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Evangelische Kirche in KEMMODEN


Jetzendorf, Kirchstraße 1
Lage der Kirche auf der Landkarte ..
.


Kurzbeschreibung

Kemmoden ist das älteste der Zentren der evangelisch luth. Gemeinde Kemmoden-Petershausen, einer landkreisübergreifenden Kirchengemeinde mit rd. 3600 Christen.

Die Kirche liegt zwar schon im Landkreis Pfaffenhofen, das Gebiet dieser Pfarrei umfasst aber auch den gesamten Nordosten des Landkreises Dachau. Kemmoden hat deshalb große Bedeutung für die evangelische Kirche im Dachauer Land.

Schon ab 1799 lockerte Kurfürst Max IV. unter dem Einfluss seiner lutherischen Gemahlin Karoline von Baden vorsichtig die strengen Religionsbeschränkungen. 1803 und 1818 wurden Religionsedikte erlassen, die evangelischen Bürgern die Ansiedlung und die Religionsausü- bung erlaubten.

Da es in Bayern viele dünn besiedelte Gebiete, vor allem in Moosgegenden, gab, rief Kurfürst Max IV. um 1800 Siedler ins Land. Dieser ersten Welle folgte 20 Jahre später eine zweite, bei der

sich die Siedler vor allem nach verwaisten Bauernhöfen umsahen und so auch in unsere Gegend kamen. Viele wanderten um 1818/20 aus dem Elsass und aus der Rheinpfalz, das von den Franzosen besetzt war, ein. Ein Großteil von ihnen gehörten protestantischen Kirchen an (Lutheraner, Mennoniten und Freikirchliche).

Die erste evang. lutherische Kirchengemeinde in unserer Gegend umfasste die Gebiete der Landgerichte Dachau, Aichach, Pfaffenhofen, Schrobenhausen, Freising und Moosburg. Die Gesamtzahl der Protestanten in diesem großen Gebiet betrug 280. Als Sitz der Kirchengemeinde wurde 1820 Kemmoden gewählt, weil es zentral lag und weil dort eine größere Zahl von Evangelischen, nämlich 30, wohnten.

Als erstes Gotteshaus diente die Hofkapelle des Wirts, der Fam.Lang. Doch das war nur eine Notlösung. So begann man 1822 mit der Planung einer Kirche. Die Genehmigung dauerte lang. Erst 1828 konnte mit dem Bau begonnen werden, der ein Jahr dauert.
Die Kirche sah zunächst wie ein normales Wohnhaus aus. 1837 wurde sie um eine Fensterachse verlängert und erst 1876 kam der charakteristische Dachreiter hinzu, der die Kirche als solche nach außen kenntlich macht.
Aus Kostengründen plante man das Gebäude ausschließlich nach praktischen Gesichtspunkten:
- im Erdgeschoss befanden sich der Schulraum und eine kleine Pfarrer- bzw. Lehrerwohnung mit 2 Kammern und einer kleinen
   Küche;
- im Obergeschoss darüber der schlichte Betsaal.

zur Bescheibung der Kirchenbänkezur Beschreibung des Altarszur Beschreibung der KanzelVortragekreuzzur Bescheibung der Taufschale

Der Betsaal ist ein 12,35 m langer, 7,65 m breiter und 3,45 m hoher, rechteckiger Raum ohne architektonische Gliederung. Überdeckt ist er mit einer zurückhaltend gemusterten Kassettendecke. Zehn große rundbogige Fenster lassen nicht nur viel Licht herein, sondern geben dem Betsaal auch sein Gepräge.

Blickpunkt ist ein Altar in der Formensprache des Neurokokos, hinter dem ein hohes Kruzifix emporragt. Auf dem Altar steht dekorativ ein Pult, auf dem eine geöffnete Bibel liegt. Sie weist auf die überragende Bedeutung des Wortes Gottes im evangelischen Gottesdienst hin: in Form des Evangeliums auf das geschriebene Wort, in Form der auf der rechten Seite stehenden Kanzel auf das gesprochene Wort.
Vor dem Altar ist der Ort der Taufe. Hier befindet sich auf einem Ständer das Taufbecken; in ihm ein silberner Krug, in den das Taufwasser eingefüllt wird.


Ausführliche Beschreibung
mit ikonographischen und kunsthistorischen Hinweisen

Kemmoden ist das älteste der Zentren der evangelisch luth. Gemeinde Kemmoden-Petershausen, einer landkreisübergreifenden Kirchengemeinde mit rd. 3600 Christen. Die Kirche liegt zwar schon im Landkreis Pfaffenhofen; das Gebiet dieser Pfarrei umfasst aber auch den gesamten Nordosten des Landkreises Dachau. Kemmoden hat deshalb große Bedeutung für die evangelische Kirche im Dachauer Land.

Einwanderung
Schon ab 1799 lockerte König Max I. unter dem Einfluss seiner lutherischen Gemahlin Karoline von Baden vorsichtig die strengen Religionsbeschränkungen. 1803 und 1818 wurden Religionsedikte erlassen, die evangelischen Bürgern die Ansiedlung und die Religionsausübung erlaubten. Und bald kamen auch Zuwanderer. Denn in Bayern waren die Bedingungen für Neusiedler relativ gut. Bayern hatte zu Beginn des 19.Jh. rd. 4 Mio Einwohner (heute 13 Mio). Es gab noch freie Siedlungsgebiete, auch wenn sie viel Arbeit forderten. Zudem gab es viele leer stehende Bauernhöfe, die einen neuen Besitzer suchten. Die Leerstände waren zum geringen Teil durch die Säkularisation (vom Kloster selbst bewirtschaftete Höfe), zum größeren Teil wohl durch die Koalitionskriege (1792 bis 1815) und durch die wetterbedingten Missernten (Ausbruch des Tambora 1815, Jahr ohne Sommer 1816) verursacht.

In der linksrheinischen Rheinpfalz war durch die jahrelange französische Besatzung ein Auswanderungsdruck entstanden. Die Einwohner hatten unter den Massenaushebungen für das französische Heer und unter den Kriegskosten zu leiden. Zudem trieb die Überbevölkerung die Bodenpreise in die Höhe. Deshalb war es für Bauern verlockend, den heimischen Hof teuer zu verkaufen und dafür woanders ein größeres Gut zu erwerben. Die Menschen wanderten nach Nordamerika, Russland, Österreich und eben nach Bayern aus.
04)
Die ersten vom späteren König gerufenen Siedler kamen um 1800 nach Bayern. Sie wurden in die Moorgegenden von Rosenheim und ins Donaumoos geschickt, um das Land urbar zu machen. Die Siedler in unserer Gegend kamen erst um 1819/20. Sie waren wohl auch nicht vom bayerischen König gerufen worden, sondern wanderten selbstständig ein, weil sie sich hier bessere Lebensbedin-gungen erhofften. Aus den behördlichen Unterlagen geht hervor, dass viele Auswanderer in der Pfalz auf gut Glück losfuhren und erst bei der Ankunft in Bayern sich nach verwaisten Höfen umsahen. 04) In Fränking, Senkenschlag, Kemmoden, Kleinschwabhausen und Lanzenried ließen sich rd. 120 Familien aus der Rheinpfalz und dem Elsass nieder. Es handelte sich meist um Lutheraner (Elsass), Reformierte und Mennoniten (Rheinpfalz); auch Katholiken (aus der bayerischen Pfalz) waren darunter
10).
Nach Kemmoden kamen vier Familien, die hier zwei Bauernhöfe erwarben und aufteilten.
01)
Im Pfarrbuch von Kemmoden aus dem Jahr 1836
steht dazu:
  "So geschah es denn auch, daß im Jahr 1820 sich eine Familie aus Rheinbauern, zwei reformierte oder eigentlich unirte und zwei katholische in dem Weiler Kemmoden je zwei durch gemeinschaftlichen Ankauf häuslich niederliessen, wodurch dann zwei Güter in vier geteilt wurden. Es mussten darum zwei neue Wohnungen erbaut werden. Im Herbste desselben Jahres liessen sich zwei andere Familien, eine evangelische aus Rheinbeiern und eine mennonitische aus Rheinhessen durch gemeinschaftlichen Ankauf eines großen Hofes, den sie in zwei Theile abtheilten, dahier häuslich nieder. Es musste nun wieder ein Haus mehr erbaut werden. Im Jahre 1831 kaufte sich noch eine evangelische Familie hier ein, so daß dermalen zwei unirte, zwei evangelisch lutherische und eine mennonitische Familie, dann zwei Rheinbairische katholische und drei altbaierische katholische Familien zu Kemmoden sich befinden. Dasselbe zählt ausser der Pfarr-Vicariats-Wohnung und dem Gartenhause 10 Häuser." 02)


Zentrum Kemmoden
Die erste evang. luther. Kirchengemeinde in unserer Gegend umfasste die Gebiete der Landgerichte Dachau, Pfaffenhofen, Schrobenhausen, Aichach, Freising und Moosburg 10). Die Gesamtzahl der Protestanten in diesem großen Gebiet betrug nur 280. Als Sitz der Kirchengemeinde wurde 1820 Kemmoden gewählt, weil es zentral lag und weil dort eine größere Zahl von Evangelischen, nämlich 30, wohnten (2017 waren es in Kemmoden nur noch 7 Kirchenmitglieder 10)).
Der idealere Mittelpunkt wäre Jetzendorf gewesen. Doch dort wohnte kein einziger Protestant. Und in dieses rein katholische Milieu wollte man keine evangelische Kirche setzen. Dies gebot auch die Fürsorgepflicht für den Lehrer/Mesner und den später einmal hinzukommenden Pfarrer. In der Pfarrchronik von 1836 heißt es dazu 02):
  .... so bestimmten sie Jetzendorf. Allein auch dieses lag bloß für die im K.Landgericht Dachau Wohnenden gelegen, zu dem war dort gar keine evangelische Familie (wie auf bis jetzt auch keine alldort ist) und der evangelische Geistliche oder Schullehrer wäre ganz abgeschlossen von seinen Glaubensgenossen gewesen und allein für sich unter Katholiken, was doch auch wenigstens nicht immer rathsam erscheint."
Vielleicht wäre die Entscheidung anders ausgefallen, wenn damals bekannt gewesen wäre, dass 1867 Jetzendorf eine Bahnstation an der Linie München-Ingolstadt wurde und damit viel besser zu erreichen gewesen wäre als Kemmoden.

Ab 1820 trafen sich die Gläubigen von Kemmoden in einer (inzwischen abgetragenen) Hofkapelle des Wirts zu ihren Sonntagsgottesdiensten. Zu Amtshandlungen mussten sie aber nach München fahren oder warten, bis der evangelische Pfarrer aus München ein- bis zweimal jährlich (!) vorbeikam, um alle inzwischen anstehenden Taufen, Konfirmationen und Trauungen abzuhalten. 04)


Kirchenbau

Eine Hofkapelle für eine Pfarrei mit so großem Einzugsgebiet und immerhin 280 Mitgliedern war nicht längere Zeit tragbar. So bemühten sich die Siedler schon 1822 um die behördliche Erlaubnis zum Kirchen- und Schulbau. Sie konnten auch einen Bauplatz mit 5 Tagwerk Garten, Acker und Wiesen 02) vorweisen, der von dem Gemeindemitglied (und Mennoniten) Dahlem zur Verfügung gestellt wurde. Der Wirt hatte noch ein Grundstück für den Friedhof dazu gegeben.

Doch es dauerte bis 1828, bis Pfarrer Beck aus München endlich den Grundstein legen konnte. Der Bau dauerte nur ein Jahr, obwohl es einige Probleme gab.
Der erste Plan sah ein kleineres, aber besser eingeteiltes Gebäude mit einem für die Landwirtschaft geeigneten Nebengebäude vor. Dann beschloss man aber während des Baus einen weiteren Bauplan, der ein größeres Gebäude vorsah, aber wegen der höheren Kosten letztendlich zu einem "in jeder Hinsicht unzweckmäßig eingerichteten und in jeder Beziehung erbärmlich schlechten Gebäu-des" führte. Die Mehrkosten des zweiten Bauplans sollten durch eine Materialspende des damaligen Besitzers des säkularisierten Klosters Scheyern, Claus Moritz Frhr. von Taube aus Sachsen, abgedeckt werden. Doch das gelieferte Material war so schlecht, dass man es nicht verwenden konnte; zudem mussten die Kemmodener außerordentlich hohe Transportkosten bezahlen. Taube kostete der Pfarrei viel Geld 10). Dazu kam, dass durch diese missliche Begebenheit der Bau erheblich verzögert wurde. So konnte das Gotteshaus erst ein Jahr später, 1829, fertiggestellt werden 02).

Der erste Gottesdienst wurde am 8.11.1829 gefeiert. 04)
 Allerdings in einem völlig leeren Kirchenraum: Pfarrer Friedrich Schmidt schreibt dazu: 02)
             "Allein noch war im Betsaale nichts weiter zu sehen als die vier Wände. Als Kanzel musste ein Fensterladen benutzt
              werden. Altar, Orgel, Sitze weder für den Prediger noch für die Zuhörer, waren noch nicht vorhanden".
Im gleichen Jahr wurde die evangelische Gemeinde offiziell gegründet. Dies geschah mit der Wahl des ersten Kirchenvorstandes, die am 24.12.1829 vom königl. protestantischen Dekanat München bestätigt wurde 04)
. Kemmoden erhielt einen "stabilen Vicar als Expositus der protestantischen Pfarrei München, der aber auch zugleich den Schulunterricht übernehmen mußte" 01).

Das Gebäude hat man aus Kostengründen nach ausschließlich praktischen Gesichtspunkten geplant:
- Im Erdgeschoss befanden sich der Schulraum und eine kleine Pfarrer- bzw. Lehrerwohnung mit 2 Kammern und einer kleinen Küche; - im Obergeschoss darüber der schlichte Betsaal. Solche Kirchen gibt es nur selten; in Bayern finden wir sie noch in Lanzenried
  und in Feldkirchen.


Bauplan Dachreiter

Das -übrigens nie als Kirche geweihte- Gotteshaus wurde 1837 um eine Fensterachse (von vier auf fünf) nach Westen hin verlängert. Der Altar steht in diesem Verlängerungsteil.

Zunächst glich das Gotteshaus einem großen Wohnhaus, das man als Kirche nur durch die rundbogigen Fenster identifizieren konnte. Die Gemeindemitglieder und die Kirchenverwaltung wollten aber eine Kirche haben, die auch für die "Andersgläubigen" als solche zu erkennen ist. Deshalb beschlossen sie, dem Gebäude einen Turm aufzusetzen. Der Wirt trug die Kosten.
1876 erstellten sie einen Plan dafür (siehe Bild links). Bei dem Turm handelt es sich um einen Dachreiter, der nicht bis zum Boden reicht, sondern auf den untersten Querbalken der Dachkonstruktion gründet. Er ragt rd. 13 Meter über den Dachfirst empor. Im unteren Teil ist er viereckig. Dort ist die Kirchturmuhr angebracht. Darüber ist er achteckig, mit einem Spitzdach versehen und oben mit einem Kreuz gekrönt. Der Wirt stiftete nicht nur den Dachreiter, sondern auch die beiden Glöckchen aus seiner Privatkapelle (die Lang von einem kath.Besitzer aus Habertshausen zurückkaufen musste). Die Glocken wurden vom Treppenhaus aus per Seil geläutet. Dies ist noch heute so.

Geschichte der Glocken 08)

1877
Zwei größere Glocken kamen 1877 dazu: Die Fa. Eduard Becker in Ingolstadt goss eine Glocke mit 201 kg und eine
mit 106 kg. Die Kosten betrugen 1.141,55 Mark.
1918
Die beiden 1877 gegossenen Glocken mussten zum Einschmelzen für Kriegszwecke abgeliefert werden.
1922
Anschaffung von zwei Glocken durch die Fa. W.Vielwerth in Ingolstadt, eine davon 290 kg schwer. Kosten: 14.968 Mark
Spende einer dritten Glocke durch Herrn Müller aus Bernhausen. Diese Glocke ist noch vorhanden.
1941
Ablieferung der kleineren Glocke bei der "Reichsstelle für Metalle" für Kriegszwecke am 17.12.
1942
Ablieferung der großen Glocke am 15.1. (Im Turm blieb nur die 1922 gestiftete Glocke)
1949
Zwei neue Glocken von der Fa. Czudnochowsky aus Erding; Einweihung an Ostern
2002
Überholung der Glockenanlage im Zuge der Elektrifizierung der Turmuhr
2021 Neue Fenster für rd. 25.000 Euro; einige Bogenfenster stammten noch aus der Erbauungszeit um 1829. 11)


Protestanten - Katholiken
Das Zusammenleben zwischen den eingesessenen Katholiken und den zugezogenen Protestanten gestaltete sich schwierig. In seinen Lebenserinnerungen schreibt der erste protestantische Prediger Ludwig Friedrich Schmidt über seine erste Zeit in Bayern:
  "In München waren Protestanten zur Zeit meiner Ankunft eine ganz neue Erscheinung. Die meisten Einwohner hatten in ihrem Leben keinen gesehen und glaubten, sie müßten anders aussehen, als andere Leute. Darum war die Furcht vor diesen gefährlichen Ketzern und ihr bigotter Intolerantismus wohl begreiflich". 02)



Innerevangelische Ökumene
Die Neusiedler gehörten nicht nur der lutherischen Kirche an; auch Reformierte und Mennoniten waren unter ihnen. Grundsätzlich arbeiteten sie gut zusammen und vermieden es, die Unterschiede besonders zu betonen. Dennoch mussten einige Differenzen geklärt werden. Zum Beispiel die Frage nach der "richtigen Gottesdienstform" und der richtigen Auslegung der Bibel. Ein besonderes Problem war die Bekenntniszugehörigkeit der Kinder bei Eheleuten verschiedener evangelischer Glaubensrichtungen (Ehen mit Katholischen wurden praktisch nie geschlossen, die Siedler heirateten nur untereinander).
Man einigte sich ab 1835 schließlich darauf, dass die Töchter dem Glauben der Mutter, die Söhne aber dem väterlichen Bekenntnis folgten. Beim Reichen des Abendmahls ging es streng abwechselnd zu; Lutheraner erhielten Hostien, Reformierte Brot. Es dauerte lange Zeit, bis sich in Kemmoden und Lanzenried der lutherische Ritus voll durchsetzte. Die Mennoniten haben seit 1841 ihr Zentrum mit einem eigenen Bethaus in Eichstock.
04)

Die Kirche steht inzwischen unter Denkmalschutz.

Friedhof
1828 stiftete die Wirtsfamilie Lang ein Grundstück für den Friedhof, der bei der Grundsteinlegung für die Kirche von Pfarrer Beck aus München eingeweiht wurde.
Im Münchner Raum gibt es nur zwei rein evangelische Friedhöfe: in Kemmoden und in Lanzenried.
In Allershausen, einem weiteren Siedlungsschwerpunkt der evangelischen Christen, wird der Friedhof schon seit 180 Jahren von beiden Konfessionen genutzt. Aber es gab dort früher eine katholische und eine protestantische Schaufel.
10)

Pfarrer
In den ersten Jahren nach der Ansiedlung hatte Kemmoden keinen eigenen Pfarrer. Allenfalls ein- bis zweimal im Jahr kam aus München ein Vikar, um die seit dem letzten Besuch geborenen Kinder zu taufen und das Abendmahl zu spenden. Die ersten hier ansässigen Vikare mussten
zugleich als Lehrer und Gemeindeschreiber tätig sein, um ihre Familie ernähren zu können (erst 1852 kam ein Hilfslehrer dazu). Hanke/Liebhart (siehe Quellen) beschreiben in diesem Zusammenhang die kuriose Situation, dass ein katholisches Brautpaar zunächst beim evangelischen Vikar in dessen Eigenschaft als Standesbeamter erscheinen musste um sich dann beim katholischen Amtsbruder kirchlich trauen zu lassen.
Eine Pfarrerliste finden Sie hier...


Gottesdienste
Nach den Annalen der protestantischen Kirche aus der Zeit um 1840 wurde in den ersten Jahrzehnten
   
"an jedem Sonntage ein Predigtgottesdienst gehalten, auf den dann die Christenlehre folgte, da die weite Entfernung vieler
     Kirchengenossen ihr nochmaliges Erscheinen in einer späteren Stunde nicht zuließ. Diese Einrichtung gewährt auch den Vortheil,
     daß die ganze Gemeinde bei der Katechisation anwesend bleibt, was zur Verbreitung und Befestigung besserer
     Religionskenntnisse wesentlich beitragen kann".
01)
Heute finden Gottesdienste
- alle zwei Wochen in Kemmoden und Lanzenried und
- jede Woche in Petershausen und Indersdorf statt.


Schule
In die Schule im Erdgeschoss der Kirche gingen ab 1828 zunächst Kinder aus weiter Entfernung. In den Schulakten von 1836 sind 37 Werktags- und 34 Feiertagsschüler aufgeführt. Da waren die Schulen in Tafern (1833) und in Lanzenried (1836) schon eröffnet. Die neuen Schulen ersparte den Kindern rechts der Ilm einen Schulweg von zweimal 1 1/2 Stunden. 04)

1880 baute man in Kemmoden neben die Kirche ein Schulhaus und nutzte den Raum im Erdgeschoss der Kirche anderweitig. Die Schule bestand bis 1937. Dann verboten die Nazis Bekenntnisschulen.



Innenausstattung

Mit der Möblierung tat sich die arme Gemeinde schwer: Erst ein halbes Jahr nach der Einweihung konnte der Kirchenraum mit Bänken und der Schulraum mit Tischen und Tafeln eingerichtet werden. Ein alter Fensterladen diente während der ersten Zeit als Kanzel. 1833 kam eine Orgel und erst 1888 der Taufstein hinzu.

zur Bescheibung der Taufschalezur Bescheibung der Orgelzur Bescheibung der Kirchenbänke

Der Betsaal ist ein 12,35 m langer, 7,65 m breiter und 3,45 m hoher, rechteckiger Raum ohne architektonische Gliederung. Überdeckt ist er mit einer zurückhaltend gemusterten Kassetten-decke.

Zehn große rundbogige Fenster lassen nicht nur viel Licht in den Raum, sondern geben dem Betsaal auch sein optisches Gepräge. Die ersten acht Jahre hatte der Raum nur acht Fenster, dann kam durch die Erweiterung des Gebäudes ein Fensterpaar hinzu. Der Anbau macht sich durch einen sich immer wieder bildenden Riss im Putz bemerkbar. 10)

Die Lampen sind an der Wand zwischen den Fenstern angebracht.



Orgel

Neben der Eingangstüre steht eine kleine Orgel im dekorativen Gehäuse, das farblich an die Einrichtung angepasst ist. Der Spieltisch ist seitlich vor dem Gehäuse platziert. Er enthält ein Manual und ein Pedal mit sechs Registern.
Disposition: Manual: Gedackt 8', Salicional 8', Principal 4', Oktav 2, Mixtur 2fach
                Pedal: Subbass 16', Pedalkoppel
Die Orgel wurde 1833 "von einigen sehr achtungswerthen Personen aus Nürnberg" gestiftet. 01)
Sie stand früher vorne, links vom Altar und erhielt ihren heutigen Platz ganz hinten erst später.

Spieltisch


Kirchenbänke

Die ins. 17 Kirchenbänke, die im Frühjahr 1830 in die Kirche kamen, sind in blau lackiert. Dadurch gewinnt auch der Raum an "Farbe". Die Wangen sind aus glatten Brettern ausgeschnitten. Ihr Relief erinnert an barocke Formen. Die Wangen sind 98 cm hoch; sie haben damit die alten protestantischen Maße. Denn nach einem Lehrbuch für Möbelschreiner aus dem Jahr 1892 beträgt/betrug die Höhe von Bänken für protestantische Kirchen knapp einen Meter, während sie in römisch-katholischen Kirchen bei nur 80 bis 90 cm liegt/lag.
Bis weit ins 20.Jahrhundert hinein gab es vor den heutigen Bänken zu beiden Seiten des Altars noch weitere Sitzgelegenheiten für den Kirchenvorstand. Sie waren vom Volk durch eine Verglasung mit Butzenscheiben getrennt.


Altar

Blickpunkt des Betsaales ist der Altar im Westteil des Raumes im Stil des Neurokoko, hinter dem ein hohes Kruzifix im gleichen Kunststil emporragt.
Auf dem Altar steht dekorativ ein Pult, auf dem -flankiert von zwei Kerzen auf gedrechselten Holzleuchtern- eine geöffnete Bibel liegt. Sie weist auf die überragende Bedeutung des Wortes Gottes im evangelischen Gottesdienst hin:
Das geschriebene Wort wird durch das Evangelien-buch, das gesprochene Wort durch die auf der rechten Seite stehenden Kanzel (Ambo) symboli-siert.
Diese Kanzel kam ein halbes Jahr nach der Einweihung in die Kirche. Vorher befand sich an ihrer Stelle ein alter Fensterladen.


Altar

An der Vorderfront des Altars ist ein Tuch mit dem eingestickten Bild einer Weinrebe angebracht. Es ist das Gegenstück zum Tuch an der Kanzel, das neben dem Christuszeichen "PX" Weizenähren zeigt.

Vor dem Altar ist der Ort der Taufe, des zweiten Sakraments. Hier befindet sich seit 1888 auf einem Ständer das achteckige Taufbecken; in ihm steht ein silberner Krug, in den das Taufwasser eingefüllt wird. In den Rand des Beckens sind die Worte: "Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihrer ist das Reich Gottes, Evang. Marc.10,14" sowie eine Halbfigur von Jesus und kleinen Kindern angebracht.


Bibel und Kerzen

Altarkruzifix        
 
                      Taufschale
            Kanzel / Ambo

Links neben dem Altar sind die Lied-Tafel und ein Vortragekreuz angebracht.


Internetseite
Die Evang.Luth. Gemeinde Kemmoden-Petershausen hat auch eine Internetseite. Sie ist unter folgender Adresse zu erreichen:
"www.e-kirche.de/kemmoden-petershausen"

Hans Schertl



Quellen
:
01) Karl Fuchs, Annalen der protestantischen Kirche im Königreich Baiern, um 1840
02) Friedrich Schmidt, Pfarrbuch oder allgemeine Beschreibung des gesamten Kirchenwesens in dem gemischten
         ständigen Pfarr-Vicariat Kemmoden, 1836
03) Gerhard Hanke / Wilhelm Liebhart, Der Landkreis Dachau, S. 122, 1992
04) Ulrich Schneider, 1100 Jahre Jetzendorf, Beitrag "Zur Geschichte der ev.luth. Gemeinde Kemmoden", 1993
05) Thiel/Mecking, Chronik der Gemeinde Petershausen, Band 2 Kunst und Kultur, 2000
06) Süddeutsche Zeitung 2001/Nr. 283
07) Susanne Pfisterer-Haas, Festvortrag zum 175. Jubiläum der Kirche von Lanzenried am 17. Mai 2015 (Schmidt)
08) "Die Glocken", Texttafel in der Kirche, 2017
09) "Die Pfarrer und Vicare von 1828 bis 2003 ", Texttafel in der Kirche, 2017
10) Friedrich Wiesender, Kirchenführung am 2.9.2017
11) Petra Schafflik, Renovierung dringend nötig, Dachauer Nachrichten vom 14.2.2021

13 Bilder: Hans Schertl

Kirchen und Kapellen im Dachauer Land - ein virtuelles Guckloch durch die verschlossene Kirchentür

18.2.2022


       Die Pfarrer von Kemmoden 09)

  Pfarrer + Vikare
ab

 

  Pfarrer + Vikare
ab
Georg Bauer (aus Nürnberg)
erste Predigt am 8.11.1829
1829
Vikar und Verweser Gg.Wilh.Heydner
1901
Gg.Heinrich Aures (aus Erlangen)
1832
Vikar Julius Cohen (aus Regensburg)
1922
Joh.Friedr.W.C.Schmidt (aus Creußen)
zunächst Verweser
1834
Gustav Kramer
1930
Heinrich Leibig (aus Sulzbach/Opf)
an Schwindsucht gestorben
1838
Friedr.Wilh. Walter
1932
Gg. Christian Seyferth (a.Wunsiedel)
1840
Hermann Schläfer
1951
Pfarrer Schick
1852
Pfarrer Herbert Windhövel (aus Schney)
1961
Vicar Schmidt
1857

Pfarrer Oberthür
(zugleich Pfr.von Oberallershs.)

1964
Pfarrer Riedelbeutel (aus Arzberg)
blieb nur 1 Monat, weil er im Febr.1863 Pfarrer in Kartendorf wurde
1863
Pfarrer Eberhard Mehl
1964
Pfarrer Josef Pöppel (aus Karlsfeld)
1863
Vikar Rainer Menzel
1975
F.O.Hoffmann (aus Gesell)
1869
Pfarrer Hans Auner (aus Oberstdorf)
1977
Pfarrer J.Richter
1874
Pfarrerin Beate Schörner
1985
Vikar Rudolf Kern (aus Uffenheim)
1881
Pfarrer Bernhard Götz
1989
Pfarrvikar Karl Düls
1882
Hans-Joach. und Susanne Scharrer
<2003>
Pfarrvikar Georg Werlin (aus Augsburg)
1884
   
Vikar Adolf Lindner (aus München)
1885
Pfarrerinnen Katharina Heunemann
und Simone Hegele
2014
Pfarrvikar Otto Leonhard Schroth
(aus Erlangen)
1889
Pfarrerin Elisabeth Schulz
und Pfarrer Robert Maier
2017
Pfarrvikar Michael Dannenbauer
(aus Beyerberg)
1895
   
Pfarrvikar Fritz Bauer (aus Neu-Ulm)
danach in die Mission
1899