshausen.
Es gehört politisch zur Gemeinde Hilgertshausen-Tandern und
kirchlich zur Pfarrei Hilgertshausen

Die dem hl.Michael geweihte Kirche ist für die rd. zwanzig Einwohner relativ groß (30 Sitzplätze und große Freiflächen). Die erste Kirche stand hier schon um das Jahr 1000. Damals wurde der Ort noch Satanisinga genannt.
Der heutige Bau wurde im Wesent-lichen kurz nach der Zerstörung der Kirche im Dreißigjährigen Krieg, im Jahr 1659, errichtet. Finanzier war der Hilgertshausener Hofmarksherr Wolf-gang Wilhelm Lösch.

Prunkstück der im Übrigen sparsam ausgestatteten Kirche ist der barocke, rot/gelb marmorierte Hochaltar, mit Säulenarchitektur, reichem Zierrat und mit Figuren des Kirchenpatrons St.Michael und der Bauernheiligen Isidor und Wendelin.


 

Eine kleinere Michaelsfigur hält eine Seelenwaage in der Hand. Darauf sind die guten und schlechten Taten personifiziert dargestellt. Der Erzengel Michael wird nach der Legende als Seelenbegleiter ins Jenseits beschrieben, der vorher die Taten der Verstorbenen gegeneinander abwägt.


Seelenwaage des hl. Michael (rechts die guten Taten)

Zuletzt wurde die Kirche in den Jahren 2019/2020 für über 350.000 € renoviert.

Denkmalschutz
Die Kirche steht unter Denkmalschutz und ist in der Denkmalliste für Hilgertshausen-Tandern beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege aufgeführt. 16
Darin wird sie wie folgt beschrieben: "Aktenzeichen: D-1-74-147-10; Michelskirchen 4; einschiffig mit nicht eingezogenem, dreiseitig geschlossenem Chor, an der Südseite Turm mit Oktogon und Zwiebelhaube, im Kern mittelalterlich, 1659 erneuert und erweitert; mit Ausstattung" 


Was noch interessiert

Gottesdienste werden in der Kirche nur noch selten gehalten.
Die Gottesdienstordnung der Pfarreiengemeinschaft Tandern finden Sie hier...

 


Ausführliche Beschreibung der Kirche
mit ikonographischen und kunsthistorischen Hinweisen

Der Weiler wurde um das Jahr 1000 in mehreren Tauschurkunden erwähnt (als Michaheliscella oder als Miheles-Chirichun) 11).
Schon darin ist auch von einer Kirche die Rede. Die Urkunden haben die 1000 Jahre ihres Bestehens in der Urkundensammlung "Freisinger Traditionen" überstanden. Diese Schriftstücke handeln von Schenkungen (lat. Traditiones) an das Bistum Freising.

G
eschichte der Kirche

Erste Nennungen

- Die erste Urkunde stammt aus der Zeit zwischen 995 und 1006, aus der Regierungszeit des Freisinger Bischofs Gottschalk (994-1005). Darin wird ein Tausch zwischen dem Bischof und dem Edlen Altmann beschrieben: 166 Morgen Land mit 1/4 Kirche zu Guntperhtesdorf an den Bischof gegen eine Kirche und das gleiche Maß Fläche zu Michaheliscella (= Michelskirchen) an den Adeligen Altmann (.. in loco Michaheliscella dicto ecclesiam unam decimatam, et in eodem loco atque in proximo jacentibus aequalem mensuram - Meichelbeck l.c.nr.1138). Wenn Sie den Originaltext der Urkunde lesen möchten, klicken sie hier...

- Die zweite Urkunde betrifft einen Tausch mit dem Scheyerner Grafen Ödalscalh (Besitz in Gartelsried / Gartherisreot gegen Besitz in Michelskirchen/Satanasinga und Hilgertshausen/Helidgereshusun).

- Nach der dritten Urkunde tauschte Bischof Egilbert (1005/1006-1039) Liegenschaften zu Michelskirchen des Grafen Ödalscalh (Udalskalk) gegen bischöfliche Güter in Moosach ein. Steichele schreibt dazu in seinem Buch "Das Bistum Augsburg":
Unter Godeskalk's Nachfolger Egilbert erscheint Michaelskirchen im Besitze des Grafen Udalskalk von Scheiern; denn dieser gibt im Tausche gegen Güter zu Mosach dem Hochstift Freising die Kirche zu Michaelskirchen (ad sancti Miheleschirichun) mit 6 Huben und 19 Jauchert (Jauchert/Joch/Tagwerk = 3407 qm) Landes nebst andern nähern und fernern Besitzungen. Der Ort bestand damals aus zwei Höfen. Angeblich wollte dabei das Bistum Freising Michelskirchen erwerben und seinen Einfluss nach Westen ausdehnen.

  Hinweis: Das genaue Erstellungsdatum geht aus den Urkunden nicht hervor, weil damals (ab dem 9.Jh), die auf römischen Brauch zurückgehende ausführliche Eingangsformel vereinfacht worden war. Die Zeitrechnung "nach Christi Geburt" war damals noch nicht üblich. Nach römischem Recht musste an den Anfang des Schriftstücks eine umfassende Darstellung des Rechtsgeschäfts, die Aufführung der Zeugen, das Datum und die Unterschrift des Schreibers gesetzt werden. Ab dem 9.Jh, also zu der Ausstellungszeit unserer Urkunde, begnügte man sich mit einer kurzen Erwähnung der Rechtshandlung und einer akribischen Aufzählung aller Zeugen des Vertrags-abschlusses. Grund war, dass im Fall der Anfechtung der Rechtshandlung der Hauptbeweis in den Zeugen lag. Bei der Beschreibung der Rechtshandlung führte man auch die Namen der Rechtsbeteiligten auf. War eine der Parteien die Kirche, wurde der Name des Bischofs genannt. Da die Regierungszeit der Freisinger Bischöfe bekannt ist, lässt sich aus dem Bischofsnamen die Zeit ermitteln, in der die Urkunde ausgestellt wurde.


Der Weiler Michelskirchen wird um das Jahr 1000 nicht nur als Michaheliscella, sondern auch als Satanasinga bezeichnet. Dieser Name deutet auf einen heidnischen Kultplatz (bei den Satansleuten) hin. Mehr dazu...

Nach mündlicher Überlieferung soll hier in Michelskirchen bis ins Spätmittelalter hinein ein Pferdemarkt abgehalten worden sein. Daraus wird ein Bezug zur Keltenzeit abgeleitet, weil Pferde bei den Kelten verehrt wurden. 15)

Dreißigjähriger Krieg
Wann die um 1000 erwähnte mittelalterliche Kirche gebaut wurde und wie in den nächsten 600 Jahren ihr weiteres Schicksal verlief, wissen wir nicht. Erst gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges wird Michelskirchen wieder erwähnt. Es wird davon berichtet, dass beim letzten verheerenden Einfall der Schweden und Franzosen in Bayern 1648 auch Hilgertshausen und Umgebung sehr hart getroffen wurden. Überliefert ist, dass die Soldaten in Michelskirchen die Glocken raubten.


Bau der heutigen Kirche 1659

Die Kirche selbst, insbesondere die Inneneinrichtung, wird wohl auch in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Jedenfalls ließ Wolfgang Wilhelm Lösch schon 10 Jahre nach dem Krieg, 1659, das Gotteshaus auf seine Kosten aufwändig restaurieren und vergrößern und "ihm einen neuen Thurm anbauen." Zeitgenossen beschrieben das Kirchlein denn auch "als barocken Bau mit einem reizvollen Turm". 1680 wurden neue Glocken beschafft 11)

Während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) brannten die aus österreichischen und englischen Soldaten bestehenden Koalitionstruppen wohl nach der Schlacht von Donauwörth beide Höfe ab. 11) Von Schäden an der Kirche ist nichts bekannt.

Pfarrbeschreibung 1864  03)
Im Jahr 1864 verfasste der Kirchengeschichtler (und spätere Erzbischof von München und Freising) Anton von Steichele (1816-1889) ein kirchen- und lokalgeschichtliches Monumentalwerk "Das Bisthum Augsburg", das die Grundlage für die geschichtlichen Daten des Gotteshauses in Michelskirchen bildet. Wenn Sie den Text lesen möchten...

1931 erwarb Pfarrer Andreas Hösle neue Glocken. Eine der beiden Glocken musste aber schon 1942 zum Einschmelzen für Kriegszwecke abgeliefert werden. 11)


Renovierungen

1659 Renovierung nach dem 30jährigen Krieg; dazu Vergrößerung und Turmbau durch Wolfgang Wilhelm Lösch. 14)
1875 Renovierung nach Brand durch Blitzschlag.
1930/31 Renovierung nach Brand durch Blitzschlag.
1974-77 Die nächste große Renovierung fand in den Jahren 1974-1977 unter Pfarrer Alfred Suyter statt. Die Trockenlegung der Wände und die Verlegung des Eingangs stand auf der Agenda. Die Sakristei auf der Nordseite wurde abgebrochen und der Kircheneingang auf die Südseite verlegt. 15) Auch die Altäre und die Figuren hat man restauriert. Zu den Kosten trugen die Gläubigen 20.000 DM an Spenden bei. In einem feierlichen Pontifikalgottesdienst mit dem Augsburger Weihbischof Manfred Müller (1972-1982 in Augsburg, danach Bischof von Regensburg) wurde die Kirche am 22.9.1979 neu benediziert (gesegnet).
1985 Renovierung nach dem 3.Blitzschlag innerhalb von 110 Jahren. Einige Balken waren angekohlt. 14)
Die Kirche in 510 m Höhe scheint blitzschlaggefährdet zu sein.
2019/20

Schon im Jahr 2012 wurde wieder eine Renovierung durchgeführt. Der 350 Jahre alte Dachstuhl von 1659 war schadhaft geworden. Doch es dauerte bis 2019, bis das Architekturbüro Springer aus Pfaffenhofen die Einzelheiten der Renovierung ausarbeitete. Auf dem Programm stand die schon erwähnte Restauration des Dachstuhls, eine neue Dacheindeckung, der Außenputz und der Neuanstrich der Außen- und Innenseite. 10)
Einen interessanten Einblick in die frühere Handwerkstechnik bietet ein Stück aus dem renovierten Gebälk der Kirche. Man verwendete keine Eisennägel, sondern Holznägel, wie auf dem nebenste-henden Bild zu sehen ist.


Holznagel
Die Kosten der Renovierung betrugen 354.000 Euro. Davon trug die Diözese 212.000 € (= 60 %), den Rest teilten sich der Bezirk Oberbayern, die Gemeinde Hilgertshausen-Tandern, der Landkreis Dachau, die Bayer.Landesstiftung und die Pfarrei St.Stephanus 80.000 € 14); davon wurden 35.000 € durch Spenden gedeckt.  11) , 12), 13)
Am Samstag, 18.9. 2021 wurde die Kirche nach der Renovierung vom Augsburger Bischof Dr.Bertram Meier eingeweiht/gesegnet. 14)


Innenausstattung

Der Kirchenraum ist spartanisch ausgestattet.
Weder Decke noch Wände sind bemalt.
Außer dem (allerdings reich verzierten) Altar befinden sich nur ein Kruzifix und eine kleine Michaelsfigur im Raum.


Vergrößerte Ansicht des Chortaltars und der Figuren per Mouseklick
Vergrößerte Ansicht des Chortaltars per MouseklickST. MichaelKruzifix

Der nicht eingezogene Altarraum schließt in drei Seiten. Die fünf Fenster in barocker Ovalform geben der Kirche viel Helligkeit.
Mehrere farblich leicht ins Graue abgesetzte Pilaster mit gelben Sockeln und Kapitellen gliedern den Raum.


Altar

Der hochbarocke Altar besitzt einen Säulenaufbau. Zwei gewendelte und zwei glatte Säulen stützen ein vorkragendes Gebälk, auf dem ein halbrunder Altar-auszug das Retabel perfekt nach oben abschließt. Zwei Englein weisen auf das Dreieck im Strahlen-kranz, das Symbol für die Hl.Dreifaltigkeit hin.


St.Michael
In der Mittelnische steht der Kirchenpatron St.Michael.
Er schwingt ein Flammenschwert mit seinem rechten Arm; mit der Linken hält er die sog. Seelenwaage.
Michael gilt auch als der Seelenbegleiter ins Jen-seits (und nimmt damit die gleiche Stellung ein wie in der ägyptischen Mythologie Thot sowie Hennes bei den alten Griechen).
  Der Erzengel hält die Seelenwaage, die Abwägung zwischen den guten und schlechten Taten. Noch heute wird er deshalb im Totenoffizium der katholischen Kirche angerufen mit der Bitte, "dass der Bannerträger St.Michael die Seelen ins heilige Licht führe". Michael empfängt die Seligen am Paradieseingang, so wie Petrus an der Himmelspforte.

St.Isidor

Assistenzfiguren sind die Bauern- und Hirtenheiligen Isidor und Wendelin (mit Hirtentasche und Schäferschaufel).
St.Wendelin (555-617), ein schottischer Königssohn, war Schafhirte bei einem Edelmann in der Nähe von Trier. Später wurde er (ohne Priesterweihe) Abt des nahegelegenen Klosters Tholey. (Festtag am 20.Okt.)
St.Isidor lebte im 12. Jh. als Knecht bei einem Baron. Seine Mitknechte verpetzten ihn, weil er ständig betete. Als sein Herr feststellen wollte, ob dies stimme, sah er der Überlieferung nach zwei weiße Stiere, von einem Engel geleitet, pflügen, während Isidor im Gebet daneben kniete. Isidor wird häufig mit Pflug oder Spaten (wie in Michelskirchen) dargestellt.
(Festtag am 15.Mai)


St.Wendelin

Auf einer Anrichte an der Südwand des Chores steht eine kleinere Michaelsfigur. Auch diese Figur schwingt in seiner rechten Hand ein Flammenschwert (mit dem der Erzengel den Aufstand des Luzifers bekämpfte) und hält in der linken Hand die Seelenwaage. Flammenschwert ist die Bezeichnung für ein Schwert, dessen Klinge gewellte (geflammte) Schneiden hat.

St.Michael

Wandkruzifix
An der Nordwand hängt ein großes barockes Kruzifix.
Hinweis: In den frühchristlichen Kirchen wurde das Kreuz ohne den Corpus des Gekreuzigten angebracht. Dann aber wurde Christus am Kreuz als lebender und über den Tod triumphierender, göttlicher Sieger mit geöffneten Augen und in aufrechter Haltung dargestellt. Erst im hohen Mittelalter (etwa seit dem 12. Jh) setzte sich die Abbildung des leidenden und toten Gekreuzigten, die Betonung des Menschseins Jesu durch, wie wir es von unseren Kirchen kennen.

 


Blick vom Altar aus

Die Innenwände der Kirche ist durch Lisenen mit gelben Kapitellen (im Chor) und durch Nischen (im Kirchenschiff) gegliedert. In diesen Nischen befinden sich die fünf ovalen Fenster aus der Barockzeit.

Insgesamt 10 Bänke bieten rd. 30 Personen Platz.

Früher lag der Eingang der Kirche (mit einem kleinen Vor-haus) an der Westseite unter der Empore.
Bei der Renovierung 1975 hat man festgestellt, dass der Originaleingang an der Südseite gelegen war. Das ohnehin baufällige Vorhaus wurde daraufhin abgebrochen, der Eingang auf die Südseite verlegt. Dabei kam sogar ein eingemauerter Opferstock zum Vorschein. 15) Die Tiefe der Empore musste um einen Meter verringert werden.

 

Kirchengeschichte
auf der Steintafel

An der Südwand, neben dem Portal, ist eine Steintafel angebracht, auf der die wichtigsten geschichtlichen Daten der Kirche eingraviert sind:
     Sankt-Michaels-Kirche
vor dem Jahr 1000 urkundlich bezeugt
1648 verwüst-Glockenraub
1659 Erneuerung Turmbau
1875 Renovierung
1930 Blitzsch. u. Brandschaden
1930 Renovierung
 

Die Pfarrei Hilgertshausen hat auch eine interessante Homepage (www.pfarrei-hilgertshausen.de).
Wenn Sie mehr über die Gottesdienstzeiten, den letzten Pfarrbrief und die sonstigen Aktivitäten der Pfarrei erfahren wollen: klicken Sie hier...

Hans Schertl

Quellen:
01) Zeitungsbericht vom 25.9.1979
02) Handgeschriebene Chronik aus Michelskirchen - Steintafel in der Kirche
03) Anton v.Steichele, Das Bistum Augsburg, historisch und statistisch beschrieben, Zweiter Band Augsburg 1864,
S.187
04) Theodor Bitterauf, Die Traditionen des Hochstifts Freising, 1909 (Nr.1336, 1337, 1429)
05) Fritz Mayer/Rudolf Wagner, Der Altlandkreis Aichach, 1979
06) Wilhelm Liebhart in Hilgertshausen-Tandern, Bilder aus vergangenen Tagen, 2003
07) Rupert Stadler, Flurnamensforscher, Eichstätt, 2010
08) Dachauer Nachrichten vom 21./22.1.2012 (Renovierung 2012)
09) http://www.deutschland123.de/michelskirchen-Einwohner (ca.20)
10) Josef Ostermair, Sanierung wird deutlich teurer, Dachauer Nachrichten vom 24.Nov.2016 (Renov.2018/20)
11) Josef Ostermair, St.Michaelskirche wird renoviert, Dachauer Nachrichten vom 29.April 2019 (Renov.2018/20)
12) Josef Ostermair, Kirchenrenovierung vor dem Abschluss, Dachauer Nachrichten vom 27.3.2020 (Renov.2018/20)
13) Josef Ostermair, Balken, in die der Blitz eingeschlagen hat, Dachauer Nachrichten vom 26.8.2020 (Renov.2018/20)
14) Josef Ostermair, Neugierig auf das Kirchlein in Michelskirchen, Dachauer Nachrichten vom 15.9.2020 (Tag d.off.Denkm)
15) Josef Ostermair, Kleinod mit dramatischer Geschichte, Dachauer Nachrichten vom 10.9.2021 (Einweihung 2021)
16)
Denkmalliste für Hilgertshausen-Tandern beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege

14 Bilder: davon Horst Lachmann (1), Hans Schertl (13)

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

30,3,.2022

Die Ortsbezeichnung Satanisinga

Der Weiler Michelskirchen wird um das Jahr 1000 nicht nur als Michaheliscella, sondern auch als Satanasinga bezeichnet.
Dieser Name entspringt keiner Sage, denn die Bezeichnung ist in einer Tauschurkunde aufgeführt, die sich in der Freisinger Urkundensammlung "Freisinger Traditionen erhalten hat.
Über die Herkunft gibt es drei Theorien:

1. Heidnischen Kultplatz
Dieser Name deutet auf einen heidnischen Kultplatz (bei den Satansleuten) hin. Später soll Michaheliscella (die dem hl. Michael geweihten Zelle) den Namen Satanasinga verdrängt haben.
Schon der Historiker Anton von Steichele, der 1864 eine Chronik des Bistums Augsburg schrieb, glaubte diese Geschichte nicht.


2. Andere Siedlung
Steichele war der Auffassung, dass Satanasinga eine eigene Siedlung in der Gegend zwischen Hilgertshausen und Gartelsried war. Dies sehen auch die heutigen Heimatforscher so.
Eine reine Legende ist diese Ortschaft jedenfalls nicht, weil sie unter dem Namen Satanasinga in der oben erwähnten Tauschurkunde des Bischofs Gottschalk (994-1006) und des Grafen Udalstalt von Scheyern schriftlich fixiert ist. 1035 wird in einer anderen Tauschurkunde aber zwischen Satanasinga und Michelskirchen unterschieden.

Steichele schreibt 1864 03) :
  "In ältester Zeit bestand ein Ort Satanasinga = Ort des Satanas, wahrscheinlich zwischen Hilkershausen und Gartelsried der Pfarrei Tannnern gelegen, Eigenthum der Kirche von Freising, aber unter Bischof Godeskalk (994-1006) mit andern anliegenden Besitzungen gegen Güter in Gartelsried an den Grafen Udalskalk von Scheiern ausgetauscht ("... de rebus aecclesie in loco Satanisinga dicto, atque in proximo jacentibus locis ad Helidgereshusun pertingentibus sub ejusdem comitis (Uodalschalchi) potestate tunc temporis in beneficium detentis.. Meichelbeck l.c.nr.1139).
Als aber Bischof Godeskalk's Nachfolger Egilbert (1006-1039) die Freising'schen Besitzungen in Mosach an den genannten Grafen überließ, gab dieser die Güter ad Satanatingun mit Liegenschaften zu Gartelsried und in andern Orten an das Hochstift zurück. Eine Feldmarke zwischen Gartelsried und Oed nördlich von der Strasse gegen Stadelheim, die Lehenäcker genannt, wird als die Stelle eines abgegangenen Hofes bezeichnet; ob aber dieselbe eine Beziehung auf obigen Ort habe, läßt sich nicht angeben".

3. Römische Garnison
Eine weitere, interessante Erklärung für den ungewöhnlichen Namen steuert Rupert Stadler, Flurnamensforscher aus Eichstätt, bei. 07)
Nach seiner Auffassung hat Satanasinga mit den alten Römern zu tun. Die römische Armee hatten eine Truppengattung, die vor dem Signum, dem Feldzeichen kämpfte und als "ante signa" bezeichnet wurde. An den Orten, an denen solche Einheiten stationiert waren, ging diese Bezeichnung auf den Ort über. In späteren Jahren wurde wohl aus dem "ante" ein Sante bzw. Satan. Ein ähnliches Beispiel gibt es auch im Eichstätter Gebiet.

Urkunde
mit der ersten Nennung von Michelskirchen (995-1005)

Bischof Gottschalk von Freising tauscht von seinem Vasallen, dem Edlen Altman, 166 Morgen
mit 1/4 Kirche zu Gumpersdorf gegen eine Kirche und das gleiche Maß zu Michelskirchen.


Aus dem kirchen- und lokalgeschichtliche Monumentalwerk "Das Bisthum Augsburg"
von Dr.Anton von Steichele   03)

Filiale Michelskirchen

2.Michaelskirchen,
Weiler, 3 Häuser (2 Höfe, 1 Ausbruchgütlein), 24 Seelen, 3/8 Stunden südwestlich; Kirche S.Michaelis.

Hier stand schon in ältester Zeit eine Kirche, Eigenthum des Hochstiftes Freising. Denn als zwischen 994 und 1006, wie oben angeführt wurde, der edle Vasall Altmann Güter in Gumpertsdorf an die Freisinger Kirche gab, erhielt er dagegen von Bischof Godeskalk (= Gottschalk von Hagenau) Kirche und Zehenten zu Michaheliscella mit einem seiner Uebergabe entsprechenden Maße an Liegenschaften in diesem und in nahe gelegenen Orten (.. in loco Michaheliscella dicto ecclesiam unam decimatam, et in eodem loco atque in proximo jacentibus aequalem mensuram - Meichelbeck l.c.nr.1138).

Unter Godeskalk's Nachfolger Egilbert, 1006-1039, erscheint Michaelskirchen im Besitze des Grafen Udalskalk von Scheiern; denn dieser gibt im Tausche gegen Güter zu Mosach an das Hochstift Freising die Kirche zu Michaelskirchen (ad sancti Miheleschirichun) mit 6 Huben und 19 Jauchert (Jauchert/Joch/Tagwerk = 3407 qm) Landes nebst andern nähern und fernern Besitzungen. Später gehörten die 2 Höfe zur Hofmarke Hilkershausen. Das Kirchlein ließ Wolfgang Wilhelm Lösch im J. 1659 auf seine Kosten vergrößern und ihm einen neuen Thurm anbauen.
Monatlich 1 hl. Messe - Rentierliches Vermögen 5662 fl. 30 kr. Hypothekenkapital 220 fl. Fristenkapital.