Schlosskapelle
in UNTERWEIKERTSHOFEN
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Geschichte des Schlosses
Einen
umfangreichen Bericht über die Geschichte der Schloss- und
Hof-marksbesitzer von Unterweikerts-hofen, die um 1230 mit den Schiltber-gern
beginnt, finden Sie im Histo-rischen Atlas von Bayern, der 1958
von der Kommission für Bayerische Landesgeschichte herausgegeben
wurde. 10)
Sie können den
Bericht hier lesen...
Das Schloss Unterweikertshofen
wurde in den Jahren 1610 bis 1616 auf den Grundmauern einer
früheren Burg er-baut, die schon im 12.Jh. vom Edel-geschlecht
der Weikertshofener ange-legt und später von den bayerischen
Herzögen ausgebaut worden war.
1597 wurde das frühere Schloss als "Edlmannsitz vnd ein
alter Purchstall" bezeichnet. 09)
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Schon 17 Jahre nach seiner Fertigstellung,
im Jahr 1632, wurde das Schloss im 30jährigen Krieg von den Schweden
zerstört. Eine Steintafel im Erdgeschoss des Schlosses trägt
die Inschrift:
"Dis Schloß So Ano 1632 von den Schwedischen Kriegsvolkh ist
Abgebrent und Ano 1657 wider REPARIERT worde, durch den Hochwolgebre hh
John Franz von Preysing ... " 09)
Das 1657-61 wieder errichtete Schloss
steht heute noch. Auch wenn die vier zwiebelgedeckten Ecktürmchen
(aus Holz ?) inzwi-schen wieder abgetragen wurden. Es handelt sich nun
um einen einflügeligen Bau mit mächtigem dreigeschossigen Dach
in der Form eines Schopfwalms (= Walmdach mit hochgesetzter Traufhöhe
am Giebel) .
Seit 1800 ist das Schloss im Besitz der gräflichen Familie von Hundt
zu Lautterbach; zunächst als kurfürstliches Lehen, seit 1848,
nach der Allodifizierung (= Umwandlung von Lehen in freies Eigentum),
als Eigentum. 08)
Der
Münchner Kartograph Michael Wening beschrieb in seinem um 1718
herausgegebenen Buch, "Historico-topographica descriptio Bavariae"
auch das Schloss in Unterweikertshofen:
01)
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"Ligt
einer seyts gantz eben an dem Glon Fluß ander seyts aber
an Bergigen Gehülzen. Das Schloß ist schön und
groß in vier Eck und mit vier saubern kleinen Thürnen
erbauet. Vor disem haben dises Landguet die Adlzhauser hernach
aber Herr Johann Warmund von Preysing Churfürstl. Cammerer
und Vicedom zu Straubing inngehabt. Dermahlen besitzet solches
Herr Frantz Ferdinand Graf von Preysing etc. wohnet selbst allda.
Der Traidtboden ist hierumb fruchtbar und die Glon ein gutes
Fischwasser. Sonsten hat das Orth die hohe Jagdbarkeit und demVernemmen
nach alsein Erb-Gejayd. Die Kirch bey der Hofmarch ist ein Filial
nach Sittenbach gehörig daselbst haben auch die Herrn Grafen
von Preysing jhre eygenthumbliche Grabstätt."
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Schloss
Unterweikertshofen um 1700
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Michael Wening (*11.7.1645 in Nürnberg,
+ 18.4.1718 in München) hat in seiner vierbändigen Beschreibung
des Kurfürsten- und Herzogtums Ober- und Niederbayern rd. 750 (!) Kupferstiche
bayerischer Schlösser, Klöster und Kirche erstellt. Finanziell
lohnte sich die Arbeit nicht. Dazu schrieb er: "Ich hab mit Herzeleid
ansehen müssen, wie ich in dieses Werkh über 6000 Gulden hineingesteckt,
doch seyne frucht in hoechster noth brodlos nit hab genüßen können,
sodaß ich die Zeit seither schier hätt krepieren muessen".
01)
Schlosskapelle
Die Schlosskapelle
wurde mit dem Wiederaufbau des Schlosses nach dem 30jährigen Krieg
um 1657 fertiggestellt. Damals war sie vor allem ein Ort des Gebetes für
die Schlossbediensteten und deren Angehörige. Ein Schlosskaplan las
die Messen. Das führte zu Ärger beim erzbischöflichen Ordinariat.
Der Pfarrer von Unterweikertshofen (Sittenbach) beschwerte sich
über fehlende Einnahmen im Klingelbeutel, da immer mehr Dorfbewohner
die Messe bei der Konkurrenz im Schloss besuchten. (Originaltext aus SZ
v. 8.9.2007).
In einer Gruft im kirchlichen Friedhof sind zwei Schlossgeistliche beerdigt:
07)
- Pfarrer und Hofmeister Johann Evang.Riel *21.12.1757
in Wemding, vor Unterweikertshofen: Pfarrer in Bonsal, gestorben
03.05.1823 in Unterweikertshofen
- Emanuel Fenneberg *08.05.1800 in Zinneberg/Glonn,
in Unterweikertshofen wohl nach der Priesterweihe ab 1823, später
Stadtpfarrer in Erding.
Am Faschingsdienstag des Jahres
1987 stürzte die Kapelle bei Untersuchungsarbeiten über
die Statik des Schlosses ein und wurde in den folgenden Jahren wieder
aufgebaut.
Innenausstattung
Die Kapelle ist -von außen nicht erkennbar- im Innern des Schlosses untergebracht. Der rechteckige
Raum ist mit einem Gewölbe überdeckt. An der Stirnseite
steht -in einer Nische- der Altar. Er wurde um das Jahr 1700 von
der Freiherrnfamilie Maendl aus Deutenhofen bei Hebertshausen erworben.
Der Altaraufbau besteht aus vergoldeten Pilastern und einem Sprenggiebel
mit Puttenkopf.
Das Altarblatt
zeigt im Vordergrund die Heilige Familie. Maria sitzt auf einem
grün gepolsterten Hocker und gibt dem Jesus-kind die Brust,
während der daneben sitzende Josef einen Apfel hält. In
seinem Schoß liegt ein Buch.
Am äußersten Rand stehen die Eltern von Maria, die hl.Anna
mit einer Schale voll Obst und St. Joachim. Zu Füßen
des Jesuskindes spielt ein kleines Kind (vielleicht der gegenüber
Jesus um 6 Monate ältere Johannes d.Täufer) mit der leeren
Wiege. Im Mittelteil umschweben Engel die Szene, während
Altarblatt
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im Hintergrund
ein Blick bis in den Him-mel reicht. Von dort aus blicken Gott-vater
(mit dreieckigem Heiligenschein und Zepter und Weltkugel) sowie
der Gnadenstrahlen aussendende Heilige Geist (in Gestalt einer
Taube) segnend herab.
Das Gemälde ist wahrscheinlich nicht für diesen Altar
geschaffen worden, weil es größer ist als die Öffnung
zwischen den Pilastern. Möglicherweise ist aber auch |
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der Altar beim Kauf verändert
worden, damit er in die Mauernische passt.
Das Antependium
des Altars ist in Felder eingeteilt, die innen marmoriert und außen
mit vergoldeten Rahmen umgeben sind. Im mittleren Feld ist das Jesusmonogramm
IHS angebracht.
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Hinweis: Das Jesusmonogramm
ist das Namenssymbol Jesu. Es kann auf zwei Arten gedeutet werden:
- als die Anfangsbuchstaben
des in griechischen Großbuchstaben geschriebenen Namens Jesu
(JHSOUS);
- als die Anfangsbuchstaben von "Jesus, hominum salvator" = "Jesus,
Erlöser der Menschen" |
Katharinenbild
Katharinenbild
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An der rechten Seitenwand
hängt ein Gemälde,
das vor dem Hintergrund einer Säulenhalle mit rotem Vorhang
die Muttergottes mit dem Jesuskind auf dem Arm und die daneben sitzende
hl.Katharina die Große zeigt. Der kleine Johannes der Täufer
(im Fellgewand und Kreuzstab mit der Text... Ecce Agnus Dei) kitzelt
das Jesuskind an den Füßen. Maria ist in ein rot-blaues
Gewand (=traditionelle Marienfarben) gekleidet. Das Jesuskind
ist nackt. Katharina stützt sich mit Ihrem linken Arm auf das
zerbrochene Marterrad und ist dadurch als Katharina die Große
erkennbar. In der Hand hält sie als Zeichen ihres Märtyrertodes
einen Palmzweig. Ihr Blick ist auf Jesus gerichtet.
Das Gemälde soll im 19. oder 20.Jh in Italien geschaffen worden
sein.
Bildthema ist die mystische
Verlobung von St.Katharina mit Jesus.
Einer Überlieferung zufolge hatte Katharina aufgrund der Weissagung
eines Eremiten die Vision einer sposalizio mistico, einer mystischen
Anverlobung mit Christus. Maria und Johannes der Täufer sind
die "Trauzeugen".
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Orgel
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Die
kleine Orgel im Barockdekor
ist noch nicht so alt, wie ihr Äußeres vermuten lässt.
Sie wurde erst vor wenigen Jahren als Geburtstagsgeschenk für
den Grafen erworben.
Allgemeines zur Orgel - Die Orgel mit ihren vielen Pfeifen aus Holz
oder Metall, die über ein Gebläse zum Klingen gebracht werden,
hielt erst allmählich Einzug in die Kirchen, weil sie bis in
das 11. Jahrhundert als profanes Instrument galt. Erst ab dem 13.
Jh wurde es zur Regel, in allen bedeutenden Kirchen Orgeln zu errichten.
Heute gehört eine Orgel zur Ausstattung jeder Kirche. Mit ihrer
Klangvielfalt und Klangfülle trägt die Orgel zur Verherrlichung
Gottes bei. |
Im Schloss sind auch noch eigene
Paramente, schön bestickte Messgewänder
vorhanden. Sie wurden von den Priestern genutzt, die Messfeiern, Taufen
oder Andachten in der Kapelle hielten. |
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Frühere
Anna-Hand-Reliquie
Früher soll in
der Kapelle auch eine Reliquie der hl.Anna, die sog. Anna-Hand, aufbewahrt
worden sein. Ob sie noch existiert oder wo sie aufbewahrt wird, ist mir
nicht bekannt.
Dabei könnte es sich um eine Berührungsreliquie gehandelt haben,
die an der Original-Anna-Hand, der angeblichen mumifizierten rechten Hand
von St.Anna in Wien angelegt worden ist. Diese Originalreliquie war 1678
aus Istanbul nach Wien gekommen, wo sie zunächst im Kaiserhof aufbewahrt
und später der Kirche St.Anna übereignet wurde. Heute wird sie
im Jesuitenkolleg in Wien aufbewahrt.
Die Verehrung von St.Anna war im 17.Jh noch weit verbreitet und so entstanden
in kurzer Zeit viele Nachbildungen der Annahand, meist aus Wachs, verziert
mit bunten Steinen und Gold-und Silberlahn. Sie werden in Glaskästchen
aufbewahrt. Im Landkreis Dachau sind weitere Annahand-Reliquien im Annaaltar
der Hofmarkkirche zu Schönbrunn, im rechten Seitenaltar von Schwabhausen
und insbesondere in der Kirche von Feldgeding aufbewahrt.
Hans
Schertl
Quellen:
01)
Michael Wening, "Historico-topographica descriptio Bavariae",
Band 1, 1701
02)
Heimatbuch des Landkreises und der Stadt Dachau, 1971
03) Dachauer SZ v. 8.9.2007 (Geschichte d.Kapelle)
04) Dr. Georg Graf von Hundt zu Lautterbach, 2005
05) Ausstellung Schloss Unterweikertshofen, 2010
06)
Eckard Bieger, Das Bilderlexikon der christlichen Symbole, 2011
(Rosen)
07) Frau Irene Loibl, 2016 (Schlossgeistliche)
08) Eberl/Hartl, Die Ortsgeschichte
Bergkirchens bis zur Gegenwart, Ortschronik 2014, S. 30
09)
Dr.Michael
Losse, Das Burgensterben im Dachauer Land, Röhrmooser Heimatblätter
2019
10) Historischer
Atlas von Bayern, Digitale
Bibliothek der Bayerischen Staatsbibliothek (Hofmark)
7 Bilder: Hans Schertl
3.12.2022
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