Ehem. Hofkapelle in Lotzbach
Lageplan
von Lotzbach 1936
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Beschreibung
Die
kleine Ortschaft Lotzbach liegt an der Kreuzung der beiden
stark befahrenen Straßen von Röhrmoos nach Haimhausen
und von Biberbach nach Ampermoching.
Der Ort wird erstmals in einer Urkunde aus dem Jahr 845
als "Lozespach" erwähnt
06),
als der Edle Unfort seinen Besitz zu Lotzbach und sich selbst dem
Freisinger Bistum schenkte.
Aus Lotzbach stammte die berühmte Familie der "von Lotzbeck",
die in mehreren Urkunden um 1200 als Zeugen aufgeführt wurden;
die Familie hatten Besitzungen in Weißenburg am Sand, Nannhofen,
Eisolzried und Weyhern-Egenhofen. Einige der Freiherrn (seit 1815)
sind in der Familiengruft im Südlichen Friedhof München
bestattet. 05)
Kapelle
In Lotzbach stand westlich vom derzeit bestehenden Kreisel mindestens
zwei Jahrhunderte lang (von vor 1751 bis nach dem 2.Weltkrieg) eine
Kapelle des "Simonschmidhofs"
(HausNr.3)
03)
Eigentümer dieses großen Hofes mit 180 Tagwerk Grund
(1812) war bis ins 19.Jh. hinein der Hofmarksherr von Schönbrunn.
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Das
Baujahr des kleinen Gotteshauses selbst ist unbekannt. Aber sie muss jedenfalls
schon 1751 bestanden haben, weil im Diözesanarchiv München ein
Antrag vom 14.März 1751 aufbewahrt wird, in dem die Pfarrei Ampermoching
um "Genehmigung der Einsetzung eines Kreuzwegs in der Kapelle Lotzbach"
bittet. 01)
Die Kapelle
wird in dem Antrag als "altes, gar feines Gebäud" bezeichnet;
sie dürfte somit schon einige Zeit früher errichtet worden sein.
Vielleicht ist sie zu der Zeit entstanden, als ein Sohn der Familie, Georg
Schmid, Priester geworden ist (er war 1705 Pfarrer von Feldmoching). 04)
Die Kapelle wird später beschrieben als
- nach Westen ausgerichteter Bau mit einem Türmchen, in dem
ein kleines Glöcklein hing,
- mit einer halbkreisförmigen Apsis
- einem Altarsockel und einem großen Kruzifix im Inneren
- und ab 1751 wohl mit einem Kreuzweg.
In
dem von Kaplan Stanislaus Todtveiller unterschriebenen Antrag auf kirchliche
Genehmigung dieses Kreuzwegs von 1751 wird über die Kapelle noch
Folgendes berichtet: 02)
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"...
Die vorübergehenden Personen danken Gott. Die Kapelle wurde durch
Spenden wieder renoviert. Viele Leute gehen jede Woche am Freitag
zum Wochenmarkt nach Dachau und verrichten dabei ihre Andacht.
Viele Gläubigen stellen die Bitte, dass in dieser kleinen Kapelle
zur Betrachtung die Aufrichtung an beiden Seiten kleine Täflein in
Form eines Kreuzweges angebracht werden. Ein alter verwitweter Bauer,
dessen Schwiegersohn Franz Huber heißt, bittet demütigst, die Täflein
gratis herbeizuschaffen. Es ergeht das demütige Bitten, dass dieser
Kreuzweg in der besagten Kapelle herbeigeschafft werden könne. Dadurch
würde der Nutzen vermehrt. Diese Kapelle würde nachts verschlossen
werden.
Untertänigst gehorsamster Kaplan Stanislaus Todtveiller" |
Mehr Information haben sich über das Ende
der Kapelle erhalten. Im Staatsarchiv befinden
sich Dokumente aus den Jahren 1936/1937, die die Bemühungen des Bezirksamts
Dachau belegen, die damalige Eigentümerin Anna Huber zu einer Renovierung
oder einem Abriss der schon baufälligen Kapelle zu veranlassen; weil
sie das Landschaftsbild verschandelt. Georg Werner aus Ampermoching hat
die Dokumente ausgewertet und schreibt dazu:
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"Gesichert
ist, dass die Kapelle im Eigentum des "Simonschmidhofes" stand.
Aus den Akten geht hervor: Eigentümerin war im Jahre 1936 die Bauerswitwe
Anna Huber 2) ; ihr Mann Mathias Huber war
am 03. September 1928 verstorben.
Das verwaltungsmäßige Einschreiten 1)
Am 05. Mai 1936 richtete das Bezirksamt Dachau ein Schreiben an
den Herrn Bürgermeister in Ampermoching mit dem Betreff: "Sauberkeit
und Schönheit in Stadt und Land". Bei einer am 28. April 1936 stattgefundenen
Besichti-gungsfahrt wurde der Zustand der Kapelle beanstandet, da
diese dem Verfall entgegen geht und seit unvordenk-licher Zeit nicht
mehr renoviert wurde. Schäden weisen die Eindeckung des Daches,
die Fenster, das Innere und das Mauerwerk auf. Es ergeht deshalb
laut einer Verfügung des Staatsministeriums des Innern vom 23. Januar
1936 der Auftrag, die Kapelle wieder in Stand zu setzen oder abzureißen,
"denn als halb verfallenes Bauwerk verschandelt sie die Gegend und
das Landschaftsbild". Die Gemeinde Ampermoching wurde aufgefordert,
binnen zwei Wochen über das weitere Vorgehen zu berichten. Mit Schreiben
vom 19. Mai 1936 teilte Bürgermeister Reischl dem Bezirksamt Dachau
mit, die Kapelle werde von der Besitzerin entfernt.
Am 25. Juni 1936 wurde eine weitere Besichtigungsfahrt durchgeführt.
Dabei wurde festgestellt, dass an der Kapelle nichts renoviert wurde.
Es erging am 26. Juni 1936 eine bezirksamtliche Weisung, bis spätestens
1. August 1936 die Kapelle herzurichten bzw. abzubrechen, wovon
die Besitzerin zu verständigen sei.
Die Verzögerungen bei der Durchführung 1)
Wie damals üblich, war die Gendarmeriestation Haimhausen für
die Überprüfung zuständig, ob die angeordneten Maßnahmen
auch vollzogen wurden. Mit Schreiben vom 23. August 1936 teilte
diese dem Bezirksamt Dachau mit, Frau Anna Huber gebe auf Vorhalt
an: der Hof umfasse 160 Tagwerk Grund, wegen der anstehenden Heu-
und Erntearbeiten sei es ihr unmöglich gewesen, Arbeitskräfte von
den landwirtschaftlichen Arbeiten abzuziehen. Sie werde aber bis
1. November 1936 die Kapelle niederlegen, sobald die vordringlichsten
landwirtschaftlichen Arbeiten durchgeführt sind.
Aber nicht jede Abrissverfügung erhält das unvoreingenommene Plazet.
Wie dem Schreiben des Bezirksamtes Dachau vom 5. September 1936
entnommen werden kann, erhob der Ausschuss für Naturschutz gegen
den Abriss der Kapelle Einspruch; diese solle vielmehr erhalten
bleiben. Der jetzige Zustand könne so nicht bleiben und Frau
Huber solle mit einem Handwerker ins Benehmen treten. Falls die
Kosten zu hoch würden, werde sich das Bezirksamt für die
Gewährung eines Zuschusses einsetzen.
Die Entscheidung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalspflege
1)
Mit Schreiben vom 23. Januar 1937 bestätigte das Bayerische Landesamt
für Denkmalspflege dem Bezirksamt Dachau den Eingang von Bildern
der Kapelle. Eine Sichtung der Bilder habe ergeben, dass es sich
um einen ganz einfachen Bau handele. Nach Meinung des Landesamts
sollte es doch ein Anliegen der Ortsbewohner sein, die bauliche
Instandsetzung zu übernehmen, wenn andernfalls ein vertraut gewordenes
Bild aus Ort und Landschaft verschwände. Zuschüsse könnten
nicht zugesagt werden, weil nur wenige Bewohner betroffen und zudem
die für Zuschüsse zur Verfügung stehenden Mittel
sehr knapp seien. Eine Besichtigung der Kapelle sei unter diesen
Umständen nicht erforderlich.
Das Ende der Kapelle
Der Standort 3) der Kapelle befand sich westlich
des derzeit bestehenden Kreisels in unmittelbarer Nähe des Lotzbaches.
Nach glaubhaften Aussagen 4) wurde der Abriss
nicht im Jahre 1937 vollzogen. Die Kapelle stand, obwohl sie baufällig
war, auch nach dem II. Weltkrieg noch. Genau konnte das Abrissdatum
nicht mehr angegeben werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es um
das Jahr 1948 war, ist sehr hoch. Von der Inneneinrichtung war
nichts mehr vorhanden. Die Kapelle mit einer halbkreisförmigen Apsis
war nach Westen ausgerichtet, hatte einen Altarsockel und war mit
einem Türmchen versehen, der ein kleines Glöcklein enthielt. Das
Glöcklein wurde im Zusammenhang mit dem Abriss auf dem Speicher
des Wohnhauses des Simonschmidhofes gelagert. Im Jahre 1955 wurde
das Wohnhaus einer Renovierung unterzogen. Dabei verschwand das
Glöcklein auf Nimmerwiedersehen. 5)
Anmerkungen:
1) STAM, LRA 129695, freundlicherweise von Josef
Glas zur Verfügung gestellt.
2) Josef Glas, Sterbebilder aus der Pfarrei Ampermoching, 1911,
S. 282
3) STAM, LRA 129696, freundlicherweise von Josef Glas zur Verfügung
gestellt.
4) Freundliche Mitteilungen des Peter Orthofer und des Michael Kreitmeir,
beide Lotzbach
5) Der Standort der Kapelle, STAM, LRA 130596
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Quellen:
01)
Bitte um Genehmigung der Einsetzung eines Kreuzweges in der Kapelle Lotzbach,
Kontext Bestand: AA001/3 Lokalia - 1409-
1951 Signatur AA001/3, PfarrA1364
02) wie 1). Transkription Georg
Werner, Ampermoching 2022
03) Der Standort der Kapelle, STAM,
LRA 129696
04) Josef Kiening, Genealogie und
Haus-Chroniken im Gebiet nordwestlich von München, www.genealogie-kiening.de
05) Alois Angerpointner, Lotzbach
und die 'von Lotzbeck', Amperland 1988
06) Freisinger Traditionen, Urkunde
Nr. 668 vom 24.1.845
Bild: Bayerisches Staatsarchiv München

9.6.2025
Der
Standort der ehemaligen Hofkapelle 03)

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