Bruderschaften
an der Jakobskirche in
Dachau
Bruderschaften
sind kirchlich errichtete Körperschaften, die je nach Ausrichtung
allen Personen oder nur verschiedenen Personenkreisen (Zunftbruderschaften)
offenstehen. Die theologische Wurzel bildet die Vorstellung von der Gemeinschaft
der Kirche, zu der auch die Verstorbenen gehören (Corpus Christi
Mysticum). Ein Hauptanliegen ist das religiöse Totengedenken. Dazu
treten weitere Ziele (Caritas, Förderung individueller Frömmigkeit).
Bruderschaften stehen unter dem Patronat eines Heiligen oder einer Heilstatsache
(wied z.B. die Verehrung des eucharistischen Sakraments). Marianische
Bruderschaften beziehen sich auf unterschiedliche Marienfeste oder Gnadenbilder
oder treten auch als Rosenkranz- und Skapulierbruderschaften auf.
Eine Wurzel des Bruderschaftswesens dürften die frühmittelalterlichen
Gebetsverbrüderungen sein. Bruderschaften sind im Raum des heutigen
Bayerns seit dem Spätmittelalter belegt, überwiegend jedoch
seit dem 15. Jahrhundert. Nach einem Einbruch im 16. Jahrhundert erlebte
das Bruderschaftswesen in der Barockzeit eine neue Blüte. Die durch
die Gegenreformation eingeleitete Erneuerung des religiösen Lebens
führte zur Gründung zahlreicher neuer Bruderschaften.
Gegenüber dem Mittelalter, in dem oft auch soziale Leistungen gefordert
wurden, bezogen sich die Verpflichtungen, die die Mitglieder der Bruderschaften
eingingen, in der Barockzeit fast ausschließlich auf geistliche
Tätigkeiten. Im 19. Jahrhundert erhielten Bruderschaften durch das
katholische Vereinswesen (Marianische Kongregation, Dritter Orden, Missionsverein,
Kolpingsverein) eine neuartige Konkurrenz. Die meisten erloschen im Laufe
des 20. Jahrhunderts ohne formelle Auflösung. 105)
In Dachau gab es folgende
Bruderschaften:
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Rosenkranzbruderschaft
1628 50),
51)
Die ersten Rosenkranzbruderschaften gab es in Bayern schon kurz
nach der Gründung der ersten Kölner Rosenkranz-bruderschaft
im Jahre 1475. Hier nach Dachau kam sie aber erst 150 Jahre später.
Nach Robert Böck wurde die Dachauer Rosenkranzbruderschaft
von Bürgermeister Simon Klaffenbacher und seiner Frau Anna
gestiftet und am 7.10.1628 von den Dominikanern, die sich besonders
um das Rosenkranzgebet verdient gemacht hatten, in die Pfarrkirche
eingesetzt. 1656 wurde das Stiftungsvermögen um 200 Gulden
aufgebessert. Dadurch und durch ertragreiche Opferstockgefälle
verfügte die Bruderschaft über nicht unerhebliche finanzielle
Mittel. Sie dienten der Durch-führung von Bruderschaftsfesten,
Prozessionen und Wallfahrten. Mit dem Geld finanzierten sie auch
Ornate, Fahnen, Bruderschaftsstöcke und Bilder. Das Hauptbild
auf dem Bruderschaftsaltar in der Jakobskirche war eine Kopie des
wunder-tätigen Gnadenbildes aus der Landshuter Dominikanerkirche,
das an diesem Gnadenbild anberührt war.
In den Ordinariatsakten finden sich nämlich ein Bericht von
Pfarrer Balthasar Wibmer vom 23.7.1677, in dem ausgesagt wird, dass
die (Bestätigungs)Bulle ein Sonderbestimmung für
die Dominikaner enthalte: Sollten die Dominikaner in der Nähe
von Dachau eine eigene Kirche erhalten, könnten die Ablässe
und Privilegien der Bruderschaft neben den Stiftungen (bonis temporalibus)
"ex praedicta capella" (aus der vorgenannten Capelle)
in diese neue Dominikanerkirche übertragen werden. Man nimmt
an, das mit "dieser Capelle" die Schlosskapelle gemeint
war. Die Mitglieder der Bruderschaft hatten die Ver-pflichtung,
jeden Tag einen Rosenkranz zu beten. Das Vermögen betrug 1819:
675 Gulden 05),
1874 rd. 2176 Gulden 12)
.
Die Einführung der Rosenkranzbruderschaft durch Alanus de Rupe
im Jahr 1464 in Lille fand nicht ungeteilten Beifall. Die Mitglieder
mussten innerhalb einer Woche ein "Psalterium" von 150
Ave Maria und 15 Paternoster (= drei Rosenkränze) beten. Die
Gegner befürchteten, "das Volk würde im Vertrauen
auf die Wirkung solch einer großartigen Gebetsgemein-schaftdie
vorgeschriebenen Pönitentien und die Geistlichkeit das Brevier
vernachlässigen. Die Pfarrkirchen würden sich leeren,
wenn sich die Bruderschaft nur in den Kirchen der Dominikaner und
Franziskaner versammle". 136)
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Liebesbund
christlicher Herzen zur Liebe des Nächsten und zum hl.Herzen
Jesu, Mariä und Josef 1752
Die Bruderschaft mit dem langen Namen wurde am 31.Mai 1752 durch oberhirtliche
Confirmation (Bestätigung) von Pfarrer und Dekan Donat
Gruber 51)
gegründet. Das Titularfest fiel auf den 5.Sonntag nach Pfingsten.
Papst Benedikt XIV. verlieh ihr Ablässe auf den Besuch des Hauptfestes
und der 4 Quatember-Sonntage (= 1.Fastensonntag, Pfingsten, 3.September-sonntag,
3.Adventssonntag).
Die Mitglieder mussten bestimmte Gebete verrichten, sich in guten
Werken, insbesondere der Nächstenliebe zu üben und einen
Ablasspfennig mit der Aufprägung von Jesus, Maria und Josef mit
brennendem Herzen an den Rosenkranz hängen oder an der Kleidung
tragen 51).
Das Vermögen betrug im Jahr 1819: 138 Gulden, 1874: rd. 368 Gulden.
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Bruderschaft vom hl.Georg 1733
(oberhirtlich confirmiert am 21.4.1733) mit Ablässen von Papst
Clemens XII. Auch sie ist schon erloschen. Grundlage für diese
Bruderschaft war die Erzählungen in der Legenda
Aurea, nach der Georg in weißer Rüstung den
Kreuzrittern vor Jerusalem erschien: er seit von Gott zur Erde zurück
geschickt worden und werde sie in ihrem Kampf gegen die Sarazenen
unterstützen. Die Legende berichtet weiter, Georg habe die Sarazenen
erschlagen und Jerusalem erobert. 106)
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Johann Nepomuk-Bruderschaft
Von ihr ist mir nur bekannt, dass sie 1819 ein sehr hohes Vermögen
von 2.290 Gulden besaß. Die Mitglieder der Johannes-Nepomuk-Bruderschaft
sollten sich bemühen, die Ehre und den guten Ruf der Mitmenschen
zu achten.
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Kapitelbruderschaft 51)
Von der Bruderschaft ist erstmals in der 2.Hälfte des 15.Jh
die Rede. Prominentestes Mitglied war Herzog Sigismund von Bayern
(1439-1501), der 1485 aufgenommen wurde.
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Corporis
Christi-Bruderschaft 51)
Sie ist aus dem Jahr 1739 bekannt. Zweck war die Ewige Anbetung
des allerheiligsten Altarsakraments mit einer wöchentlichen
Dienstagsmesse. Höhepunkt war natürlich die Fronleichnamsprozession.
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Quellen
05) Königlich-Bayerisches Intelligenzblatt
für den Isarkreis, 1819 S. 603 (Stiftungsvermögen)
12) Mayer-Westermayer, Statistische
Beschreibung des Erzbisthums München-Freising, 1880, Band I.
50) Robert Böck, Rosenkranzandacht
und Rosenkranzbruderschaften der Barockzeit im Dachauer Land, Amperland
1991/2
51) Robert Böck, Wallfahrt
im Dachauer Land, Bd. 7 der Kulturgeschichte des Dachauer Landes 1991
105) Walter Pötzl, Bruderschaften,
in: Historisches
Lexikon Bayerns, Zugriff: 15.04.2013
106) www.heiligenlexikon.de/BiographienG/Georg_der_Maertyrer.htm
136)
Johan
Huizinga, Herbst des Mittelalters, 1919, S.242, ISBN 978-3-15-020366-8
(Rosenkranzbruderschaft)
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