Landkreiskarte Dachau          

Wallfahrtskapelle Maria Stock

Türmchen und GlockeInnenraum

Die frühere Wallfahrtskapelle Maria Stock liegt bei der Ortschaft Obermauerbach, 6 km südöstlich von Aichach. Von der Hauptstraße im Ort führt ein Feldweg zum kleinen Kirchlein im "Buchschattenwald". An dieser Stelle soll am 12.Mai 1848 die Muttergottes einem Hütebuben erschienen sein. Der Platz war dann für kurze Zeit ein beliebter Marienwallfahrtsort. Als der Bischof von Augsburg der Erscheinung die kirchliche Bestätigung verweigerte, ging die Wallfahrt zurück.
Heute
ist Maria Stock ein Ort der stillen Marienverehrung:
— Am 12. Mai wird jedes Jahr eine feierliche Maiandacht mit Lichterprozession abgehalten.
— Zwischen Mai und September wird jeden Sonntagnachmittag um 13:30 Uhr der Rosenkranz gebetet.
— Alljährlich findet auch eine altbairische Marienandacht mit verschiedenen Volksmusikgruppen statt.
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Geschichte  01), 02)

Die Wallfahrtskapelle hat ihren Ursprung in einer Marienerscheinung. Die Muttergottes soll sich hier am 12. Mai 1848 dem 12-jährigen Bauernjungen Johann Stichelmair aus Obermauerbach offenbart haben, als er das Vieh des Bauern Lorenz Oswald (7 Kühe, 2 Kälber und 2 Pferde) hütete. Nach dem Bericht des 12jährigen suchte er Kühe, die sich im Gebüsch verlaufen hatten, als er plötzlich 30 Schritte von ihm entfernt eine schöne Frau mit einem langen rosafarbenen Kleid auf einem Baumstock (Baumstrunk) sitzen sah. Auf dem Haupt trug sie eine Krone mit drei Spitzen, deren mittlere leuchtete. Die Frau saß wortlos da und weinte. Als die Erscheinung nach einigen Minuten wieder verschwand, dachte Stichelmair, dass das die Muttergottes gewesen sein könnte.
Am Nachmittag des selben Tages trieb der Bub das Vieh wieder hinaus und ging zu dem Platz der Erscheinung. Da saß nur fünf Schritte von ihm entfernt die weinende Frau wieder, aber dieses Mal umgeben von einem Glanz wie die Sonne. Sie rief ihm mit feiner Stimme zu:
 

"Komm zu mir her. Ich kann es nimmer erbitten bei unserm lieben Herrn, dass die Leute so böse sind und nimmer einander lieben. Unser Herr schickt eine große Strafe, ich bin die Mutter Gottes. Thue dies offenbaren"

Die Nachricht von dieser Erscheinung verbreitete sich in Windeseile und lockte wahre Wallfahrerströme an. Dekan Ulmer berichtete, es seien in sieben Wochen mehr als 100.000 Menschen (!) gekommen. Nachdem mehrere Flugschriften und Zeitungsberichte das Geschehen im ganzen Land publik gemacht hatten, sah sich die Bistumsleitung gezwungen, das Ereignis auf seine Glaubwürdigkeit hin zu untersuchen.

Der zuständige Augsburger Bischof Peter von Richarz beauftragte daraufhin den jungen Domkapitular Antonius von Steichele (den späteren Erzbischof von München und Freising) mit der "Causa Mauerbach". Der Bub wurde nach Augsburg zitiert und sogar vom Bischof selbst verhört. Das Ergebnis der Untersuchung wurde im Schreiben des Ordinariats vom 26.August 1848 bekanntgegeben: "Die Erscheinung ist unglaubwürdig. Es ist unmöglich, daß die Mutter Gottes solch sinnloses Zeug gesprochen hat". Weiter heißt es, dass die "stets ganz gleichförmig gegebene und beharrlich als wahr behauptete Erzählung des Knaben aus inneren Gründen und im Gegenhalte zu dem nach wiederholten Proben ermessenen Fassungsvermögen desselben aller Glaubwürdigkeit entbehre. Besonders as Wörtchen "daß" in der Aussage des Jungen wurde für unmöglich erachtet, dieses Wort gehöre nicht zum Wortschatz eines so einfachen Menschen.
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Den Gläubigen wurde verboten, weiter an den Erscheinungsort zu wallfahrten. Die Polizeistation in Aichach hatte die Einhaltung des Verbots zu überwachen.

Doch die Wallfahrten hörten nicht auf. Bis aus Irland und Griechenland kamen die Pilger. Einheimische Verehrer ließen Flugblätter, Gebetszettel und sogar Gebetbücher drucken. Sechs Männer aus München brachten mit dem Gespann des Wirtes Höchtel von Kleinberghofen einen schönen Altar mit Gnadenbild nach Obermauerbach und stellten ihn in der Nacht vom 7. auf den 8.September 1848 am Erscheinungsort auf. Schon eine Woche bzw. einen Monat später wurde der Altar von der Polizei entfernt und alle Opfergaben eingezogen.

Rupert Mayr
Erst 1862, 14 Jahre nach der Erscheinung, genehmigte Bischof Pankratius von Dinkel den Bau einer Kapelle am Erscheinungsort. Sie hielt rd. 80 Jahre, bis sie baufällig wurde. 1948 errichtete der Besitzer des Grundstücks, Rupert Mayr, zum 100jährigen Erinnerungstag die heutige Kapelle nach dem Vorbild der Altöttinger Gnadenkapelle. Eine Holztafel in der Kapelle erinnert an ihn mit den Worten: "Gedenket im Gebete dem Erbauer dieser Kapelle Herrn Rupert Mayr, geb. 14.3.1898, gest.7.4.1951".

Die Marienstatue auf dem Altar ist schon fast 100 Jahre älter; sie war schon 1849 von dem Stuckateurmeister Franz Xaver Schelle aus München genau nach den Angaben des Johann Stichelmair in Gips geformt und gefasst worden.

Der Seher Johann Stichlmair, der später das kleine Gütl "zum Koch" in Obermauerbach bewirtschaftete, starb am 8.Juni 1919 mit 84 Jahren im Aichacher Spital. Er blieb bis zuletzt bei seiner Aussage. 05)

Die Geschichte von Maria Stock ist auch schon in dem sieben Jahre nach der Erscheinung herausgegebenen Buch über die Deutsche Mythologie von Friedrich Panzer 04) enthalten. Allerdings zeigen die Einordnung unter die "Sagen" und das kritische Nachwort, dass sich der Verfasser der ablehnenden Auffassung des Ordinariats in Augsburg angeschlossen hatte. Wenn Sie sie lesen möchten, klicken Sie hier...

Baubeschreibung

Wie die 1862 errichtete Kapelle ausgesehen hat, ist mir nicht bekannt.

Die zum 100-jährigen Erscheinungsjubiläum im Jahr 1948 errichtete Kapelle ist nach dem Vorbild der Gnadenapelle in Altötting gestaltet. Sie gleicht aber auch in hohem Maße der 1750 erbauten Marienkapelle in Geiselwies (Gemeinde Odelzhausen).

Der im Wesentlichen rechteckige Bau mit Dreiachtel-Schluss besitzt an der Vorderfront eine große, nicht verschließbare Öffnung. Der ankommende Besucher fühlt sich schon mehrere Meter vor der Kapelle in das Geschehen im Inneren einbezogen. Dies galt auch in der Zeit großer Wallfahrten, als viele Besucher vor der Kapelle Platz genommen haben. Die eigentlichen Zugänge zum Inneren liegen an den Seiten.

Die Dreiecksform der Frontseite endet oben in einem kleinen Türmchen, in dem eine freischwingende Glocke mit der Aufschrift "Patrona Bavariae" hängt. Sie wird von außen per Hand geläutet.


Die Mauer über dem Eingang ist mit einem größeren Holzbild in der Art eines Votivbildes geschmückt. Es zeigt die erste Erscheinung der Muttergottes am 12.Mai 1848, so wie es das Seherkind Johann Stichelmair in seiner Aussage vor dem Pfarrer beschrieben hat.
Auf dem Bild steht der Bub im Wald vor der Muttergottes, die sich weinend auf einem Baumstock niedergelassen hat. Hinter der Muttergottes befindet sich viel Gewölk, das von Sonnenstrahlen erhellt wird. Im Hintergrund grasen zwei Kühe. Der Untertitel unter dem Gemälde lautet:
    "Heilige Maria, bitte für uns in unserm Leid, Elend und Not
     Bitte für alle, die ihre Zuflucht hierher zu Dir nehmen."

Die Kapelle wird von einem Kupferblechdach überdeckt, das weit über das Mauerwerk hinausragt und sich außen auf Holzpfeiler stützt. Dadurch entsteht ein vor dem Regen geschützter Umgang, unter dem viele Votivbilder an der Kapellenwand angebracht sind. So erinnert die Kapelle an die Schutzmantelmadonna, die ihren Mantel über die Gläubigen hält.

Innenausstattung

MuttergottesKruzifixStifterbildMuttergottesBurder KonradKruzifixStifterbild

Der Innenraum wird von weiß gestrichenen Seitenwänden aus Stein und von Decke und Fußboden aus Holz umrahmt. An der Decke ist ein vergoldetes figürliches Kreuz mit dreipassförmigen Kreuzbalkenenden angebracht. An den Wänden hängen ein Kruzifix, Heiligenfiguren und Bilder.
An der Altarseite besitzt die Wand eine korbbogige Öffnung, die von einem Kranz aus roten aufgemalten Kreuzen und der Jahreszahl 1848 (Jahr der Erscheinung) umgeben ist.
Sechs Kniebänke bieten den Besuchern einen Platz. Dazu kommen noch Sitzplätze auf der niedrigen Mauer unter der Frontseite.


Madonna
Blickpunkt des Kapelleninneren ist die schon 1849 geschnitzte Marienfigur auf einem etwa 1 m hohen Sockel. Sie ist der Madonna nachgebildet, die der 'Hiatabua' Johann Stichelmair nach der ersten Erscheinung beschrieben hat. Maria trägt ein langes rotes Kleid mit goldenen Verzierungen und hat eine Krone mit drei Zacken auf dem Haupt. Stichelmair hatte damals erzählt:
  "Die Frau hat einen langen Rock vom Halse bis unten gehabt; die Farbe des Rockes ist roth, weiss und goldig gewesen; es sind lauter viereckige rothe, weiße und goldene Flecke gewesen. In der Mitte ist das Kleid ein bissl hineingegangen an den Seiten, Hände und Füße habe ich nicht gesehen. (...) Auf dem Kopfe habe ich eine goldene Krone gesehen, in der Mitte des Kopfes wie drei Spitzen und auf der mitlern Spitze habe ich ein gelbes Lichtlein gesehen wie ein Kirzenlicht (...). "
Die Marienfigur ist von großen Blumensträußen und vielen Kerzen umrahmt.

Wandkruzifix
An der linken Seitenwand hängt ein schönes Kruzifix, dessen langer senkrechter Kreuzbalken auf seine frühere Funktion als Vortragekreuz verweist. Es dürfte aus dem 20.Jh. stammen.
Darüber hängt ein großer Rosenkranz.
  Konrad von Parzham (1818-1894) wirkte 41 Jahre lang im Kloster Altötting als Pförtner, wo er mit Tausenden von Wallfahrern zu tun hatte. Auch viele arme Kinder kamen bettelnd an die Pforte, keines von ihnen ging leer aus. 1934 wurde Konrad von Papst Pius XI. (im Amt 1922 bis 1939) heiliggesprochen. Fest 21.4.

hl.Bruder Konrad

 

Votivbilder

Um die Kapelle hängen im Umgang viele Votivbilder, die auf Gebetserhörungen, Verlöbnisse oder auf die wundersame Errettung aus einer Notsituation hinweisen. Nach Wikipedia zeugen Votivbilder (Votivtafeln) von der Absicht, in aller Öffentlichkeit Dank für eine in einer kritischen Situation erlangte göttliche Hilfe zu bekunden.
Im Christentum gab es schon immer Votivbrauchtum (Bilder und Votivgaben); zur reichsten Entfaltung kam es in der Barockzeit (17./18.Jh.).

Derzeit hängen weit über 100 Bilder an Außenwänden. Dabei sind die wertvollen älteren Bilder schon sichergestellt. Die derzeitigen Votivbilder an der Kapelle stammen meist aus dem 20.Jh.; auch Bilder aus den Jahren nach 2000 sind in großer Anzahl vorhanden. Das zeigt, dass die Wallfahrt -wenn auch nicht mehr organisiert- noch weiterhin besteht.

               
               


Vorplatz

Am Waldrand vor der Kapelle stehen ein Wegkreuz, ein Bildstock und eine Informationsstele.
Über das Kreuz und den Bildstock ist mir nichts bekannt. In der Kreuzüberdachung stehen die Worte: "Es ist vollbracht".

Die Informationsstele stammt aus dem Projekt "Wallfahrten und Pilgerstätten im Wittelsbacher Land", das auf der Internetseite des "Wittelbacher Landes" näher erläutert ist. Maria Stock ist eines der 49 dort genannten Ziele. Es gibt auch einen ausgeschilderten Wanderweg um Maria Stock mit einer Länge von 3,7 km.


Wegkreuz

Bildstock

Informationsstele
Blick nach Obermauerbach
mit Kirchturm im Hintergrund.
Im rechten Teil des Bildes ist der Feldweg von Mauerbach zur Kapelle zu sehen. Am Abend des 12.Mai jeden Jahres führt auf diesem Weg die Lichterprozession nach Maria Stock.

 

Hans Schertl



Quellen :
01)
Homepage der Pfarreien Klingen, Mauerbach, Gallenbach & Thalhausen
02) Franz Teng, "Erscheinungen der Mutter Gottes in Obermauerbach bei Aichach 1848", Wien
03) Altbairische Marienandacht mit mehreren Gruppen, Augsburger Allgemeine vom 21.9.2018
04) Friedrich Panzer-Sagen und Bräuche-Beitrag zur Deutschen Mythologie-, 2.Band, 1855
05) Gabriele und Hubert Raab, Pilgerwege im Wittelsbacher Land, 2010

33 Bilder: Hans Schertl

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

28.2.2022

Auszug aus dem Buch
Sagen und Bräuche
-Beitrag zur Deutschen Mythologie-

in Originalschreibweise

In einem walde bei dem pfarrdorfe Maurbach in Oberbayern erschien dem hirtenknaben die h.Maria im stralenglanze, auf einem baumstock sitzend, und offenbarte ihm, den menschen zu verkünden, buße zu thun und sich zu bessern, da sie schonung bei ihrem sohne nicht mehr erbitten könne und er strafen müsse. bald kamen von nah und fern wallfahrter, welche sich zur h.Maria an diesem orte verlobt hatten, verrichteten ihre gebete und brachen einen splitter vom stocke, welchen sie als hailtum nach hause nahmen. der stock wurde nun ausgegraben und fortgeschafft, aber das volk wollte sich von der verehrung der h.Maria an diesem orte nicht abwendig machen lassen; es baute einen hölzernen altar über das loch, aus welchem der stock ausgegraben worden war, und stellte darauf das muttergottesbild. über dem haupte brannte eine lampe. tausende verlobten sich und wallten in feierlicher procession, oft zu mehreren hunderten, dahin. blinde, lahme, u. dgl. suchten heilung und stellten kreuze, krücken u.dgl. um den altar.

Wäre es doch nicht das erstemal, behauptete mancher wallfahrter, daß die h.mutter Gottes durch fürbitte bei ihrem sohne das menschengeschlecht vom untergang rettet. auch in der vorzeit seyen einst die menschen so schlecht geween, daß Gott, um sie zu strafen, die ähren, welche damals bis auf den boden hinabwuchsen, ganz vom halm abstreifen wollte; aber die h.Maria habe ihren sohn gebeten, an dem halm nur ein wenig für die armen kätzlein stehen zu lassen, und Gott habe ihre bitte gewährt.