zur Landkreiskarte                                         Kirchen in der Gem.Schwabhausen


Stalingradkapelle bei OBERROTH


Beschreibung

Die im Jahr 1949 errichtete Kapelle liegt nördlich von Oberroth mitten im Wald. Durch einen Sturm im Jahre 2006 entstand um den Bau herum eine Waldlichtung. Das kleine Gotteshaus ist in der Gegend auch als Salzerkapelle, als Kapelle im Ganterholz oder als Herz-Jesu-Kapelle bekannt.
Ursprünglich war sie eine Marienkapelle, seit 2004 ist sie, auf Wunsch des Erbauers, dem Herzen Jesu geweiht.

Das kleine Gotteshaus wurde 1949 von Sepp Haas, einem Bauernsohn aus Oberroth "zur Erinnerung an den wahnsinnigen Krieg", wie er sagte, erbaut. Er verarbeitete dabei wohl seine persönlichen Kriegserfahrungen. Was er im Krieg in Russland erlebte, hat er niemals erzählt.

Im April und Mai 1949 biwakierte er an dieser Stelle mitten im Wald. Dann begann er mit dem Bau. Er verwendete Steine aus dem Schutt des zerbombten München. Sie wurden mit Fuhrwer-ken bis zum Waldrand gebracht. Von hier aus transportierte er sie mit einem Handkarren an die Baustelle.

Der tiefreligiöse Haas plante und errichtete die Kapelle ganz allein. Außer bei der Betonierung des Fundaments ließ er sich dabei weder von Freunden noch von Nachbarn helfen. Nach zweimonatiger Bauzeit war die Kapelle fertig.

11 Jahre später, im Jahr 1960, wanderte der Erbauer "mit Frau und Traktor" nach Paraguay aus. Im März 2015 ist er dort mit fast 90 Jahren verstorben. Er hat die Kapelle nie mehr gesehen.

Zunächst kümmerte sich der inzwischen ebenfalls verstorbene Bruder Thomas Haas um die Kapelle. Dann verfiel das Gotteshaus in einen Dornröschenschlaf; die Wege zu ihm waren zugewachsen.
Seit 2001 wird der Bau von der "Soldaten- und Reservisten-Kameradschaft Schwabhausen 1920" betreut und instand gehalten, deren Vorsitzender Winkler mit Sepp Haas und dessen Sohn Dieter einen regen Schriftwechsel pflegt(e).

2008 und 2010 wurde die Kapelle rundum erneuert. Sie ist ganztägig für Besucher geöffnet.
Die Renovierungsarbeiten sind auf der Internetseite der SRK Schwabhausen sehr ausführlich dokumentiert.
Mehr darüber erfahren Sie hier...

 


Aktuelles

— Im April 2023 wurde die Kapelle mehrmals von unbekannten Tätern heimgesucht. Sie beschädigten
    Bilder und Figuren und rissen den Opferstock aus seiner Befestigung.
07). mehr dazu...

— Frau Angelika Witter aus Oberroth hat im Projekt "Klingende Landkarte der VHS" einen sog. H&puml;rpfad zur
    Stalingradkapelle eingestellt. Das bemerkenswerte H&puml;rbild können Sie mit einem Klick hier erreichen....

 

 

Die Kapelle ist nur 2,50 m lang, 1,50 m breit und etwa 3 m hoch.
An der Außen-Rückseite ist sie mit einem Schriftband und dem Text "Mein Bild strahlt auch in die Ferne" verziert.
In einer Nische neben der Eingangstüre steht die Figur einer Fatima-Madonna.

Seit 2008 ist die Kapelle wieder mit roten Biberschwanzplatten gedeckt; diese Ziegelart war auch bei der Erbauung 1949 verwendet worden. 1972 hatte man das Gotteshaus bei der Renovierung mit Frankfurter Pfannen eingedeckt, die nach 36 Jahren undicht geworden waren.
Darüber ist sie mit einem winzigen Dachreiter versehen, in dem seit Mai 2003 hinter einem Ziergitter wieder das Friedensglöckchen hängt. Es wird mit einem Stab geläutet. Das Glöcklein war vor vielen Jahren auf Wunsch von Jägern abgenommen worden, weil spielende Kinder immer wieder geläutet und dabei das Wild beunruhigt hatten.

Das Deckengewölbe im Inneren ist mit Natursteinen als Grotte gestaltet.

Bis 2004 war der kleine Bau eine Marienkapelle, mit der Figur der Madonna von Fatima anstelle der heutigen Herz-Jesu-Statue und mit einem anderen Text im Schriftband "Heiligstes Herz Mariä, bitt für uns" ausgestattet. An den Wänden hing neben vielen Heiligenbildern und auch ein Bild des Erbauers.
Wenn Sie die frühere Ausstattung sehen möchten, klicken Sie hier...

Im Jahre 2004 wurde die Kapelle renoviert, zum Teil neu ausgestattet und am 8. Mai mit dem Herz-Jesu-Patronat wieder eingeweiht. Der Text im Schriftband über dem Fenster lautet nun: Heiligstes Herz Jesu, bitt für uns.

Die Vorderwand ist durch ein bogenförmiges Fenster mit Buntglaseinsätzen gestaltet. Die in den Bogen hinein-reichenden Einsätze bilden mit ihren Farben Rot, Weiß und Blau die Nationalflagge von Paraguay.

Vor dem Fenster steht nun unter einem Kruzifix die Herz-Jesu-Figur eines Magdeburger Künstlers. Auch diese Figur hatte sich der Kapellenerbauer Sepp Haas gewünscht.

Die drei Bilder unter dem Fenster haben Bezug zum Krieg um Stalingrad in den Jahren 1942 und 1943 und erinnern allgemein an das Schicksal der Opfer des Zweiten Weltkriegs:

— In der Mitte das Stalingrad-Kampfbild von Franz Eichhorst. Sepp Haas hat es mit Kohlestift kopiert. 09). Das Bild zeigt eine Kampfszene aus Stalingrad. Umrahmt wird es von zwei gerahmten Drucken:

—  Links das Bild der sog. Stalingradmadonna, das von Kurt Reuber (Arzt und evangel.Theologe) an Weihnachten 1942 auf die Rückseite einer russischen Landkarte gemalt wurde. Es zeigt eine Mutter, die im weiten Mantel ihr Kind birgt. Umrahmt wird das Gemälde von dem Text:
"Weihnachten 1942 im Kessel, Licht, Leben, Liebe".
Das Original hängt übrigens in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Als Relief ist die Stalingradmadonna auch auf einer Erinnerungstafel in der Pfarrkirche St.Anna in Karlsfeld zu sehen.

  StalingradmadonnaEntstehungsgeschichteBronzetafel zur 50.Jahrtag

 

—  Im Papier-Druck auf der rechten Seite sind die Entstehungsgeschichte der Stalingradmadonna und ein Porträt von Kurt Reuber zu sehen. Daneben steht die ganz in Weiß gehaltene Figur der Madonna aus Fatima, deren Platz beim Neubau am Fenster unter dem Kreuz war.

An der Rückwand der Kapelle über der Sitzbank hängt eine Kopie des bekannten Gemäldes "Weg nach Emmaus" vom Landschaftsmaler Robert Zünd (1827-1909) aus Luzern. Unter naturalistisch exakt gemalten Laubbäumen, schreiten Jesus (mit erhobenem Arm) und die beiden Jesus zugewandten Apostel mit dem Rücken zum Betrachter auf dem romantischen Waldweg langsam Emmaus entgegen.

Zum 50jährigen Jubiläum wurde neben der Eingangstür eine Bronzetafel angebracht, die Josef Haas, der Erbauer der Kapelle, aus Paraguay geschickt hatte. Auf ihr erinnert eine Inschrift an die Schrecken des Krieges:
"Zur Erinnerung an die grosse Sünde und das Morden zweier Weltkriege
Ich glaube und vertraue dem, der mich geliebt und sich für mich dahingegeben hat"

Alljährlich im Mai hält der Pfarrverband Bergkirchen hier eine Friedensandacht "als Tag der Erinnerung, als Veranstaltung des Gedenkens, des Nachdenkens, zur Mahnung und als Aufruf zur Wachsamkeit" ab. 06).

Hans Schertl

Quellen:
01) Putz/Niederle, Kirchen und Kapellen im Gemeindebereich Schwabhausen, 1988
02) Albert Winkler, Schwabhausen 2003
03) Dachauer Nachrichten vom 28./29.Mai 2003, vom 29.11.2005, 25.9.2008 (Dach), 21.6.2010 (Renov.2010)
04) Viola Bernlocher, Stilles Gedenken an einen wahnsinnigen Krieg, Süddeutsche Zeitung, Bayernteil, v. 5.12.2014 (Bau)
05) Edeltraud Lachner, Auf Spurensuche, Dachauer Nachrichten vom 5.11.2015 (Tod v. Sepp Haas)
06)
Edeltraud Lachner, Am Jahrtag des Kriegsendes Frieden fordern, Dachauer Nachrichten v.25./26.5.2022 (Friedensandacht)
07)
Wiederholt Einbrüche in Kapelle, Dachauer SZ vom 24.4.2023 (Einbruch)
08)
Vandalen verwüsten immer wieder Stalingradkapelle in Oberroth, Dachauer Nachrichten vom 25.4.2023
09)
Angelika Witter, Die Stalingradkapelle, Klingende Landkarte Schwabhausen, 2023

7 Bilder: Albert Winkler (5), Hans Schertl (2)

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

12.5.2023

   Vandalismus  08).

Der Vandalismus begann schon vor zwei Jahren. Damals wurden die Fenster mit Softair-Waffen eingeschossen und die Innendekoration, die aus Blumen bestand, angezündet.“

Im April 2023 wurde die Kapelle mehrmals heimgesucht. Dabei haben die Vandalen nach Angabe des Vorsitzenden der 'Soldaten- und Reservistenkameradschaft Schwabhausen 1920' Albert Winkler folgende Schäden verursacht:
— Zuerst wurde das Türfenster eingeworfen und der Kapellen-Innenraum mit Urin verunreinigt.
— Beim zweiten Einbruch brachen die Unbekannten zunächst den Opferstock auf, demolierten ihn und
    rissen ihn gewaltsam aus der Wandbefestigung heraus. Nachdem der Opferstock wieder repariert und an
    der Wand befestigt worden war, wurde er einen Tag später mit einem schweren Gegenstand total
    zerst&puml;rt.
— Der Betstuhl wurde mit einem Feuerzeug angekokelt.
— Die weiße Fatima-Madonnenfigur im äußeren Marienfenster wurde im Gesicht mit Ruß geschwärzt.
— Ein Bilderrahmen wurde eingeschlagen.
— Eine sch&puml;ne Bleikristallvase wurde vom Altar entwendet und draußen zerst&puml;rt.
— Der sch&puml;ne Türkranz wurde entwendet und die Gartenbank vor der Kapelle beschädigt.

beschädigter Opferstock

Die Polizei habe vor Ort DNA-Spuren von verschiedenen Gegenständen abgenommen, sagte Albert Winkler.
„Wir werden mehrere unauffällige Überwachungskameras anbringen. Außerdem bitten wir die Bev&puml;lkerung und auch die Jäger um Aufmerksamkeit.“
Eine erste Zeugin hat sich bereits gemeldet, die drei Jugendliche mit einem Quad in der Nähe angetroffen hat. Sie habe sogar mit ihnen gesprochen, und die Jugendlichen seien durch aufmüpfiges Verhalten aufgefallen.
Für die Ergreifung der Täter wurde eine Belohnung von 500 Euro ausgesetzt.